Es kann leicht den Zeitrahmen sprengen, wenn Patientinnen und Patienten in der Praxis über ihre Schlafprobleme berichten. Man kann sich getrost zurücklehnen. Unterbrechen ist kaum möglich. Wenn dann alle Probleme ausgebreitet sind, kann man endlich mit konkreten Empfehlungen intervenieren, um das Thema damit abzuschließen. Doch der Patient entgegnet: Das habe ich alles schon ausprobiert. Es hat nicht geholfen.
Häufig fällt dann die Entscheidung schwer, was in solchen Situationen zu verordnen ist. Schlaflabor, Gesprächstherapie oder doch ein Medikament? Noch schwieriger ist der Fall, wenn der Patient ein Kind ist und deshalb Schlafmittel nicht infrage kommen.
Das größte Problem bei Patienten mit Schlafproblemen ist, zu unterscheiden zwischen Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten. Das kostet in der Praxis viel Zeit und verlangt geduldiges Zuhören. Bei sechs Prozent der Menschen in Deutschland mit Ein- und Durchschlafstörungen im Sinne einer behandlungsbedürftigen Insomnie dürfte es gar nicht so selten vorkommen, dass sich die eine oder der andere in der Praxis vorstellt. In der Nationwide Insomnia Screening and Awareness Study NISAS-2000 kommen Wittchen et al. [1] zu dem Ergebnis, dass Schlafstörungen der dritthäufigste Konsultationsanlass in der Hausarztpraxis sind.
25,9 Prozent der Patientinnen und Patienten hatten die Diagnose Insomnie, 13,7 Prozent andere Schlafstörungen. Nach der NISAS-Studie war die diagnostische Trefferquote für Schlafstörungen in der Hausarztpraxis mit 71,4 Prozent sehr hoch, die Zuordnung der Symptomatik zu einer spezifischen Schlafstörung bereitete jedoch Probleme. Bei den über 50 verschiedenen, in der International Classification of Sleep Disorders (ICSD) (2) gelisteten Schlafstörungen ist letztere Erkenntnis nicht unbedingt verwunderlich.
Frühe Diagnostik wichtig
Wichtig ist zu berücksichtigen, dass frühzeitige Diagnostik und Therapie in der Schlafmedizin dringlich sind, um Chronifizierungen und Folgeerkrankungen zu verhindern. Insomnien haben eine hohe Chronifizierungsneigung: 80 Prozent der Betroffenen leiden schon länger als ein Jahr, 25 Prozent länger als zehn Jahre. Dabei gehen chronische Insomnien mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen als auch für psychische Störungen, insbesondere Depressio-nen einher. Ein bis zwei Millionen Deutsche können nur mit Schlaftabletten schlafen. Während die Insomnie den nicht organisch bedingten Schlafstörungen zuzurechnen ist, sind die schlafbezogenen Atmungsstörungen ein häufig auftretendes Krankheitsbild, das den organisch bedingten Schlafstörungen entspricht. Etwa 50 Prozent der Patienten mit arterieller Hypertonie, Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz leiden unter Atmungsstörungen im Schlaf.
Sonderfall Kinder
Nicht zu vergessen im Zusammenhang mit Schlafstörungen sind die Kinder. Bereits im Säuglingsalter können so erhebliche Schlafstörungen auftreten, dass der Schlaf der Eltern massiv gestört ist mit der Folge einer körperlichen und psychischen Erschöpfungssymptomatik. Bei den nicht organischen Schlafstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern spielen oft Eltern-Kind-Interaktionsprobleme eine Rolle. Die Beratung junger Eltern im Hinblick auf stabile Schlaf-Wach-Rhythmen der Kinder, konsequente Schlafhygiene und zielführendes erzieherisches Verhalten kann hierfür vorbeugend wie auch therapeutisch hilfreich sein. Im Unterschied zu den Erwachsenen ist das obstruktive Schlafapnoesyndrom bei Kindern häufig durch eine adenotonsilläre Hyperplasie, gelegentlich auch durch Kieferanomalien bedingt. Deshalb unterliegt die schlafmedizinische Versorgung von Kindern besonderen Kriterien.
Hausärztin und Hausarzt sind bei den meisten schlafgestörten Patienten die bzw. der erste Ansprechpartner. Die schlafmedizinische Betreuung in der Hausarztpraxis leistet daher einen ganz entscheidenden Beitrag für die Versorgungsqualität von kleinen und großen Patienten mit Schlafstörungen.
Weitere Informationen: www.dgsm.de Quellen- und Literaturangaben beim Autor
Liebe(r) im Bett – Alles rund ums Schlafen
Unter diesem Titel lädt das IHF am 09.12.2016 von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr zu einer Fortbildungsveranstaltung in das Krankenhaus Porz am Rhein ein. Namhafte Referenten führen mit spannenden Vorträgen durch einen abwechslungsreichen Nachmittag.
12:30 Einlass und Registrierung
13:00 Schlaf – Die Tankstelle der Nacht, Dr. Michael Feld, Allgemeinarzt, Somnologe (DGSM) Schlafmediziner, Köln
14:00 Terror im Kinderzimmer – Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen, Dr. Alfred Wiater, Chefarzt der Kinderklinik des Krankenhauses Porz am Rhein
15:00 Die Qual der Nacht – Insomnien bei Erwachsenen, Dr. Hans-Günter Weeß, Leiter Schlafzentrum Pfalzklinikum, Klingenmünster
16:00 Schnarchen, Apnoen und Folgen – Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen, Prof. Dr. med. Winfried J. Randerath, Chefarzt Klinik für Pneumologie und Allergologie / Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin, Solingen
17:00 Exkurs: Sex und Schlaf, Prof. Dr. med. Martin Konermann, Ärztlicher Direktor Marienkrankenhaus Kassel
Exkurs: Eulen und Lerchen im Bett, Prof. Dr. med. Kneginja Richter, Leiterin Schlafsprechstunde Klinikum Nürnberg
18:00 Rundgang Schlaflabor in Kleingruppen mit praktischen Übungen und Falldemonstrationen
20:00 Ende der Veranstaltung
Weitere Informationen unter www.ihf-fobi.de → Fortbildungen für Hausärzte → Schlafmedizin