Bei der Verordnung von Grippe-Impfstoffen müssen Ärzte wohl bis auf weiteres Rabattverträge beachten – trotz einer Gesetzesänderung, seit der diese Verträge nicht mehr geschlossen werden dürfen. Eine Kündigung eines solchen Impfstoff-Rabattvertrags hat jetzt das niedersächsische Landessozialgericht (LSG) in Celle im einstweiligen Rechtsschutz kassiert.
Geklagt hatte ein Impfstoffhersteller aus Hannover – dem Vernehmen nach Mylan Healthcare, das unter anderem die Influenza-Vakzinen Influvac® und Xanaflu® herstellt. Das klagende Unternehmen hatte Ende 2016 mit elf Krankenkassen für zwei Bundesländer einen Rabattvertrag für seine Impfstoffe für die Grippesaisons 2017/18 und 2018/19 geschlossen. Im Juni 2017 hatte die federführende Krankenkasse den Vertrag fristlos gekündigt, unter anderem mit Verweis auf den Wegfall des Paragrafen 132e Absatz 2 SGB V. Darin waren 2015 die Impfstoff-Rabattverträge geschaffen worden. Nach zahlreichen Lieferengpässen hat der Gesetzgeber diese Regelung im Mai dieses Jahres gestrichen.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erteilte Ärzten kurz darauf sogar einen Freibrief in Sachen Impfstoff-Verordnung: „Seit dem 13. Mai 2017 können die Ärzte wieder die Impfstoffe jedes Impfstoffherstellers verordnen. Eine Einschränkung der Verordnung auf Impfstoffe bestimmter Hersteller besteht nicht“, heißt es in einem Rundbrief von Juni. Auch für bestehende Verträge gebe es keine Exklusivität mehr. Dem haben die LSG-Richter nun deutlich widersprochen. Da der Gesetzgeber keinen Eingriff in laufende Verträge geregelt habe, bestehe für den Impfstoffhersteller Vertrauensschutz.
Grundsätzlich bestehe außerdem ein Rückwirkungsverbot, argumentieren die Richter in deutlichem Gegensatz zum BMG. Für verordnende Ärzte bedeutet das Urteil, weiterhin auf etwaige noch bestehende Rabattverträge achten zu müssen. So empfiehlt etwa die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hamburg, sich nach wie vor an die Rabattverträge zu halten.
Quelle: Az.: L 4 KR 307/17 B ER, Beschluss vom 20.07.2017, LSG Niedersachsen-Bremen