Wirtschaft + PraxisRazumijete li sve? Haben Sie alles verstanden?

Immer häufiger behandeln Hausärzte Patienten aus anderen Ländern. Der Umgang mit anderssprachigen Patienten ist aber häufig nicht geregelt. Einige Ratschläge für die Praxis.

Inzwischen sind unter Patienten zunehmend alle Nationalitäten vertreten. Die ­kulturellen Unterschiede sind oft groß, darauf ­sollte sich eine Praxis einstellen. Vor allem auf die sprachlichen Barrieren und Hemmnisse. Wer selbst schon im Ausland war weiß, wie schwer es ist, sich in einer fremden Sprache mitzuteilen – insbesondere wenn es sich um sehr persönliche und intime Angelegenheiten handelt, wie sie häufig bei medizinischen Behandlungen auftreten. Zu einer rechtmäßigen ärztlichen Behandlung, auch bei Injektion oder Blutentnahme, bedarf es der Einwilligung des Patienten. Und eine wirksame Einwilligung setzt voraus, dass der Patient die Bedeutung und die Tragweite der ärztlichen Maßnahme versteht.

Infomaterialien unterstützen

Aber wie ist das Problem zu lösen, wenn die Praxis nicht multikulturell und mehrsprachig ausgelegt ist? Glücklich schätzen kann sich jeder, der zwei oder mehr Angestellte hat, die die Landessprache von einigen Patienten sprechen und als Übersetzer fungieren können. Ist dies aber nicht der Fall, bereitet man sich am besten auf Sprachunterschiede vor, indem der Arzt sich und die Praxis mit Informations- und Anschauungsmaterial in verschiedenen Sprachen ausstattet (s. Tab 2 oder https://hausarzt.link/DZzep). ­Zuvor sollte aber jede Praxis prüfen, welche Nationalitäten unter den eigenen Patienten am häufigsten vorkommen. Erst dann kann man entscheiden, welche ­Infobroschüren in welcher Sprache ­gebraucht werden.

Schautafeln helfen

Neben einem Anamnesebogen in der Muttersprache können zur Konsultation auch anatomische Schautafeln eingesetzt werden. Anhand derer kann der Patient die Stelle, die schmerzt oder Probleme verursacht, detaillierter zeigen. Außerdem kann er eine bebilderte Beschreibung des Schmerzzustandes verwenden, denn solche Schautafeln gibt es auch zu Symptomen und ­Schmerzen. Idealerweise macht sich der Arzt während des Gespräches umfassend Notizen. Dann weiß er später genau, wie er die Äußerungen des Patienten interpretiert und verstanden hat. Wenn der Arzt sich sicher ist, weswegen der Patient in die Sprechstunde gekommen ist, und nun die weiterführende Behandlung plant, sollte er versuchen, den weiteren Untersuchungsprozess ebenfalls gut verständlich zu machen. Auch hier helfen neben einfachen, kurzen und deutlich gesprochenen ­Sätzen, Bilder oder Piktogramme weiter. Zu häufigen Erkrankungen finden sich diverse mehrsprachige Informationsblätter im Internet, etwa von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (s. Kasten). Nach genauer Prüfung und ggf. ­individueller Ergänzung sind diese sehr gut einzusetzen. Auch Informationen rund ums „Impfen“ gibt es in verschiedenen Sprachen.

Kulturelle Unterschiede beachten

Neben den Verständigungsproblemen müssen sich Ärzte mit den kulturspezifischen Unterschieden auseinandersetzen. Andere Werte sind zu beachten: So ist in einigen Kulturen beispielsweise das Schamgefühl stark ausgeprägt oder das Verhältnis zum Körper an sich ist ein anderes. Vielleicht hat der Patient aber auch Traumatisches erlebt. Um mit dem Patienten ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis aufzubauen, hilft es, wenn man Patienten grundsätzlich vorsichtig, ­kultursensibel und gleichzeitig empathisch begegnet. Bei Beratungsgesprächen und Untersuchungen von weiblichen Patienten durch einen männlichen Arzt ist zusätzlich die Gegenwart einer Praxismitarbeiterin angebracht.

Dolmetscher einsetzen

Äußerst hilfreich kann es sein, wenn ein Patient eine dolmetschende Person mitbringt. Der Begleiter sollte den Arzt gut verstehen. Medizinische Kenntnisse sind bei einfachen Routinebehandlungen nicht unbedingt erforderlich. Für den Patienten ist es wichtig, dass er ein umfassendes Bild von der geplanten Behandlung und den damit verbundenen Chancen und Risiken bestmöglich vermittelt bekommt. Der Arzt sollte dabei in den Gesprächen auf medizinische Fachwörter verzichten.

Bringt der Patient zur Konsultation einen Familienangehörigen mit, ist zu bedenken, dass mitunter aus tradierten, religionsbasierten oder anderen Gründen eine Übersetzung eventuell nicht wahrheitsgemäß erfolgt. Dadurch könnten gravierende Missverständnisse auftreten. Dieses Risiko gilt es abzuwägen und zu minimieren, indem der Arzt – wenn vorhanden – immer Informationsmaterial an den Patienten in der Landessprache aushändigt. Erscheint ein Patient ohne Begleitung und ist auch kein geeigneter Übersetzer ­zugegen, sollte der Arzt sich genau überlegen, ob er die Behandlung vornimmt.

Es ist ratsam, wenn möglich, mit dem Patienten zu vereinbaren, dass zum nächsten Termin ein kostenpflichtiger Dolmetscher hinzugezogen wird. Die Finanzierung von Dolmetscher-Leistungen ist bisher nicht über den ­gesetzlichen Gebührenkatalog der Kassen ­abrechenbar. Für Patienten, die sich im Asylverfahren ­befinden, gibt es jedoch Übernahmemöglichkeiten durch die zuständigen Behörden. Ansonsten ist es leider Realität, dass der Patient die Kosten selbst tragen muss.

Falls eine schwerwiegende Erkrankung auftritt oder ein umfangreicher Eingriff ansteht, wäre der Einsatz eines qualifizierten Dolmetschers unbedingt empfehlenswert. Professionelle medizinische Dolmetscher-Agenturen bieten einen guten Service, da sie neben der Kenntnis über den kulturellen Hintergrund des Patienten auch die medizinischen Fachbegriffe beherrschen. Sie kennen in der Regel die Abfolge von Behandlungsschritten, Therapien und die Prozessabläufe im Versicherungswesen. Eine weitere Möglichkeit sind Online-Dolmetscher-Dienste. Bei einer Video-Konsultation können die medizinisch notwendigen Behandlungsschritte sowie offene Fragen besprochen werden.

Fazit

  • Als Arzt müssen Sie sicher sein, dass der Patient bestmöglich über die ­Behandlung und die nächsten Schritte aufgeklärt wurde.
  • Bei Anamnese, Aufklärung und weiterführender Behandlung sollten Sie ­ergänzend fremdsprachige Anamnesebögen, Infomaterialien und Schau­bilder einsetzen. ­Zusätzlich sind Übersetzer sehr hilfreich – ob Angehörige, Dolmetscher oder per ­Video zugeschaltet.
  • Kulturelle Unterschiede können die Übersetzung beeinflussen und machen mitunter weitere Maßnahmen notwendig (wie Anwesenheit einer weiblichen Mitarbeiterin).
  • Als behandelnder Arzt sollten Sie alles ausführlich dokumentieren.
  • Ein nachhaltiger Behandlungserfolg motiviert Sie und Ihr Team und macht Sie auch zukünftig sicher im Umgang mit ausländischen Patienten.
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