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Corona-Impfung(Vorerst) Stopp für Astrazeneca-Vakzine

Rückschlag für die Impfkampagne in Deutschland: Nach den Behörden einiger anderer Staaten hält auch die Bundesregierung einen vorläufigen Stopp für den Impfstoff von Astrazeneca für geboten. Zwei Punkte dürften in der Beratung in der Praxis besonders wichtig sein.

Geknickte Impf-Hoffnung: Die Astrazeneca-Vakzine wird vorerst nicht mehr verwendet.

Berlin. Deutschland setzt die Impfungen mit dem Impfstoff von Astrazeneca vorerst aus. Vorausgegangen waren Meldungen von sonst sehr seltenen Blutgerinnseln im Gehirn im zeitlichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung mit dem Präparat, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montagnachmittag (15. März) in Berlin mit. Es handele sich um einen vorsorglichen Schritt, dem eine entsprechende Empfehlung des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vorangegangen sei, sagte ein Sprecher.

Die Verfügbarkeit der Astrazeneca-Vakzine hatte vor allem die Hoffnung auf einen schnellen Impfstart in den Praxen genährt. Erst am Freitag (12. März) hatte die Ständige Impfkommission (STIKO) die bis dato vorhandene Altersgrenze von 65 Jahren aufgehoben. 

Die jetzige Aussetzung geht nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf wenige Krankheitsfälle zurück. “Es ist sehr selten aufgetreten”, sagte Spahn in Berlin. “Bis jetzt gibt es sieben berichtete Fälle, die im Zusammenhang mit einer solchen Hirnvenenthrombose stehen bei mittlerweile über 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland. Es geht um ein sehr geringeres Risiko – aber falls es tatsächlich im Zusammenhang mit der Impfung stehen sollte, um ein überdurchschnittliches Risiko.”

Dem PEI zufolge handelt es sich um eine spezielle Form von sehr seltenen Thrombosen in Hirnvenen (Sinusvenenthrombosen) in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen. Drei von den sieben Betroffenen seien gestorben. Über das Vorliegen von Risikofaktoren wurde noch nichts bekannt.

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA wird entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken. Spahn setzt darauf, dass die EMA “idealerweise noch im Laufe dieser Woche zu ihrer Entscheidung” kommt.

Das für Mittwochabend (17.3.) geplante Treffen zwischen Bundeskanzlerin und Länderchefs wird verschoben, bis das Prüfungsergebnis der EMA vorliegt. Die EMA teilte am Montagabend mit, sie wolle am Donnerstag (18.3.) über weitere Schritte entscheiden.

Falls der Impfstoff weiter zugelassen wird, sollten auch die Impfungen wieder anlaufen. Die EMA erklärte zuletzt, dass es keine auffällige Häufung von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gebe. Der Nutzen der Verabreichung des Astrazeneca-Mittels sei größer als die Risiken.

Beratung in der Praxis

Bereits zum Start der Zulassung des Astrazeneca-Impfstoffs beobachteten zahlreiche Hausärztinnen und Hausärzte, dass in ihren Praxen Unsicherheiten zum Thema aufliefen.

Mit Blick auf die Arzt-Patienten-Kommunikation sind für Hausärztinnen und Hausärzte nun zwei Punkte wichtig:

  1. Laut dem zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sollen sich Patienten in ärztliche Behandlung begeben, wenn sie sich mehr als vier Tage nach der Impfung unwohl fühlen sollte, etwa mit starken oder anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen. Das hat Spahn unterstrichen.
  2. Wer bereits mit Astrazeneca geimpft wurde und dies mehr als 16 Tage zurückliegt, hat laut dem PEI nichts mehr zu befürchten.
  3. Die Aussetzung betrifft auch alle Folgeimpfungen. Bis auf “wenige hundert Ausnahmen” waren mit Astrazeneca bislang nur Erstimpfungen durchgeführt worden.

Nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt bei einem Verdacht auf Sinusvenenthrombose ein CT oder MRT samt venöser Angiographie.

Da die genauen Umstände der Sinusvenenthrombosen bei den Astrazeneca-Geimpften aber derzeit unklar sind, erscheint es ratsam, dass die Behandlung in den Einzelfällen durch Neurologen oder eine neurologische Klinik stattfindet.

Auch andere Länder drücken “Pause-Taste”

Zuvor hatten auch die Niederlande Impfungen mit dem Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca für zwei Wochen ausgesetzt. Dies geschehe auf der Grundlage “neuer Informationen”, hatte Gesundheitsminister Hugo de Jonge am späten Sonntagabend (14. März) mitgeteilt. Dabei bezog er sich auf sechs Fälle möglicher Nebenwirkungen in Dänemark und Norwegen an diesem Wochenende.

Ausgesetzt worden waren die Impfungen mit dem Vakzin vorübergehend auch in Italien. Dort war eine geimpfte Lehrkraft gestorben. Man handle aus “extremer Vorsicht”, bis man herausfinde, ob die Impfung mit dem Tod in Verbindung stehe, sagte der Gesundheitsbeauftragte der Region, Luigi Genesio Icardi, laut einer Mitteilung vom Sonntag. Am Abend waren die Impfungen wieder aufgenommen worden. Generell hält die italienische Regierung an der Impfung mit Astrazeneca fest.

Auch Großbritannien nutzt den Astrazeneca-Impfstoff weiter. “Wir prüfen die Berichte genau, aber angesichts der großen Anzahl verabreichter Dosen und der Häufigkeit, mit der Blutgerinnsel auf natürliche Weise auftreten können, deuten die verfügbaren Beweise nicht darauf hin, dass der Impfstoff die Ursache ist”, sagte Phil Bryan von der britischen Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (MHRA) einer Mitteilung zufolge.

Hersteller weist Sorgen zurück

Astrazeneca hatte nach einer Analyse von Impfdaten erneut Sorgen über die Sicherheit seines Corona-Impfstoffes zurückgewiesen. Eine sorgfältige Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Großbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko für Lungenembolien, tiefe Venenthrombosen und Thrombozytopenie geliefert, teilte der Konzern am Sonntag in London mit.

Damit bezieht sich das Unternehmen nun auf noch mehr Datensätze. Am Freitag hatte Astrazeneca sich bereits ebenso geäußert und dabei auf 10 Millionen Datensätze verwiesen.

BÄK-Präsident fordert “völlige Transparenz” ein

Es sei wichtig, jetzt “schnell und umfassend die Datenlage zu analysieren”, appellierte Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), unmittelbar nach Bekanntwerden des Aussetzens der Impfungen. “Es muss geklärt werden, ob die aufgetretenen Fälle statistisch relevant sind und es sich um kausal durch die Impfung ausgelöste Ereignisse oder um eine zufällige Koinzidenz handelt.”

Entscheidend sei die “völlige Transparenz” bei jedem Prozessschritt und die unmittelbare Information dazu, ansonsten gehe Vertrauen verloren.

Mit Material von dpa

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