Am 1. April ist im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eine Änderung in Kraft getreten, die uns täglich in unseren Praxen beschäftigen wird: Das Laborbudget und unser Wirtschaftlichkeitsbonus (GOP 32001) werden seither anders berechnet. Die Neuerung ist Teil einer größeren Laborreform, über die Kollege Dr. Gerd W. Zimmermann bereits berichtet hat (u.a. “Der Hausarzt” 20/2017 und 07/2018).
Was ändert sich für uns konkret?
Wie in der letzten Ausgabe von “Der Hausarzt” geschildert, wird seit 1. April für jede Praxis ein individueller Laborfallwert berechnet. Alle von uns veranlassten und selbst erbrachten Laborleistungen werden ins Verhältnis zu den Behandlungsfällen gesetzt.
Wenn dieser durchschnittliche Laborfallwert unterhalb des sogenannten “unteren begrenzenden Fallwertes” von 1,60 Euro pro Behandlungsfall liegt, wird der volle Wirtschaftlichkeitsbonus von 19 Punkten pro Behandlungsfall ausgezahlt. Liegt der Fallwert über dem “oberen begrenzenden Fallwert” von 3,80 Euro, gibt es gar keinen Bonus; liegt er dazwischen, wird der Bonus anteilig ausgezahlt (siehe Beispiel im Kasten). Neu daran ist außerdem, dass nicht mehr zwischen Mitgliedern, Familienversicherten und Rentnern unterschieden wird. Bisher wurden hier verschiedene Budgets zugrunde gelegt.
Was passiert mit den Laborausnahmeziffern?
Wie bisher auch gibt es Ausnahmeziffern für bestimmte Erkrankungen. Diese gelten jedoch nur noch befreiend für festgelegte Laborleistungen, nicht mehr für alle Laborwerte eines Patienten. Beispielsweise befreit die Ausnahmeziffer 32022 (Diabetes mellitus) das Budget von den Werten Glucose, Glucose-Schnelltest, Kreatinin, HbA1c und Urin-Mikroalbumin. Andere Laborbestimmungen würden bei demselben Patienten das Budget belasten.
Neu ist auch, dass Patienten mit Ausnahmeziffern zur Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus mitgezählt werden. Bisher fielen diese Behandlungsfälle zwar nicht “zur Last”, es wurde für sie aber auch kein Bonus ausgezahlt.
Laborbestimmungen für die Gesundheitsuntersuchung (Blutzucker, Cholesterin, Urin) werden nicht angerechnet, ebenso die präoperative Laboruntersuchung.
In unserem Spickzettel (Download s.u.) haben wir die unserer Ansicht nach häufigsten Werte, die nicht angerechnet werden, farblich (orange) markiert.
Was das für die Praxis bedeutet
Noch mehr als bisher müssen wir gut überlegen, welche Laborwerte wir bestimmen möchten und ob sie diagnostisch und therapeutisch relevant sind. “Rundumschläge”, die bisher bei Patienten mit Ausnahmeziffern keinen Einfluss auf den Bonus hatten, sollte man besser vermeiden. Bei Patienten mit mehreren Erkrankungen sollten alle in Frage kommenden Ausnahmeziffern auch in der EDV eingetragen werden (zum Beispiel ein Diabetiker mit Rheuma-Dauertherapie). Die Ausnahmeziffern müssen künftig nicht mehr auf den Laborüberweisungen, sondern nur noch in der eigenen Praxissoftware vermerkt und an die Kassenärztliche Vereinigung übermittelt werden.
Interessant wird sein, ob sich am Verhalten zwischen hausärztlichen und spezialfachärztlichen Kollegen etwas ändern wird. Die manchmal unseligen Aufforderungen an uns, mal eben eine ganze Latte an (teils fragwürdigen) Laborwerten zu bestimmen, würden wir zurückweisen. Zwar sind die begrenzenden Fallwerte bei Hausärzten deutlich höher angesetzt als bei manch anderen Fachgruppen, auch der Punktwert der GOP 32001 ist fachspezifisch unterschiedlich. Aber mit unserem Budget für die spezialfachärztliche Diagnostik “herzuhalten”, sehen wir eigentlich nicht ein.
Auch hier gibt es jedoch erfreuliche Ausnahmen: Kollegen, die den Patienten mit der Bitte um eine Blutabnahme beim Hausarzt einen Laborschein (Muster 10A oder 10) mitgeben, auf dem die BSNR und LANR des Facharztes aufgedruckt ist, so dass die Berechnung zu Lasten seines Budgets geht. Wir sollten darauf hinwirken, dass dies in Zukunft selbstverständlich wird.
So berechnet sich der Laborbonus
Ein Beispiel aus der hypothetischen Praxis von Dr. Musterfrau: Im Quartal X wurde bei 1.000 Patienten für insgesamt 2.260 Euro Labor veranlasst, das nicht durch Ausnahmeziffern herausgerechnet werden kann. Der Fallwert pro Behandlungsfall (BHF) beträgt also 2,26 Euro. Da er über der unteren Grenze von 1,60 Euro liegt, wird er anteilig berechnet mit folgender Formel:
Bonus = Fallzahl × Bonuspunktzahl × (Oberer begr. Fallwert – Praxisfallwert)
(Oberer begr.Fallwert – Unterer begr. Fallwert)
In unserem Beispiel also:
13300 Punkte = 1000 × 19 Punkte × (3,80 Euro – 2,26 Euro)
(3,80 Euro – 1,60 Euro)
Die 13.300 Punkte ergeben etwa 1.416 Euro. Die Bonuspunktzahl von 19 Punkten ergibt sich aus der GOP 32001. Liegt der Praxisfallwert unterhalb der Untergrenze (1,60 Euro), wird die Fallzahl ohne weiteren Faktor einfach mit 19 Punkten multipliziert.
HZV und die Fallzählung
Für den praxisindividuellen Fallwert ist neben der Summe aller Laborkosten (als Dividend) die Zahl der “relevanten Behandlungsfälle” (als Divisor) entscheidend. Dazu zählen nicht nur alle Fälle, in denen die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale abgerechnet wurde. Auch die Fälle aus Selektivverträgen wie der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) werden hinzugerechnet. Das gilt für alle Vollversorgungsverträge, sofern die Laborleistungen im KV-System veranlasst oder abgerechnet werden.
Quelle: BA-Beschluss; hausarzt.link/vMg4o
Cave Kreatinin
Für die Kreatininbestimmung verwenden viele Labore die enzymatische Analyse (GOP 32067: 0,40 Euro). Ausschlussfähig für den Laborbonus ist allerdings nur die Bestimmung nach der (älteren) Jaffé-Methode (GOP 32066: 0,25 Euro). Berücksichtigen Sie deshalb, dass Kreatinin ggf. Ihren Laborfallwert erhöhen kann.
Tipp: Praxissoftware automatisieren
Viele Praxisverwaltungs- und Arztinformationssysteme (PVS, AIS) können die Arbeit mit den Laborausnahmeziffern vereinfachen. Mittels Makros, Filter- oder Listenfunktionen können auf einen Klick etwa alle Patienten eines Tages aufgeführt werden, die ein Labor hatten und für die eine ausnahmefähige Diagnose vorliegt. Am Beispiel von Medistar hat der Allgemeinmediziner Dr. Carsten Köber aus Bad Mergentheim eine Anleitung in seinem Blog veröffentlicht
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Bei welchen Indikationen welche Laborleistungen das Budget nicht belasten, zeigt der neue Labor-Spickzettel der “Rauchenden Köpfe”. In der praktischen Matrix sehen Sie auf einen Blick alle Ausnahmeziffern und Leistungen. Für die leichte Orientierung sind die häufigsten hausärztlichen Laborleistungen orange markiert. Außerdem werden die Ausnahmeziffern erläutert.
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–> **Wenn Sie noch kein Passwort besitzen, können Sie sich schnell und kostenfrei unter www.derhausarzt.eu/registrieren anmelden. Bitte halten Sie Ihre Einheitliche Fortbildungsnummer (EFN) bereit.** *Hinter den “Rauchenden Köpfe” stecken vier Praxiserfahrene, die sich unermüdlich dafür einsetzen, Abrechnungsvorschriften praxistauglich zu machen: Dr. Sabine Frohnes, Dr. Christoph Claus, Moritz Eckert und Timo Schumacher. Aus ihrer Feder stammen etwa die bekannten EBM- und GOÄ-Spicker. Künftig wollen sie in “Der Hausarzt” in loser Folge Tipps zur Abrechnung publizieren.*