Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat ein Konzept zur spezifisch geriatrischen Versorgung entwickelt, in dessen Mittelpunkt die Etablierung geriatrischer Schwerpunktpraxen steht. Die Versorgung, die dort angeboten werden soll, richtet sich an Patienten, die aufgrund altersbedingter, komplexer und multikausaler Krankheitsverläufe einer besonderen diagnostischen und therapeutischen geriatrischen Betreuung bedürfen. Ziel soll es dabei sein, Mobilität und Selbstständigkeit der älteren Menschen möglichst lange zu erhalten, um ein Leben in gewohnter häuslicher Umgebung zu ermöglichen und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.
Nach Auffassung der KBV sollen die geriatrischen Schwerpunktpraxen die Arbeit der Hausärzte unterstützen. Sie könnten multimorbide geriatrische Patienten mit besonders komplexen Fallgeschehen für eine zeitweise Mitbehandlung an eine Schwerpunktpraxis überweisen. Dabei soll die Teamarbeit mit Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden und Pflegekräften noch wirksamer in die Organisation der ambulanten Versorgung eingebunden werden. Darüber hinaus könnten geriatrisch qualifizierte Medizinische Fachangestellte bei Hausbesuchen unterstützen.
Kommentar
Die KBV versucht mit diesem Konzept offensichtlich, bereits im EBM verankerte Strukturen wie die zum 1. Juli 2016 eingeführte spezialisierte geriatrische Diagnostik (Nrn. 30980 bis 30986) oder die neuen Delegationsziffern (Nrn. 38100, 38200, 38105 und 38205 EBM) zu institutionalisieren.
Da solche Schwerpunktpraxen nur von Ärzten geführt werden dürfen, die eine spezielle geriatrische Weiterbildung durchlaufen oder durchlaufen haben, ist davon auszugehen, dass die KBV hier einen neuen Markt für einen durch die Hintertür etablierten Facharzt für Geriatrie schaffen will.
Bei den nicht derartig qualifizierten Hausärzten, die angeblich hier entlastet werden sollen, würden dann wohl die geriatrischen Pflegefälle verbleiben. Vermutlich dürften sie dann auch die von den Schwerpunktpraxen empfohlenen Heil- und Hilfsmittelverordnungen tätigen und so das Regressrisiko tragen.
Diese Voraussetzungen soll ein Hausarzt künftig erfüllen, wenn er weiterhin geriatrische Patienten behandeln will:
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Berechtigung zum Führen einer Facharztbezeichnung im Gebiet "Innere Medizin" mit der Schwerpunktbezeichnung "Geriatrie" oder
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Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung "Geriatrie" oder
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(als Übergangsregelung) Erwerb der Facharztbezeichnung als Facharzt für Allgemeinmedizin, als Facharzt für Innere Medizin oder als Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin innerhalb von zwei Jahren, fünf Jahre Berufserfahrung in der Niederlassung und folgende Voraussetzungen: Im Jahr vor Antragstellung Behandlung von 100 Patienten, Nachweis einer besonderen geriatrischen Qualifikation mit einem Umfang von 160 Stunden, Nachweis einer zweiwöchigen Hospitation in möglichst unterschiedlichen geriatrischen Einrichtungen oder Nachweis einer dreimonatigen Tätigkeit in einer geriatrischen Einrichtung während der Weiterbildung oder
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Nachweis der Teilnahme an der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach Paragraf 135 Abs. 2 SGB V zur spezialisierten geriatrischen Diagnostik