Das Phänomen der Weizen- und Glutensensitivität wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger beobachtet. Das Krankheitsbild wird genau genommen als Nichtzöliakie-Nichtweizenallergie-Weizensensitivität bezeichnet, dahinter steckt eine Unverträglichkeit gegenüber Proteinen aus dem Weizen, ohne dass eine Zöliakie oder eine Weizenallergie vorliegt. Dieses unscharf definierte Krankheitsbild, das im vergangenen Jahr auch in die Leitlinien aufgenommen wurde, ist keine allergische oder autoimmune Erkrankung, auch wenn die Symptome, die durch den Konsum von Weizenprodukten verursacht werden, denen einer Zöliakie ähneln.
Die Patienten klagen über gastrointestinale Symptome wie Blähungen, Schmerzen oder Durchfälle. Es können aber auch zahlreiche extraintestinale Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Hyperaktivität, Muskelbeschwerden sowie Knochen- und Gelenksschmerzen auftreten. Doch während bei der Zöliakie Wochen bis Jahre zwischen Glutenexposition und dem Auftreten von Symptomen vergehen können, sind dies bei der Weizensensitivität nur Stunden bis Tage.
Die Ursachen für die Weizensensitivität sind noch nicht genau bekannt. Möglicherweise ist nicht Gluten für die Beschwerden verantwortlich, sondern Amylase-Trypsin-Inhibitoren, die bestimmte Zellen des Immunsystems aktivieren. Auch nicht resorbierbare fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole (FODMAPs) könnten dahinterstecken. Vermutlich bestehen Überlappungen zum Reizdarmsyndrom. Es wäre zudem denkbar, dass einige Patienten, bei denen ein Reizdarmsyndrom diagnostiziert wurde, eigentlich unter einer Weizensensitivität leiden.
Menschen mit chronischen Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen leiden möglicherweise besonders stark unter einer Weizensensitivität. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Symptome von Krankheiten wie Multipler Sklerose oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen durch Amylase-Trypsin-Inhibitoren verstärken.
Ausschlussdiagnose
Einen diagnostischen Test zum Nachweis einer Weizensensitivität gibt es jedoch nicht. Um die Diagnose einer Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität stellen zu können, ist daher laut Leitlinien der Ausschluss einer Zöliakie und einer Weizenallergie erforderlich. Die Symptome sollen zudem durch ein Beschwerdetagebuch dokumentiert und ggf. durch eine Reexposition erneut provoziert werden.
Glutenfreie Ernährung
Bei einer Weizensensitivität kann und sollte eine glutenfreie Ernährung über einen kurzen Zeitraum ausprobiert werden. Bessern sich die Symptome daraufhin, ist von einer Weizensensitivität auszugehen, natürlich nur, wenn vorher eine Zöliakie und eine Allergie ausgeschlossen wurden. Da bei der Weizensensitivität eine angeborene Immunität gegen Amylase-Trypsin-Inhibitoren eine zentrale Rolle spielt, erscheint es plausibel, dass hier eine weniger strikte glutenfreie Diät möglich ist. Wahrscheinlich ist eine Reduktion glutenhaltiger Lebensmittel um etwa 90 Prozent ausreichend. Studien hierzu gibt es jedoch noch nicht.
Quellen: Felber J et al. S2-Leitlinie Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität. Z Gastroenterol 2014; 52: 711–743. Fasano A et al. Gastroenterology. 2015; 148(6): 1195 – 1204. Schuppan D et al. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2015; 29(3): 469 – 476