Berlin. Der Anspruch von Patienten auf eine qualifizierte ärztliche Zweitmeinung gilt künftig auch bei dem geplanten Einsetzen einer Knie-Endoprothese: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den neuen Eingriff am Donnerstag (15.10.) in das Zweitmeinungsverfahren aufgenommen.
Der Beschluss wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er tritt nach Nichtbeanstandung durch das BMG und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Anspruch auch bei Revisions-Op
Dem G-BA zufolge greift das neue Zweitmeinungsverfahren, wenn Patienten die Implantation einer Total- oder Teilendoprothese des Kniegelenks empfohlen wird. Der Anspruch bestehe auch, wenn es sich um eine Revisionsoperation, also einen Folge-, Wechsel- oder Korrektureingriff an der Knie-Endoprothese, handelt.
Im Zweitmeinungsverfahren prüfen unabhängige Fachärzte, ob die empfohlene Operation medizinisch notwendig ist, und beraten die Versicherten zu möglichen Behandlungsalternativen. Ziel des Angebots sei es, Patienten bei der Entscheidung für oder gegen eine solche Operation zu unterstützen und medizinisch nicht gebotene Eingriffe am Kniegelenk zu vermeiden.
Welche Fachärzte können Zweitmeinung abgeben?
Laut G-BA können nach Inkrafttreten des Beschlusses Fachärzte folgender Fachrichtungen beantragen, Zweitmeinungsleistungen zu einer geplanten Knie-Endoprothese abzurechnen: Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädie, Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie, Physikalische und Rehabilitative Medizin.
Jene Fachärzte, die aufgrund ihrer Qualifikation und Unabhängigkeit eine Genehmigung als Zweitmeinungsgeber erhalten, werden auf der Website des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter www.116117.de/zweitmeinung zu finden sein.
IQWiG erstellt Gesundheitsinformationen
Der G-BA beauftragte zudem das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), wissenschaftlich fundierte und unabhängige Gesundheitsinformationen zu Knie-Endoprothesen zu erstellen: Das IQWiG werde hierzu eine eingriffsspezifische Entscheidungshilfe auf seiner Website veröffentlichen.
Zahl der Eingriffe steigt
Knieprothesen-Implantationen erwägen Ärzte in der Regel bei einer fortgeschrittenen degenerativen Erkrankung des Kniegelenks, vor allem bei einer Arthrose. Die Zahl dieser Eingriffe steigt dem G-BA zufolge in Deutschland in den letzten Jahren fast kontinuierlich an, aktuell seien es bundesweit rund 190.000 Implantationen pro Jahr. Hierbei würden Analysen deutliche regionale Unterschiede bei Erstimplantationen zeigen.
Zu den konservativen und weniger invasiven alternativen Behandlungsmöglichkeiten von Schmerzen und Funktionseinschränkungen im Kniegelenk gehören vor allem Physiotherapie sowie eine medikamentöse Therapie.
Rechtsanspruch auf ärztliche Zweitmeinung
Gesetzlich krankenversicherte Patienten haben einen Rechtsanspruch, eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Der G-BA ist gesetzlich beauftragt zu konkretisieren, für welche planbaren Eingriffe dieser Anspruch besteht.
Bislang besteht ein vom G-BA geregelter Zweitmeinungsanspruch bei Operationen an den Gaumen- und/oder Rachenmandeln (Tonsillektomien, Tonsillotomien), bei Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien) und arthroskopischen Eingriffen am Schultergelenk. Der Beschluss des G-BA zum Zweitmeinungsverfahren bei Amputationen beim Diabetischen Fußsyndrom ist noch nicht in Kraft getreten.
Quelle: Pressemitteilung des G-BA vom 15.10.2020