Im Bereitschaftsdienst gibt es ab 1. April 2017 neue EBM-Regelungen. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat am 7. Dezember 2016 die Einführung von Schweregradzuschlägen für besonders aufwändige Behandlungsfälle beschlossen (vgl. Der Hausarzt 2). Bei weniger aufwändigen Fällen soll es künftig hingegen nur noch eine Abklärungspauschale geben, wenn sich herausstellt, dass die Patienten keine Notfallbehandlung benötigt hätten.
Kommentar
Streng genommen ist das ein ziemlicher Witz. Künftig sollen Ärzte im Bereitschaftsdienst entscheiden, ob ein Patient zu Recht in einer Bereitschaftsdienstzentrale auftaucht. Kommt man zu diesem Ergebnis, was im Grunde genommen eher einen höheren medizinischen Aufwand erfordert, wird man mit einem deutlich niedrigeren Honorar bestraft. Damit ist absehbar, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dieser Neuerung Ärzte in eine ähnliche „Falle“ lockt wie beim „ICD 10-Rightcoding“. Welcher Bereitschaftsarzt wird freiwillig eine Abklärungspauschale nach Nr. 01205 EBM (Behandlung zwischen 7 und 19 Uhr, Honorar 4,74 Euro) oder 01206 EBM (Behandlung zwischen 19 bis 7 Uhr, Honorar 8,42 Euro) anstelle der ansonsten möglichen Nr. 01210 EBM (13,37 Euro) oder 01212 EBM (20,53 Euro) ansetzen? Als Folge wird es neue Aktivitäten der Prüfstellen bei der Bereitschaftsdienstabrechnung geben. Das wird die Bereitschaft, diese Dienste zu leisten, nicht gerade fördern. In eine ähnliche Richtung geht die Neuerung bei den Erschwerniszuschlägen. Hier gibt es ab 1. April einen Zuschlag zur Nr. 01210 EBM nach Nr. 01223 EBM (13,48 Euro) oder zur Nr. 01212 EBM nach Nr. 01224 EBM (20,53 Euro) oder 01226 EBM (9,48 Eu- ro). Die Zuschläge nach den Nrn. 01223 und 01224 EBM können bei Patienten mit
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Frakturen im Bereich der Extremitaten proximal des Metacarpus und Metatarsus,
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Schädel-Hirn-Traumata mit Bewusstlosigkeit von weniger als 30 Minuten (S06.0 und S06.70),
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akuter tiefer Beinvenenthrombose,
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hypertensiver Krise,
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Angina pectoris (ausgenommen: I20.9),
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Pneumonie,
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akuter Divertikulitis und
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generell bei Patienten mit Erkrankungen, die ebenso eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, berechnet werden.
Zusätzlich ist in der Nacht neben der Nr. 01212 EBM der Zuschlag nach Nr. 01226 EBM bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern sowie Patienten mit schweren kognitiven, emotionalen und verhaltensbezogenen Beeinträchtigungen und/oder Demenz/Parkinson-Syndrom möglich.
Angeblich zielen diese Maßnahmen auf den Bereich der Klinik(notfall)ambulanzen ab, die sich beschwert haben, dass dort viele Fälle auflaufen würden, die in Arztpraxen behandelt werden könnten. Sollte dies tatsächlich stimmen, hätten die Kliniken ein "Eigentor" geschossen. Denn für solche Fälle können sie künftig nur noch die Abklärungspauschale geltend machen. Ob das wiederum einer absehbaren Klage der Kliniken vor dem Bundessozialgericht standhält, bleibt abzuwarten.