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EditorialRespektlos!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

was ist los mit Deutschland und dem Rest der Welt? Nicht nur in der Politik ist der Ton rauher geworden. Nein, in der gesamten Gesellschaft ist in den letzten Jahren eine "Verrohung der Sitten" zu beobachten: Die Aggressivität nimmt zu, der Respekt im Umgang miteinander nimmt ab. Auch Ärzte und medizinisches Personal sind von verbalen und körperlichen Angriffen betroffen, nicht nur in Notaufnahmen, sondern auch in der eigenen Praxis. Es beginnt mit Respektlosigkeit im Kleinen: Manche Patienten meinen, sie hätten ein Recht auf eine "rundum sorglos Versorgung" und der Arzt müsste auch für nicht akute Belange Tag und Nacht zur Verfügung stehen. So mancher ruft nachts an, um ein Rezept für die Dauermedikation zu ordern.-

Eine Befragung unter 831 niedergelassenen praktischen Ärzten und Allgemeinmedizinern zeigt, dass 91 Prozent im Verlauf ihrer hausärztlichen Tätigkeit mit aggressivem Verhalten von Patienten konfrontiert waren, 73 Prozent in den letzten 12 Monaten [1]. Die Umfrage zeigt ferner, dass 23 Prozent der Befragten schon einmal in ihrem Berufsleben mit schwerer Gewalt bzw. Aggressivität zu tun hatten, 11 Prozent sogar in den letzten 12 Monaten [1].

Beleidigungen und Beschimpfungen wurden mit Abstand am häufigsten berichtet (73 Prozent "irgendwann einmal", 48 Prozent "innerhalb eines Jahres") [1]. Sachbeschädigung oder Diebstahl (54 und 34 Prozent) sowie Rufschädigung oder Verleumdung im Internet (48 und 31 Prozent) wurden ebenfalls häufig genannt. Sexuellen Belästigungen waren Ärztinnen häufiger ausgesetzt als ihre männlichen Kollegen (25 und 15 Prozent) [2].

Die Studie zeigt auch, dass sich die meisten Ärztinnen und Ärzte innerhalb ihrer Praxisräume noch relativ sicher fühlen. Beim Hausbesuch im Bereitschaftsdienst ist dies jedoch bei 66 Prozent der Ärztinnen und 34 Prozent der Ärzte nicht mehr der Fall [1].

Es ist richtig, dass die Bundesärztekammer den Gesetzgeber aufgefordert hat, dass Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal härter bestraft werden muss. Denn sie setzen sich für das Leben und die Gesundheit anderer ein, also muss auch ein besonderer Schutz für sie gelten. Aber reicht das allein aus?

Als Praxisinhaber/in können Sie auch selbst etwas tun. So kann es zum Beispiel helfen, für sich und das gesamte Team in ‚Deeskalations-Seminaren‘ den Umgang mit aggressiven Patienten zu lernen. Dies tun einer aktuellen Umfrage nach erst 18 Prozent [2]. Im Bereitschaftsdienst sollte die Sicherheit für die Ärzte erhöht werden. Manche KVen stellen im Fahrdienst den Ärzten zum Beispiel einen Fahrer zur Seite.

Letztlich müssen aber weitere Untersuchungen zeigen, warum Patienten in Arztpraxen zunehmend aggressiv reagieren, nur dann kann langfristig etwas geändert werden.

Denn eines ist klar: Gewalt ist und bleibt ein absolutes ‚No go‘!

Das meint Ihre

Dr. Monika von Berg, Chefredakteurin "Der Hausarzt"

Literatur:

  1. Vorderwühlbecke F et al: Aggression and violence against primary care physicians – a nationwide questionnaire survey. Dtsch Ärztebl Int 2015;112:159-65. DOI: 10.3238/arztebl.2015.0159
  2. Ärztenachrichtendienst (ÄND) vom 25.04.2017
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