Stellen Ärzte dem Versicherten irrtümlicherweise eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) zu spät aus, muss die Krankenkasse dennoch weiter Krankengeld zahlen. Das hat Mitte Mai das Bundessozialgericht klargestellt (Az.: B 3 KR 22/15 R). Voraussetzung ist allerdings, dass der Versicherte rechtzeitig persönlich den Arzt aufgesucht hat.
Im konkreten Fall hatte eine Patientin mit Depressionen einen Hausarzt am letzten Tag ihrer Krankschreibung konsultiert und ihn um eine Folgebescheinigung gebeten. Er hielt dies aber nicht für nötig, da die Patientin einen Tag später sowieso einen Spezialisten aufsuche und dieser die AU ausstellen könne. Das sei laut Gesetz einen Tag zu spät, argumentierte die Krankenkasse und strich das Krankengeld. Denn gemäß SGB V ruht der Anspruch, wenn eine Lücke zwischen den Bescheinigungen auftritt. Die Weitergewährung von Krankengeld hängt gesetzlich also davon ab, dass am letzten Tag der bestehenden AU ein Arzt erneut die AU feststellt.
Schon bisher galt, dass Versicherte weiter Krankengeld bekommen, wenn ein Arzt aufgrund einer medizinischen Fehleinschätzung keine AU bescheinigt hatte. Genauso verhalte es sich bei nichtmedizinischen Gründen wie in diesem Fall der Irrtum über die Frist, so die Richter. Die Fehleinschätzung des Arztes dürfe nicht dem Versicherten angelastet werden. Aber auch Ärzte nahm das BSG in Schutz: Anders als das SGB V erlaubt die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), eine AU ausnahmsweise bis zu drei Tage rückwirkend zu attestieren. Man könne dem Arzt nicht vorwerfen, dass er nicht im Blick habe, dass das Vorgehen nach G-BA-Richtlinie zum Verlust langzeitiger Krankengeld-Ansprüche führe, so die Richter.