Dass die Vergütung der Hausbesuche in den jüngst von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband abgeschlossenen Honorarverhandlungen bislang ausgeklammert geblieben ist, stößt bei Ulrich Weigeldt auf deutliche Kritik. „Worauf sich KBV und GKV-Spitzenverband geeinigt haben, ist im besten Fall ein Inflationsausgleich“, meint der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands. „Das als einen Erfolg der Selbstverwaltung zu verkaufen, ist ein starkes Stück.“ Beim für Hausärzte drängendsten Problem, der Vergütung der Hausbesuche, sei „bisher überhaupt gar nichts passiert“, kritisiert Weigeldt.
Im Erweiterten Bewertungsausschuss hatten sich Kassen und KBV am Dienstagabend (21. August) darauf geeinigt, dass der Orientierungswert zum 1. Januar 2019 um 1,58 Prozent – auf dann 10,8226 Cent (aktuell 10,6543 Cent) – steigen soll. Dies bedeutet ein Honorarplus von 550 Millionen Euro für 2019. Weitere 70 Millionen sind nach den Gesprächen zum Thema morbiditätsbedingte Veränderungsrate vereinbart worden. Die genauen Berechnungen zu den regionalen diagnose- und demografiebezogenen Veränderungsraten laufen laut KBV noch und sollen Mitte September beschlossen werden.
Aber: In der erzielten Honorareinigung ist eine Anpassung der Hausbesuchsvergütung nicht zu finden – diese sollte noch gesondert verhandelt werden, betonte KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl.
„Ein paar Euro mehr werden nicht ausreichen!“
Die KBV hatte eine Steigerung der Vergütung um 45 Prozent in Form extrabudgetärer Zuschläge zu allen Gebührenordnungspositionen, mit denen ärztliche Besuche berechnet werden, gefordert. Für einen Besuch nach der GOP 01410 beispielsweise hätten Ärzte ab Januar 33,71 Euro statt 22,59 Euro erhalten. Sie hatte sich damit dem Deutschen Hausärzteverband angeschlossen, der bereits zum Start der Gespräche „massive Investitionen“ in diesem Bereich gefordert hatte. Der GKV-Spitzenverband lehnte einen entsprechenden Beschlussantrag in den Verhandlungen laut KBV jedoch ab und schlug stattdessen vor, prüfen zu wollen, ob im Rahmen der EBM-Weiterentwicklung über eine höhere Vergütung von Hausbesuchen verhandelt werden könne.
„Es ist nicht länger akzeptabel, dass die Kolleginnen und Kollegen für 22 Euro Hausbesuche fahren müssen“, betont Weigeldt daher nach der Einigung im Bewertungsausschuss. Hier brauche es „eine substanzielle Erhöhung, die dem Aufwand gerecht wird“: „Ein paar Euro mehr werden nicht ausreichen!“
Der Deutsche Hausärzteverband fordert die KBV auf, das Thema „in den weiteren Verhandlungen ganz oben auf die Agenda zu setzen und den Kassen deutlich zu machen, dass die momentane Situation untragbar ist“. Der GKV-Spitzenverband, so Weigeldt, müsse endlich seine Blockadehaltung aufgeben.
Kassenreserven knacken Rekordmarke
Jüngsten Medienberichten zufolge haben die Reserven der gesetzlichen Krankenkassen aktuell erstmals die Marke von 20 Milliarden Euro überschritten. Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (22. August) beliefen sie sich zur Jahresmitte auf 20,2 Milliarden Euro – rund 300 Millionen Euro mehr als die für das erste Quartal vom Gesundheitsministerium berichteten 19,9 Milliarden Euro. „Warum die Kassen Milliarden über Milliarden horten dürfen, gleichzeitig aber angeblich kein Geld für die Versorgung immobiler Patienten in den eigenen vier Wänden übrig sein soll, ist eigentlich niemandem mehr zu erklären“, meint Hausärzte-Chef Weigeldt.
Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands, stellte unterdessen weitere Honorarerhöhungen für Ärzte in Aussicht. Durch den erwarteten Mengenanstieg bei den Einzelleistungen rechne sein Verband über das nun veröffentlichte Verhandlungsergebnis hinaus noch einmal mit rund 400 Millionen Euro Honoraranstieg. „Darüber hinaus werden die Arzthonorare im kommenden Jahr vermutlich noch stärker steigen, denn die Politik hat im Rahmen der laufenden Gesetzgebung weitere Honorarerhöhungen angekündigt.“
Auch andere Ärzteverbände hatten die Honorareinigung in ersten Stellungnahmen teils scharf kritisiert.