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"Rauchende Köpfe"So vermeiden Sie Stolpersteine bei der AU

Bei der Krankschreibung gibt es viele Details zu beachten. Im ersten Teil der Serie erklären die "Rauchenden Köpfe" die Vorgaben zu AU nach Klinikentlassung, Krankengeldbezug und Wiedereingliederung.

Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie sollte jeder Arzt oder jede Ärztin gelesen haben.

Montagmorgen, 7. November 2022, 9:30 Uhr: Herr Moody kommt ohne Termin, Donnerstag wurde er aus der Klinik entlassen, in der er psychiatrisch behandelt wurde. Er benötigt nun eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) – möglichst für den gesamten Klinikaufenthalt und die nächsten sechs Wochen. Anschließend möchte er eine Wiedereingliederung wagen, dafür benötigt er noch den Antrag … Und nun?

Wann ist eine AU (Muster 1) für stationären Aufenthalt möglich?

Grundsätzlich gilt die Liegebescheinigung des Krankenhauses als vollwertige AU-Bescheinigung. In manchen Fällen möchten Patientinnen und Patienten jedoch vermeiden, beim Arbeitgeber den Stempel der entsprechenden Klinik vorzuzeigen, oder es wurde keine Liegebescheinigung ausgestellt.

Dann dürfen Ärztinnen und Ärzte, etwa wenn ihnen der Entlassungsbericht vorliegt, eine AU auch für die Zeit des stationären Aufenthaltes ausstellen.

Wie schnell nach der Klinikentlassung ist die Folge-AU auszustellen?

Hierfür gibt es eigentlich das Entlassmanagement, zu dem die Krankenhäuser aufgefordert sind (eine Patienteninfo der “Rauchenden Köpfe” finden Sie im Kasten oben und auf www.hausarzt.link/12M3R). Das heisst, Kliniken sollen sicherstellen, dass Betroffene nahtlos versorgt werden.

Hierzu dürfen sie unter anderem AU-Bescheinigungen für bis zu sieben Tage ausstellen. Zudem gilt eine pandemiebedingte Sonderregelung, dass dies für bis zu 14 Tage möglich ist (Stand bei Redaktionsschluss). “Der Hausarzt” wird online berichten, falls die Regelung ausläuft oder verlängert wird.

Falls das Krankenhaus keine AU ausgestellt hat, sollte die AU-Folgebescheinigung so bald wie möglich erstellt werden. Wichtig ist dies insbesondere für die Bezieher von Krankengeld, da hier die Bescheinigung lückenlos erfolgen muss und die Liegebescheinigung bereits als Erst-AU gilt.

Darf eine AU rückwirkend bescheinigt werden?

In der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (www.hausarzt.link/sVnEF), die jeder Arzt oder Ärztin gelesen haben sollte, steht hierzu in Paragraf 5 Absatz 3: “Die Arbeitsunfähigkeit soll für eine vor der ersten ärztlichen Inanspruchnahme liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigt werden. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig.”

Das bedeutet: Normalerweise darf eine AU erst ab dem Tag der Konsultation bescheinigt werden. Wenn Ärztinnen und Ärzte dies nach ihrem Sachverstand aber vernünftigerweise für beurteilbar halten, dürfen sie für bis zu drei (Kalender-!)Tage rückwirkend krankschreiben. “In der Regel” kann wiederum bedeuten, dass es auch hiervon Ausnahmen geben kann, die dann im Zweifel aber vermutlich juristisch geklärt werden müssen.

Im eingangs geschilderten Fall bedeutet dies, dass Sie Herrn Moody eine AU am Montag ausstellen dürfen, die rückwirkend auch den Freitag der letzten Woche beinhaltet.

Da es sich hier um eine Folge-Bescheinigung handelt, kann es jedoch sein, dass ihm ein Tag “Lücke” entsteht, da die Bescheinigung nicht direkt am Tag nach dem Ablaufen der Liegebescheinigung ausgestellt wurde. Dies ist für eine einfache Folgebescheinigung meist unproblematisch, führt jedoch regelmäßig zu Problemen, falls die Betroffenen bereits Krankengeld beziehen.

Exkurs: Wie ist der Krankengeldbezug geregelt?

Die meisten Angestellten haben eine Lohnfortzahlung von sechs Wochen, anschließend übernimmt die gesetzliche Krankenkasse das Krankengeld. Dies entspricht in der Regel 70 Prozent des versicherungspflichtigen Einkommens, maximal 90 Prozent des Nettoeinkommens (Paragraf 47 SGB V), maximal 112 Euro brutto pro Tag (70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze).

Privatversicherte müssen hier ggf. eine zusätzliche Versicherung abschließen. Beamte erhalten auch während AU-Zeiten ihre regulären Bezüge weiter.

Der Krankengeldanspruch besteht normalerweise für bis zu 72 Wochen innerhalb von drei Jahren wegen der gleichen Erkrankung (Paragraf 48 SGB V). Nicht irritieren lassen: Im Sozialgesetzbuch V steht 78 Wochen, jedoch gezählt ab Beginn der AU – das heißt, die sechs Wochen Lohnfortzahlung kann man abziehen. Mehr zum Zusammenhang von AU-Zeiten erklären die “Rauchenden Köpfe” im Folgebeitrag zum Muster 53 (s. Kasten AU-Serie unten).

Im Sonderfall, dass jemand in den ersten vier Wochen einer neuen Tätigkeit erkrankt, besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Hier zahlt die Kasse ab Tag 1 der AU Krankengeld. Die Berechnung sollten Betroffene prüfen, denn mitunter wird nicht das vertraglich vereinbarte Monatsgehalt zugrunde gelegt, sondern fälschlicherweise das bis dahin gezahlte – anteilige – Monatsgehalt.

Ein weiterer Sonderfall ist die Arbeitsunfähigkeit bei Arbeits- und Wegeunfällen. Hier besteht ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Verletztengeld durch die Berufsgenossenschaft (BG).

Das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse wird grundsätzlich rückwirkend gezahlt, das heißt bis zum Ausstelldatum der aktuell eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Manche Patientinnen und Patienten wünschen sich daher kürzere Abschnitte der Bescheinigung oder benötigen eine “Zwischenbescheinigung”, um erneut Geld zu erhalten, da sie den ganzen Zeitraum bis zum nächsten Arzttermin finanziell nicht überbrücken können.

Für welchen Zeitraum darf eine AU ausgestellt werden?

Zurück zu Herrn Moody. Er hat von der Klinik eine Liegebescheinigung erhalten, von Ihnen eine Folge-AU. Sechs Wochen, wie von ihm gewünscht, dürfen Sie jedoch nicht sofort bescheinigen.

Laut AU-Richtlinie sollen in der Regel zwei Wochen nicht überschritten werden, in begründeten Fällen sind bis zu einem Monat erlaubt. Herr Moody bekommt also eine AU von 7.11 bis 7.12. Zudem vereinbaren Sie einen Folgetermin für spätestens 8.12., besser ein bis zwei Tage früher. Auf keinen Fall darf eine Lücke der AU-Bescheinigung entstehen, da sonst für den “Lücken-Tag” kein Krankengeld gezahlt wird.

Wichtig: Zur Sicherheit bauen Sie also ein bis zwei Tage “Puffer” ein, falls die Praxis wegen Krankheit geschlossen bleibt.

Tipp: Da Herr Moody knapp bei Kasse ist, vereinbaren Sie, dass er in zwei Wochen mit einem Kurzkontakt eine erneute Folgebescheinigung bis zum Sprechstundentermin erhalten kann. Auf diese Weise zahlt die Krankenkasse nach zwei Wochen bereits Krankengeld aus.

Was ist bei der Wiedereingliederung zu beachten?

Da die Wiedereingliederung erst in sechs Wochen beginnen soll, vertrösten Sie Herrn Moody am Montagmorgen auf den bereits vereinbarten regulären Sprechstundentermin. Auf der am Montag ausgestellten AU können Sie aber bereits ankreuzen, dass eine Wiedereingliederung geplant ist.

Merke: Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, die Möglichkeit einer Wiedereingliederung bei jeder AU von mehr als sechs Wochen zu prüfen. Beim regulären Sprechstundentermin füllen Sie gemeinsam Muster 20 aus. Hier ist anzugeben, in welchen Zeiträumen wie viele Stunden Herr Moody arbeiten kann.

Die Zeiten können individuell gewählt werden. Laut AU-Richtlinie soll die Wiedereingliederung in der Regel nicht mehr als sechs Monate dauern. Während der Wiedereingliederung wird jedoch kein Lohn gezahlt, sondern weiter Krankengeld.

Wichtig: Herr Moody braucht also auch in dieser Phase lückenlose AU-Bescheinigungen! Wir schlagen auf dem Formular in seinem Fall eine Wiedereingliederung vor, die jeweils mit einer “kurzen Woche” (Beginn am Mittwoch) startet, und jeweils nach zwei Wochen ebenfalls mittwochs um zwei Stunden gesteigert wird, bis er nach sechs Wochen wieder in Vollzeit arbeiten kann.

Des weiteren soll er in der Wiedereingliederungsphase keine Spät- und Nachtdienste übernehmen. Wichtig: Diesem Plan müssen außer Arzt und Patient auch Arbeitgeber und Krankenkasse zustimmen, bevor er umgesetzt werden kann. Den ausgedruckten Plan erhält Herr Moody und Sie rechnen die 01622 EBM (9,35 Euro) ab.

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