Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unternimmt einen neuen Anlauf, Entscheidungen über die Einstufung neuer Behandlungsmethoden als Kassenleistung zu beschleunigen. Der zuständige Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) soll dafür vorgesehene Bewertungen künftig in zwei Jahren abschließen müssen – andernfalls soll das Ministerium selbst darüber entscheiden können. Das geht aus einem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf für das geplante Implantateregister hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Beim Koalitionspartner SPD und im Gesundheitswesen löste der erneute Vorstoß scharfen Protest aus. Der G-BA warnte in einer Stellungnahme vor einem “Schritt zurück ins medizinische Mittelalter”. Per Ministerverordnung könnten Methoden mit völlig ungeklärtem Nutzen und Schaden in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) gelangen. Der Vorsitzende des Gremiums, Josef Hecken, sprach am Freitag (22.2.) von einem Einfallstor für eine Gesundheitsversorgung nach Beliebigkeit und nach Lautstärke der Artikulation von Lobbyinteressen. Die Pläne verstießen außerdem gegen das Prinzip, dass Kassenleistungen wirtschaftlich sein müssten.
Konkret geht es um eine Verkürzung der bisherigen Frist, dass die Bewertung neuer Methoden “in der Regel innerhalb von spätestens drei Jahren” abzuschließen ist. Demnach soll nach zwei Jahren künftig das Ministerium selbst am Zug sein und entscheiden können. Dies soll auch dann gelten, wenn der G-BA einen Nutzen nicht hinreichend belegt sieht – dies “nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin” aber vertretbar wäre oder sonst “keine ausreichende Versorgung” bestehe. Dies könne Methoden betreffen, die medizinische Fachgesellschaften und Patientenorganisationen als unbedingt erforderlich einschätzen.
Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) kritisierten den Vorstoß. Die Vorstandschefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, sagte, auch in Zukunft komme es bei neuen Leistungen auf geprüfte Qualität, nachgewiesenen Nutzen und echten Fortschritt für die Patienten an. „Dafür brauchen wir zuverlässige und transparente Verfahren und keine Entscheidungen, die auf Anweisung eines Ministers mal so und mal so getroffen werden können.“
Spahn hatte im Januar bereits einen Anlauf gemacht, den Weg für eine Kostenübernahme beim Absaugen von Körperfett bei besonders schwer erkrankten Frauen per Rechtsverordnung des Ministeriums freizumachen – und nicht wie üblich per Freigabe durch den G-BA. Dies hatte in der großen Koalition und der Branche massive Proteste ausgelöst. Der Vorstoß für diese Krankheiten wurde daraufhin zurückgestellt.
Quelle: dpa