Mit dem Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist auch der Vertragsarztsitz für einen ganz bestimmten Standort festzulegen, wie sich aus Paragraf 18 Abs. 2 S. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ergibt. Die Zulassung erfolgt dann für den Ort der Niederlassung als Arzt (Paragraf 24 Abs. 1 Ärzte-ZV). An diesem Standort erbringt der Vertragsarzt seinen Versorgungsauftrag und hält seine Sprechstunden ab.
Doch gemäß Paragraf 24 Abs. 3 der Ärzte-ZV ist es dem Vertragsarzt auch gestattet, an weiteren Standorten, in sogenannten Zweigpraxen, tätig zu werden und dort ebenfalls vertragsärztliche Tätigkeit zu erbringen. Dies ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und – nach den Vorschriften der Berufsordnung – lediglich an zwei weiteren Orten neben dem Vertragsarztsitz möglich.
Fallstrick 1: Genehmigung ist streng personengebunden
Die Tätigkeit an einem weiteren Standort ist vor Aufnahme der dortigen Tätigkeit bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu beantragen und in unterschiedlichen Konstellationen möglich: Es könnten beispielsweise alle Gesellschafter der BAG einen sogenannten Zweigpraxisantrag stellen, aber auch nur ein einzelner von ihnen. Auch können solche Anträge für angestellte Ärzte einer Praxis gestellt werden. Zu beachten ist jedoch, dass bei Erteilung einer solchen Zweigpraxisgenehmigung diese streng personenbezogen ist. Wenn im genannten Beispiel der Antrag also nur für Arzt A. gestellt und auch genehmigt wird, gilt dies nicht auch für die Mitgesellschafter.
Fallstrick 2: Versorgung muss “verbessert” werden – aber wie?
Für die Prüfung eines solchen Zweigpraxisantrags ist Paragraf 24 Abs. 3 S. 1 der Ärzte-ZV maßgeblich, der wie folgt lautet: “Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit
1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird; geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden.”
Sichergestellt werden muss also einerseits, dass die bisherige Versorgung am Vertragsarztsitz nicht wesentlich eingeschränkt wird, was häufig nur möglich ist, indem die geplanten Stunden für die Tätigkeit in der Zweigpraxis zusätzlich zu der Tätigkeit am Vertragsarztsitz erfolgen.
Ferner muss am Ort der Zweigpraxis eine Versorgungsverbesserung erreicht werden, sei es durch das fachlich-qualitative Angebot, die räumliche Erreichbarkeit oder in quantitativer Hinsicht, beispielsweise durch das Angebot von Abendsprechstunden. Es gibt jedoch keine Verpflichtung, dass eine bestimmte Anzahl an Sprechstunden in der Zweigpraxis erbracht werden müsse, vielmehr gilt aber der Grundsatz, dass die Tätigkeit am Vertragsarztsitz gegenüber Tätigkeiten an weiteren Standorten zeitlich überwiegen muss.
Cave: Sonderfall Bestandspraxen
Die Problematik der Versorgungsverbesserung am Ort der Zweigpraxis stellte sich in der Vergangenheit häufig bei Fallkonstellationen mit sogenannten “Bestandspraxen”: Ein Vertragsarzt führt ein Ausschreibungs- und Nachbesetzungsverfahren durch und der in der näheren Umgebung bereits als Vertragsarzt tätige Kollege will diese Praxis übernehmen und sie am bisherigen Standort mit einem bei ihm angestellten Arzt fortführen. Hier stellt sich dann mitunter die Frage, worin eine Versorgungsverbesserung bestehen soll. Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist jedoch ein neuer Satz 3 in Paragraf 24 Abs. 2 Ärzte-ZV aufgenommen worden: “Eine Verbesserung der Versorgung nach Satz 1 Nummer 1 kann auch darin bestehen, dass eine bestehende Praxis am ursprünglichen Vertragsarztsitz als Zweigpraxis weitergeführt wird.”
Fallstrick 3: Zweigpraxis kann nicht mehr verlegt werden
Im Falle der Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung erhält der Genehmigungsinhaber eine Nebenbetriebsstättennummer, mit der die in der Zweigpraxis erbrachten Leistungen gekennzeichnet werden müssen. Spätestens binnen sechs Monaten nach Erteilung der Genehmigung muss die Tätigkeit in der Zweigpraxis auch aufgenommen werden. Ferner ist auch die Zweigpraxis mit einem Praxisschild zu versehen, auf dem die Sprechzeiten anzukündigen sind. Die Verlegung einer Zweigpraxis ist nicht möglich, es handelt sich dann vielmehr um einen Neuantrag und auch bei der Verlegung des Vertragsarztsitzes ist die Zweigpraxisgenehmigung neu zu beantragen, da die Genehmigung an den Ort des Vertragsarztsitzes gebunden ist.
Praxistipp
Etwas anderes als eine Zweigpraxis sind ausgelagerte Praxisräume, welche gemäß Paragraf 24 Abs. 5 Ärzte-ZV nicht genehmigungs-, sondern lediglich anzeigepflichtig sind. Hierbei müssen die Räume jedoch in “unmittelbarer räumlicher Nähe” zum Vertragsarztsitz liegen; in den Räumen ist das Abhalten von Sprechstunden unzulässig. Vielmehr muss der Erstkontakt mit dem Patienten am Vertragsarztsitz erfolgen und die ausgelagerten Praxisräume dienen lediglich der Erbringung einzelner spezieller Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden.