Längere und häufigere Hitzeperioden, eine erhöhte Ozon-Belastung und nicht zuletzt auftretende Waldbrände: Für Patienten mit Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) bedeuten die Folgen des Klimawandels gehäufte Komplikationen – die nicht zuletzt in die Hausarztpraxis oder zu einer notärztlichen Behandlung führen. „Die Gefahr besteht darin, dass es bei Hitzewellen häufig zu einer kombinierten Hitze- und Ozonbelastung der Atemwege und des Organismus kommt“, erklärt Dr. Ralph Krolewski, der sich für den Hausärzteverband Nordrhein für den Umweltschutz engagiert.
Wenn COPD-Patienten etwa bereits eine versteckte Rechtsherzbelastung hätten und ihr Herzzeitvolumen von normal rund fünf Liter pro Minute verdreifachen müssen, um Hautdurchblutung und Schwitzen als Kühlmechanismus zu aktivieren, dann könne es schnell zu einer Dekompensation kommen.
Sterberisiko bis zu 43 Prozent höher
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) erhöhen Hitzewellen das zusätzliche tägliche Sterberisiko bei Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen um bis zu 14 Prozent, bei längeren Hitzewellen sogar bis zu 43 Prozent. Denn neben dem von Krolewski beschriebenen Anstieg der Ozonwerte – das Reizgas ruft entzündliche Prozesse im Lungengewebe hervor – finden sich in der wärmeren und trockeneren Luft auch mehr Schadstoffe, etwa der viel diskutierte Feinstaub.
„Die Lunge als Portalorgan ist davon besonders betroffen“, sagt Pneumologe Prof. Christian Witt von der Berliner Charité. So komme es an Hitzetagen zu einem Anstieg der Exazerbationen bei COPD-Patienten, berichtet er. Lungenerkrankungen seien im Sommer mittlerweile die wichtigste Ursache für Notaufnahmen ins Krankenhaus. „Beobachtungen von COPD-Patienten während der Sommermonate zeigen, dass sehr heiße Tage von 25 Grad Celsius oder mehr das Wohlbefinden und die Belastbarkeit von Lungenpatienten deutlich verringern.“
Tipp: Begleitmedikation prüfen
Eine generelle Medikationsanpassung für COPD- und Asthmapatienten während der Sommermonate hält Hausarzt Krolewski dabei nicht für angezeigt. Aber: „Bedeutsam sind bei COPD-Patienten bestehende Begleiterkrankungen – etwa Bluthochdruck oder eine koronare Herzerkrankung – mit entsprechender Medikation, die Risiken bedeuten kann.“ Dazu zählten etwa Antihypertensiva, Betablocker oder Diuretika. Diese sollten entsprechend überprüft werden. Darüber hinaus gelten für Lungenpatienten ähnliche Tipps wie für andere Risikogruppen („Der Hausarzt“ 12/19): „Hitzeexposition und körperliche Anstrengungen meiden, sich in kühlen Räumen aufhalten“, bringt es Krolewski auf den Punkt. Als Notfallmedikation könnte nach Rücksprache Kortison mit Einnahmeverordnung für den Notfall bereitgehalten werden.
Grundsätzlich gilt: Gerade in der Aufklärung und Beratung von Risikopatienten – im Allgemeinen sind das Ältere oder chronisch kranke Patienten, im Speziellen Erkrankungsgruppen wie Asthma- und COPD-Patienten – spielen Hausärzte eine Schlüsselrolle. „Ärzte, insbesondere Hausärzte, sollten ihre Patienten und deren Angehörige aufklären“, rät Dr. Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbands Nordrhein, der das Thema auch in Qualitätszirkeln oder Fortbildungen für Medizinische Fachangestellte (MFA) platziert.
„Der Hausarzt“ hat dazu zwei Patienteninformationen erstellt (s. Kasten). Ebenfalls hilfreich: Hitzefrühwarnsysteme oder der aktuell über eine Stiftung finanzierte Polleninformationsdienst (PID), der die Pollenbelastung in Echtzeit anzeigt.
Belastung wird zunehmen
Diese Aufklärung gewinnt vor allem bei einem Blick in die Zukunft an Bedeutung: Vorliegende Klimamodelle schätzen, dass ab 2050 jeder zweite Sommer in Hitzewellen verlaufen könnte. „Vor allem in den Großstädten, wo die Hitze sich besonders stark staut, kann dies weitreichende Folgen für Lungenpatienten haben“, warnt Pneumologe Prof. Martin Kohlhäufl für die DGP. Hinzu kommt die Belastung durch hochallergene Pollen, etwa der sich ausbreitenden Ambrosia-Pflanze, gibt Krolewski zu bedenken.
Und: Auch häufiger auftretende Waldbrände sind nicht zu unterschätzen. „Das sind für die Lunge schon echte Katastrophensituationen“, kommentierte der Ulmer Pneomologe Prof. Michael Barczok den jüngsten Brand in Mecklenburg-Vorpommern im Juli. Sein Rat: von Feinstaub fernhalten, also in der Wohnung bleiben, an der freien Luft Anstrengung und damit schnellere, tiefere Atemzüge vermeiden. „Übrigens wäre der Aufenthalt an Seen oder Flüssen förderlich, weil wir wissen, dass Feinstaubbelastungen durch Wasser und Vegetation auch reduziert werden.“