"Rauchende Köpfe"Freude mit Beförderung: Das Einmaleins des Krankentransports

Die Frage nach dem "Taxischein" (Muster 4) stellt sich häufig in der hausärztlichen Praxis. Die "Rauchenden Köpfe" geben für die Verordnung verständliche Regeln und zwei Muster-Schreiben an die Hand.

Für ambulante Behandlungen sind Transporte grundsätzlich nicht verordnungsfähig.

Die mannigfaltigen Formulare in hausärztlichen Praxen können auch Freude bereiten – vorausgesetzt, Sie wissen, wie man sie effizient bearbeitet. Ein häufiges Anliegen sind dabei Krankenbeförderungen nach Muster 4.

Beförderung zur Rehabilitation

“Frau Doktor, ich brauche noch einen Transportschein für die Reha…” Ein beliebtes Anliegen, und für Hausärztinnen und -ärzte besonders erfreulich, wenn die Krankenkasse die Versicherten damit in die Praxis schickt. Mitunter fragt man sich dann, ob die Kassenmitarbeitenden die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA; www.g-ba.de/richtlinien/25/) nicht kennen?

Darin heißt es nämlich in Paragraf 2 Abs. 4: “Für die Fahrten zu ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahmen ist keine Verordnung auszustellen, sondern die Patientin oder der Patient zur Klärung der An- und Abreise direkt an ihre oder seine Krankenkasse zu verweisen.” Das tun wir doch gern! Zu diesem Zweck haben die “Rauchenden Köpfe” ein Muster-Anschreiben erstellt, das Sie den Versicherten mitgeben können (s. Kasten links).

Alles der Kasse zu überlassen, geht aber leider auch nicht. Denn woher soll die Kasse wissen, ob jemand eine Beförderung benötigt? Die Antwort versteckt sich unscheinbar auf der letzten Seite des Reha-Antrages. Das ist wichtig, weil bereits manche Kassen angekündigt haben, Reha-Verordnungen zu prüfen – und Sie ahnen es, zu regressieren.

Es empfiehlt sich, im Antrag die Frage zur Reisefähigkeit (Abb. 1 links) vorauszudenken: Wenn Sie hier ankreuzen, dass die Person mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisefähig ist, wird die Kasse sich zu Recht fragen, warum ein Taxi nötig ist.

Ein Kreuz bei “PKW erforderlich” oder “Begleitperson erforderlich” bedeutet für die Kasse wiederum, dass sie sich um den Transport kümmern müssen – und zwar ohne “Transportschein”!

Eine Ausnahme könnte es sein, wenn Sie beim Reha-Antrag die Beförderung noch als “ÖPNV möglich” eingeschätzt haben, sich dies nun aber als unrealistisch erweist, zumal vielleicht die ausgewählte Reha-Klinik der Krankenkasse mit ÖPNV nur extrem aufwändig zu erreichen ist.

Hier könnte man sich eventuell zu einem Zweizeiler “Patient ist entgegen meiner Einschätzung vom… nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Rehabilitation reisefähig” hinreißen lassen. Wichtig: Muster 4 wäre hier dennoch explizit laut Richtlinie nicht korrekt.

Analoges gilt für Rehabilitationsleistungen anderer Träger (Deutsche Rentenversicherung (DRV) oder Berufsgenossenschaft). Hier ist ebenfalls der Träger der Reha für den Transport zuständig. Auf dem Rehabilitationsantrag der DRV befindet sich eine entsprechende Abfrage zur Reisefähigkeit (Abb. 2 links).

Transport zur Therapie

Senior Müller ist nach seiner Hüft-TEP noch nicht so recht mobil, Physiotherapie würde helfen. Das können Sie als besonderen Verordnungsbedarf (BVB) für sechs Monate verordnen. Nun fragt die Schwiegertochter nach einem “Transportschein” für die Fahrten zur Therapie. Schließlich käme er die Stufen zur Praxis nicht hinauf. Oder es fahre kein Bus. Oder sie müsse arbeiten und könne ihn nicht bringen. Suchen Sie sich eine Begründung aus, nachvollziehbar sind sie alle.

Merke: Nur leider ist Muster 4 nicht für Heilmittel-Behandlungen vorgesehen. Der Transport gilt als unwirtschaftlich, da der Therapeuten-Hausbesuch preisgünstiger wäre. Womöglich denken Sie jetzt: “Schön wär`s, hier gibt es keine Physiopraxen, die Hausbesuche machen.” Diese sind jedoch laut Vertrag mit den Krankenkassen hierzu verpflichtet: Sie dürfen einen Hausbesuch im Einzugsgebiet der Praxis nicht ablehnen, bestätigt der GKV-Spitzenverband auf Nachfrage von “Der Hausarzt”. Als Einzugsgebiet gilt für die meisten Therapeuten ein Umkreis von 5 bis 10 Kilometern, bei Ernährungstherapeuten sogar ein Umkreis von 25 Kilometern.

Übrigens gilt das auch für alle Vertragsärzte (samt der Gebietsfachärzte und nicht nur “Haus”-Ärzte), sofern Hausbesuche medizinisch notwendig sind.

Tipp: In einem solchen Fall, können Sie versuchen, den “schwarzen Peter” an die Krankenkasse weiterzugeben. Denn diese ist laut Vertrag mit den Heilmittelerbringern dazu verpflichtet, ihren Versicherten die Kontaktdaten der zugelassenen Therapeuten im Einzugsgebiet mitzuteilen. Natürlich haben die “Rauchenden Köpfe” hierzu eine Information für Patientinnen und Patienten verfasst (s. Kasten oben). Sollte die Krankenkasse beschließen, dass sie lieber den Transport bezahlt, darf sie das – aber wiederum ohne Muster 4!

Eine Ausnahme gibt es zu dieser Regel: Wenn die Therapie im Hausbesuch nicht möglich oder ausreichend ist, beispielsweise aufgrund besonderer Ausstattung der Physiotherapiepraxis (Geräte-Training), kann ein Transportschein ausgestellt werden – nach den üblichen Regeln (s.u.).

Wann ist Muster 4 möglich?

Aber wann können Sie überhaupt einen Transport nach Muster 4 verschreiben? Zunächst muss es sich um eine medizinisch notwendige Fahrt handeln. Das klingt banal, bedeutet aber beispielsweise auch, dass Fahrten in die Praxis bei reiner Befundbesprechung oder ähnlichem nicht notwendig sind, da man diese auch telefonisch oder durch Hausbesuch erledigen könnte.

Soll jedoch beispielsweise ein EKG geschrieben werden oder ein Ultraschall stattfinden, sieht dies anders aus. Für gesetzlich vorgesehene Früherkennungsuntersuchungen ist die Verordnung explizit ebenfalls möglich.

Auch ist grundsätzlich zu prüfen, ob die Versicherten nicht auch mit privatem PKW oder ÖPNV zur Behandlung gelangen können.

Stationäre Behandlung

Für stationäre Behandlungen kann grundsätzlich ein Beförderungsschein ausgestellt werden, unabhängig von Pflegegrad oder Grad der Behinderung. Diese müssen nicht vorab von der Krankenkasse genehmigt werden, dies gilt auch für vor- und nachstationäre Behandlungen.

Krankenhäuser dürfen übrigens Muster 4 als Teil des Entlassmanagements ausstellen, seit Ende März 2024 können sie auch bei tagesstationären Behandlungen die Beförderung verordnen – hier jedoch nur unter den Voraussetzungen Pflegegrad/Grad der Behinderung (s.u.).

Ambulante Behandlung

Für ambulante Behandlungen sind Transporte grundsätzlich nicht verordnungsfähig. Die Ausnahme hiervon sind Menschen mit den Merkzeichen “aG” (außergewöhnlich gehbehindert), “Bl” (blind) oder “H” (hilflos) im Schwerbehindertenausweis sowie Pflegebedürftige mit einem Pflegegrad 4 oder 5. Bei Menschen mit einem Pflegegrad 3, übernehmen Kassen die Kosten, wenn eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität vorliegt.

Merke: Keine vorherige Genehmigung der Krankenkasse ist einzuholen, wenn bei diesen Voraussetzungen die Fahrt mit Taxi oder Mietwagen stattfindet. Sollte die Fahrt mit einem Krankentransportwagen erforderlich werden, so ist die Fahrt wiederum genehmigungspflichtig.

Sollten die genannten Pflegegrade/Merkzeichen nicht vorliegen, die Person ist aber vergleichbar eingeschränkt, so können Sie auf Muster 4 “e) dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung vergleichbar mit b)” ankreuzen und unter “4. Begründung/Sonstiges” eine Begründung eintragen. Wichtig: Diese Fahrten müssen von der Krankenkasse vorher genehmigt werden.

Brauchen Versicherte regelmäßig eine bestimmte Therapie, beispielsweise Dialyse, Bestrahlung oder Chemotherapie, kann der Transport für einen bestimmten Zeitraum pauschal verordnet werden. Die Krankenkasse genehmigt diese dann ebenfalls pauschal für einen Zeitraum.

Welches Transportmittel?

Für einfache Krankenfahrten wählen Sie Taxi oder Mietwagen, hierzu zählen auch Rollstuhl-Taxen oder Liegendtransporte.

Einen Krankentransport zur ambulanten Behandlung kann man nur bei entsprechender Begründung verordnen. Dieser muss grundsätzlich vorher zur Genehmigung eingereicht werden. Erforderlich kann ein Krankentransport beispielsweise bei Menschen mit Dekubitus, die gelagert werden müssen, oder Menschen mit schweren ansteckenden Erkrankungen etc. sein, wenn eine entsprechende fachgerechte Betreuung während des Transportes angezeigt ist.

Der Rettungswagen wiederum sollte die Ausnahme bei medizinischer Notwendigkeit bleiben, da hier hohe Kosten entstehen. Es handelt sich, wie der Name schon sagt, um ein Rettungsmittel, also eine Maßnahme des Rettungsdienstes für medizinische Notfälle.

Übrigens können Versicherte auch die Erstattung von Kosten für Fahrten mit dem privaten PKW oder ÖPNV beantragen, dies geschieht jedoch formlos und ohne Verordnung.

Die Zuzahlung für alle Fahrten beträgt unabhängig vom Beförderungsmittel zehn Prozent, mindestens fünf Euro, maximal zehn Euro pro Fahrt, übrigens auch für Kinder und Jugendliche.

Verordnung bald per Video

Übrigens: In Zukunft kann ein Krankentransport von der Praxis unmittelbar persönlich bekannten Personen per Video verschrieben werden – sofern die anderen (medizinischen) Voraussetzungen (s.o.) auch per Video zu beurteilen sind. Ist letzteres nicht der Fall, muss dies persönlich in der Praxis festgestellt werden. Das hat der G-BA Mitte September entschieden, nun prüft das Gesundheitsministerium noch den Beschluss.

Darüber hinaus soll laut G-BA auch eine Verordnung nach Telefonat erlaubt werden, sofern der Praxis alle Voraussetzungen bereits durch vorherige Praxisbesuche oder Videosprechstunden bekannt sind. Versicherte haben jedoch keinen Rechtsanspruch auf eine Video- oder telefonische Verordnung, stellt der G-BA klar.

Quellen:

  1. www.g-ba.de/downloads/62-492-3417/KT-RL_2024-01-18_iK-2024-03-29.pdf
  2. www.kbv.de/media/sp/Praxisinformation_Krankenbefoerderung.pdf
  3. www.kbv.de/html/krankentransport.php
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