Herr D. konsultiert seine Hausärztin wegen wiederkehrender Gelenkbeschwerden (s. Kasuistik). Um eine rheumatische Erkrankung auszuschließen, prüft sie auch einige Laborwerte.
EBM
Die Abrechnung beim GKV-Patienten erfolgt zunächst mit der altersentsprechenden Versichertenpauschale (GOP 03004, 157 Punkte). Dabei muss die Praxis lediglich die GOP 03000 eingeben, die altersentsprechende Zuordnung erfolgt automatisch über das Geburtsdatum. Da immer wieder Nachfragen aus den Praxen kommen, vielleicht auch durch neue Mitarbeiterinnen: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) setzt die weiteren Pauschalen (GOP 03040, 03060, 03061 und 32001) automatisch jedem Behandlungsfall zu, sofern man eine Versichertenpauschale abrechnet und keine anderen Ausschlüsse bestehen.
Das Basislabor bezieht die Hausärztin über die Laborgemeinschaft, das Speziallabor überweist sie an einen Laborfacharzt. Urin und CRP bestimmt sie in der Praxis. Nach Abschluss der Diagnostik spricht die Ärztin mit dem Patienten über das weitere Vorgehen (GOP 03230, 90 Punkte).
GOÄ
Bei Abrechnung nach GOÄ bietet sich bei der angeführten Problematik neben der Beratung (Nr. 1) eine Ganzkörperuntersuchung an (Nr. 8), die die Ärztin bei entsprechender medizinischer Indikation auch mehrfach im Behandlungsfall neben der Nr. 1 abrechnen darf. Die Blutabnahme wird mit der Nr. 250 (40 Punkte) in Rechnung gestellt. Die Untersuchung der BKS erfolgt in der Praxis und wird mit der Nr. 3501 (60 Punkte) berechnet, die CRP-Bestimmung mit der Nr. 3524 (100 Punkte). Die anderen Laboranalysen übernimmt eine Laborgemeinschaft oder ein Laborarzt.
HZV
Hat sich Herr D. entschieden, an einem Vertrag zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) teilzunehmen, spielen die Quartalspauschalen die vorwiegende Rolle. Diese sind jedoch nicht in allen Verträgen gleich. Als Beispiel nehmen wir die Verträge im KV-Bereich Bremen: Immer gibt es im ersten Versichertenquartal eine Grundpauschale, bei den BKKen 66 Euro, bei den EK 60 Euro, bei der IKK classic 60 Euro sowie bei der TK eine Pauschale von 95 Euro für das erste Versichertenhalbjahr. Lediglich bei der HKK Bremen darf man zusätzlich zur kontaktunabhängigen Pauschale (P1: 30 Euro) auch die kontaktabhängige Pauschale (P2: 35 Euro) im ersten Quartal abrechnen. Wie steht es in den HZV-Verträgen um die Laborvergütung?
Schwerpunkt: HZV und Laborabrechnung
Grundsätzlich listen die Ziffernkränze der Verträge auf, welche Laborleistungen die Pauschale bereits enthält. Dazu gehören in der Regel die Leistungen des EBM-Abschnitts 32.2 bis zur GOP 32128. Aber auch andere Variationen sind möglich, wie beim AOK-Vertrag in Bayern: Hier enthält die Pauschale nur die Leistungen des Präsenzlabors, alle anderen Laborleistungen rechnet man über die KV ab. Studieren Sie die Abrechnungsvorschriften der Verträge, an denen Sie teilnehmen, genau. Viele Landeshausärzteverbände stellen hierzu praktische Übersichten zur Verfügung.
Seit 1. April gilt die Laborreform (s. "Der Hausarzt" 7, 8). Auch die Fälle aus Selektivverträgen wie der HZV sind in die Zählung für den arztpraxisspezifischen Fallwert und den Wirtschaftlichkeitsbonus (GOP 32001) einzubeziehen (s. Kasten). Damit Ihnen kein HZV-Fall für die Zählung bei der KV verloren geht, können Sie beim ersten Quartalskontakt neben dem HZV-Fall zeitgleich einen KV-Fall mit der Zusatznummer 88192 anlegen. Auch in diesen Fällen sind dann die Ausnahmekennziffern auf dem KV-Schein einzutragen.
EBM Abschnitt 32.1, Nr. 3
Zusätzlich relevant für die Fallzählung gemäß Nr. 2 (erg.: arztpraxisspezifischer Fallwert) ist die Anzahl selektivvertraglicher Fälle im Quartal bei Ärzten, die an einem Selektivvertrag teilnehmen, sofern gemäß diesem Vertrag die Leistungen der Abschnitte 32.2 und/oder 32.3 weiter als kollektivvertragliche Leistungen gemäß Paragraf 73 SGB V veranlasst oder abgerechnet werden und in diesen Fällen keine Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale berechnet wird. Der Nachweis aller selektivvertraglichen Fälle im Quartal erfolgt gegenüber der KV anhand der kodierten Zusatznummer 88192 ggf. unter Angabe einer Kennnummer gemäß Nr. 6 (erg.: Liste der Kennnummern).
Kasuistik
Anamnese: Der 55-jährige Herr Dicken sucht seine Hausärztin auf, weil er in den letzten fünf bis sechs Monaten immer wieder Gelenkschmerzen an unterschiedlichen Gelenken spürte. Die Dauer der Beschwerden variiert von drei Tagen bis drei Wochen. Auf Nachfrage: keine Überwärmung. Keine Vorerkrankungen, außer in der Jugend häufige Mandelentzündungen. Keine Op, keine sportliche Betätigung. In der Familie fraglich Rheuma bei beiden Großeltern väterlicherseits.
Befund: 55-jähriger Mann in gutem AEZ. Rachen reizlos, Tonsillen vergrößert, nicht gerötet, keine peripheren Lymphome. Herz, Lunge und Abdomen klinisch unauffällig. RR 140/75 mmHg, HF 84/min. Periphere Gelenke aktuell reizlos, keine Ergussbildung, keine Rötung, keine Hyperthermie. Beweglichkeit in allen Richtungen altersentsprechend normal. Insgesamt angespannter Muskeltonus, vor allem auch im Rückenbereich.
Labor: Keine akuten Entzündungszeichen, CRP, BKS und weißes Blutbild sind im Normbereich. Keine Anämie; Leber- und Nierenwerte sowie Urin ebenfalls unauffällig. Zur Sicherheit lässt die Hausärztin den Rheumafaktor, CCP-Antikörper und wegen der früher durchgemachten Tonsillitiden einen ASL-Titer bestimmen: auch hier keine Auffälligkeiten. Röntgenuntersuchung beider Hände: diskrete Arthrosezeichen in den Grundgelenken D2 und 4 rechts.
Diagnose: Aufgrund der Vorgeschichte und der erhobenen Befunde lässt sich eine rheumatische Erkrankung weitgehend ausschließen. Die Symptomatik führt der Hausarzt auf mangelnde Bewegung zurück und empfiehlt dem Patienten, sich in Zukunft mehr zu bewegen und Sport zu treiben.
Quellen: hausarzt.link/f8zTh(EBM); hausarzt.link/eNZRR(GOÄ); hausarzt.link/01BC2(HZV); www.aerzteblatt.de/archiv/inhalt?heftid=6116