Weltweit sind ca. 64 bis 103 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitic-C-Virus (HCV) infiziert [1]. Bedeutsame Folgeerkrankungen sind Leberzirrhose und das hepatozelluläre Karzinom [2]. Die Progression zur Leberzirrhose ist bei den Patienten sehr variabel und von Kofaktoren wie Alkohol, Koinfektionen, Diabetes mellitus, der Menopause bei Frauen und auch dem HCV-Genotyp abhängig. Die chronische Hepatitis hat allerdings keine spezifischen Symptome, so dass die Diagnose häufig zufällig erfolgt. Leberspezifische Symptome wie Ikterus, Aszites oder Varizenblutung treten erst auf, wenn die Leber narbig umgebaut ist. Darüber hinaus haben 20 Prozent der HCV-Patienten oder sogar mehr normale Leberwerte [3]. Daher sind viele Patienten bislang nicht identifiziert.
Diagnose
Bei Verdacht auf eine chronische Hepatitis C erfolgt ein Test auf Anti-HCV-Antikörper. Bei allen Patienten mit erhöhten Leberwerten (ALT/AST) sollte ein Test durchgeführt werden. Da viele Patienten mit chronischer Hepatitis C normale Leberwerte haben, sollte auch bei Risikopatienten an eine Diagnostik gedacht werden [4].
Risikofaktoren für eine chronische Hepatitis C sind vor allem intravenöser Drogengebrauch und der Erhalt von Blutprodukten vor 1992. Bei HIV-positiven Patienten werden vermehrt akute HCV-Infektionen berichtet. Hierbei handelt es sich vor allem um Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) [5]. Insbesondere sollte man aufmerksam werden, wenn Patienten mit diesen Risikofaktoren über starke Müdigkeit klagen, die eine extrahepatische Manifestation der HCV-Infektion sein kann.
Die HCV-Infektion ist mit vielen weiteren extrahepatischen Manifestationen assoziiert. Die gemischte Kryoglobulinämie, die sich als leukozytoklastische Vaskulitis oder membranoproliferative Glomerulopnehritis manifestieren kann, ist sehr häufig mit einer HCV-Infektion assoziiert, so dass auch bei diesen Patienten ein Anti-HCV-Test durchgeführt werden sollte [6]. Andere mögliche extrahepatische Manifestationen sind B-Zell-Lymphom, Diabetes mellitus, Lichen ruber und das Sjögren-Syndrom.
Therapie
Mit der Entwicklung zahlreicher neuer direkt antiviraler Medikamente (DAA) ist eine neue Epoche in der Therapie der chronischen Hepatitis C angebrochen. Im Jahr 2015 wurden zumindest in Deutschland die Interferon-haltigen Therapiekonzepte abgelöst [7, 8]. Mit Interferon alfa und pegyliertem Interferon alfa konnten viele Patienten aufgrund von Nebenwirkungen nicht behandelt werden oder sie haben frühzeitig die Therapie abgebrochen [9, 10].
Im Gegensatz zur HBV-Infektion ist die HCV-Infektion nun heilbar, d. h. das HCV wird eliminiert, was als dauerhaftes virologisches Ansprechen (sustained virological response, SVR) bezeichnet wird. Durch orale Kombinationstherapien verschiedener DAA, die zwei oder drei verschiedene HCV-Enzyme inhibieren (Tab. 1), sind jetzt Heilungsraten von 90 bis 100 Prozent ohne Interferon möglich [11] (Tab. 2). Für einige spezielle Patientengruppen, z. B. Patienten mit HCV-Genotyp 3 und Zirrhose, liegen die Heilungsraten noch unter 90 Prozent, aber auch hier werden weitere Fortschritte erwartet.
Ribavirin kann aktuell für bestimmte Situationen noch als sinnvoller Kombinationspartner zum Einsatz kommen [11]. Für die Auswahl von Ribavirin spielt z. B. der Subgenotyp 1a oder 1b eine Rolle und das Stadium der Lebererkrankung [8].
Welche Bedeutung die Entwicklung von Resistenzen haben wird, ist noch nicht ganz klar. Vermutlich werden aber NS5A-Resistenzen relevant sein, insbesondere weil sie im Gegensatz zu NS3-Resistenzen nicht wieder verschwinden [12].
Die Therapie dauert im Gegensatz zur oralen HBV-Therapie nicht lebenslang an, sondern liegt aktuell bei 8 bis maximal 24 Wochen [11]. Aufgrund der kurzen Therapie dauer erscheinen die Kosten für die Therapie sehr hoch und sind daher momentan Auslöser einer intensiven Diskussion. Wir müssen aber berücksichtigen, dass nun eine chronische Erkrankung durch eine orale Therapie ohne erhebliche Nebenwirkungen geheilt werden kann. Ausschließlich Interaktionen mit anderen Medikamenten (z. B. Amiodaron, siehe Rote-Hand-Brief) können für relevante Probleme sorgen [11].
Die Heilung der Hepatitis C ist mit einer Reduktion des Auftretens von Leberkrebs und einer Verbesserung der leberbezogenen Mortalität, aber auch der Gesamtmortalität assoziiert [13]. Doch Patienten mit bereits bestehender Leberzirrhose haben auch nach der Heilung der Hepatitis C weiterhin ein Risiko für die Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms und müssen weiterhin sorgfältig überwacht werden (Sonografie alle 6 Monate) [12]. Um eine Leberzirrhose und Leberkarzinome zu verhindern, müssen HCV-Patienten daher frühzeitig identifiziert werden.
Modellberechnungen zeigen, dass der Gipfel der Folgekomplikationen der chronischen Hepatitis C erst noch zu erwarten ist. Nur wenn die Behandlungsrate deutlich gesteigert werden kann, ist es möglich, diese Entwicklung umzudrehen [14]. Bei einer Erhöhung der Behandlungsrate um beispielsweise 75 Prozent ist bis 2030 eine weitgehende oder vielleicht sogar vollständige Eradikation der Hepatitis C in Deutschland theoretisch möglich [14]. Um das zu erreichen, sollten Screeningprogramme insbesondere für Risikogruppen etabliert werden. Denn auch bei der Hepatitis C ist die frühe Diagnose eine wichtige Präventionsmaßnahme. Eine Impfung gegen Hepatitis C gibt es nicht und ist vermutlich auch nicht mehr zu erwarten.
Botschaft für die Praxis: Die Hepatitis C ist fast immer heilbar, es lohnt sich danach zu suchen.
Fazit
- Ein Anti-HCV-Test sollte bei allen Patienten mit erhöhten Leberwerten (ALT und AST), bei Risikogruppen wie Drogenanwendern, Personen, die vor 1992 Blutprodukte bekamen, Personen aus Hochprävalenzgebieten (Ägypten), HIV-Patienten, erfolgen.
- An den HCV-Direktnachweis mittels HCV-RNA-PCR ist zu denken vor allem bei akuter HCV-Infektion, Dialyse und immunsupprimierten Patienten.
- Für HCV-Patienten gibt es hocheffektive interferonfreie Therapiekonzepte, die zur Heilung der HCV-Infektion in über 90 Prozent der Fälle führen.
- Patienten mit Leberzirrhose müssen auch nach der Heilung der HCV-Infektion weiterhin auf die Entwicklung eines Leberkarzinoms überwacht werden.
Cave: Der Anti-HCV-Test kann bei Dialysepatienten, stark immunsupprimierten Patienten oder im Rahmen einer akuten HCV-Infektion falsch negativ sein, da die Antikörper erst zwei bis drei Monate nach der Infektion nachweisbar sind. In diesen Fällen, sollte der Direktnachweis der HCV-RNA erfolgen [4].
Interessenkonflikte: Der Autor hat Honorare für Vorträge und Beratung von Abbvie, Bristol-Myers Squibb, Gilead, Janssen-Cilag und MSD erhalten
Literatur
- 1 Gower E, Estes C, Blach S, Razavi-Shearer K, Razavi H. Global epidemiology and genotype distribution of the hepatitis C virus infection. J Hepatol 2014;
- 2 Global, regional, and national age-sex specific all-cause and cause-specific mortality for 240 causes of death, 1990-2013: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2013. Lancet 2015; 385:117-171.
- 3 Maasoumy B, Wedemeyer H. Natural history of acute and chronic hepatitis C. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2012; 26:401-412.
- 4 Sarrazin C, Berg T, Ross RS et al. [Prophylaxis, diagnosis and therapy of hepatitis C virus (HCV) infection: the German guidelines on the management of HCV infection]. Z Gastroenterol 2010; 48:289-351.
- 5 Ingiliz P, Krznaric I, Stellbrink HJ et al. Multiple hepatitis C virus (HCV) reinfections in HIV-positive men who have sex with men: no influence of HCV genotype switch or interleukin-28B genotype on spontaneous clearance. HIV Med 2014; 15:355-361.
- 6 Pischke S, Cornberg M, Manns MP. [Hepatitis associated cryoglobulinemia]. Internist (Berl) 2008; 49:297-304.
- 7 Cornberg M, Nitschmann S. [Step-by-step toward the perfect hepatitis C treatment for all genotypes]. Internist (Berl) 2015;
- 8 Sarrazin C, Berg T, Buggisch P et al. [S3 guideline hepatitis C addendum]. Z Gastroenterol 2015; 53:320-334.
- 9 Manns MP, Wedemeyer H, Cornberg M. Treating viral hepatitis C: efficacy, side effects, and complications. Gut 2006; 55:1350-1359.
- 10 Maasoumy B, Port K, Markova AA et al. Eligibility and safety of triple therapy for hepatitis C: lessons learned from the first experience in a real world setting. PLoS One 2013; 8:e55285.
- 11 EASL Recommendations on Treatment of Hepatitis C 2015. J Hepatol 2015; 63:199-236.
- 12 Sarrazin C. The importance of resistance to direct antiviral drugs in HCV infection in clinical practice. J Hepatol 2015;
- 13 van der Meer AJ, Veldt BJ, Feld JJ et al. Association between sustained virological response and all-cause mortality among patients with chronic hepatitis C and advanced hepatic fibrosis. JAMA 2012; 308:2584-2593.
- 14 Wedemeyer H, Duberg AS, Buti M et al. Strategies to manage hepatitis C virus (HCV) disease burden. J Viral Hepat 2014; 21 Suppl 1:60-89.