Um Prozesse zu analysieren, gibt es verschiedene Methoden. Eine davon stellen wir hier beispielhaft vor: Die „5-Why-Methode“, auch 5W genannt. Eltern können davon ein Lied singen: „Warum, warum, warum?“ Diese beharrliche Ursachenforschung, die für den Lernprozess von Kindern essentiell ist, können auch Praxisteams in Bezug auf kritische Ereignisse nutzen.
Ziel der „Warum?“-Fragen ist es, die Ursache für einen Fehler möglichst genau zu definieren. Die Anzahl der Nachfragen ist dabei nicht auf fünf begrenzt, sondern es wird so lange nachgehakt, bis der fehlerverursachende Prozessschritt eindeutig identifiziert und nicht mehr weiter aufteilbar ist. Diese Methode lässt sich gut in Teambesprechungen integrieren – wir wissen von Praxisteams (Ärzte und Medizinische Fachangestellte (MFA) gemeinsam), die bei wöchentlichen Besprechungen immer einen Tagesordnungspunkt für „Fehler-Ursachen-Analyse“ reserviert haben und jeder reihum ein „Warum?“ fragt und beantwortet.
Prozessketten mit ihrem Potential für kritische Ereignisse kommen täglich in der Praxis vor, daher lohnt es sich für jedes Praxisteam, den Ablauf von wiederkehrenden Routinen zu analysieren, zu stärken und, wenn nötig, zu ändern [1]. Wichtig: Vermutungen und Anschuldigungen tragen nicht zur Klärung eines Ereignisses bei und helfen nicht, zukünftige Fehler zu vermeiden. Es wird nicht nach Schuldigen, sondern nach den Ursachen gesucht!
Fehler passieren nicht bewusst
Ein Indiz dafür, dass man die Ursache ermittelt hat, ist, wenn eine Antwort auf ein „Warum?“ auf einen fehlerhaften oder fehlenden Prozess hinweist [2]. Zuletzt sollte man in der Lage sein, mit der Schlussfolgerung direkt auf das Anfangsproblem zu antworten. Eine in unseren Berichten aus Praxen häufig genannte Maßnahme, um künftig kritische Ereignisse zu vermeiden, ist „Besser aufpassen“ oder „Genauer hinschauen“.
Dies impliziert aber, dass ein Fehler bewusst passiert, so dass man beim nächsten Mal auch bewusst besser aufpassen kann – in der Realität funktioniert „Besser aufpassen“ nicht! Stattdessen sollte das Team konkrete Maßnahmen ableiten, die sich in die Praxisroutinen integrieren lassen. Wichtig dabei ist eine konkrete Zeitvorgabe und festgelegte Verantwortlichkeiten. Beides sollte das Team vereinbaren [2].
Haben Sie nun den Eindruck, dass ein durch Ihr Team analysiertes kritisches Ereignis auch in anderen Praxen passieren könnte (was in aller Regel der Fall ist), so berichten Sie auf www.jeder-fehler-zaehlt.de davon!
Essentiell ist dabei, dass Sie die Ursachen und beitragenden Faktoren so detailliert wie möglich beschreiben. Fragen Sie sich lieber einmal häufiger „Warum?“ und teilen Sie Ihre Antworten online. Wenn das Setting klar beschrieben ist, in dem der Fehler passierte, kann eine Praxis mit ähnlichen Routinen davon profitieren. Denn das ist das Ziel unserer Plattform: Nicht jedes Praxisteam muss alle Fehler selbst machen, sondern wir können voneinander lernen!
Literatur
- 1 Beyer M, Blazejewski T, Güthlin C, Klemp K, Wunder A, Hoffmann B et al. Das hausärztliche Fehlerberichts- und Lernsystem ‚jeder-fehler-zaehlt.de‘ – Berichtsbestand und Nutzungsperspektiven. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen 2015; 109(1):62–8.
- 2 Hochschule Darmstadt. 5-W-Methode; 2012 [cited 2016 Jan 7]. Available from URL: http://managementmethoden.info/TBQualityWerkzeuge/TB5-W-Methode*