© 4x6 - stock.adobe.com Hinter den "Rauchenden Köpfen" stecken vier Praxiserfahrene, die sich dafür einsetzen, die Bürokratie im Praxisalltag zu minimieren: Dr. Sabine Frohnes, Dr. Christoph Claus, Timo Schumacher und Moritz Eckert.
Hier sollte man unbedingt darauf achten, ob die Bescheinigung für das ganze Quartal gilt, denn manchmal werden solche Nachweise nur für eine kürzere Zeit ausgestellt. Alternativ kann man von Versicherten einen Abrechnungsschein (Muster 5) unterschreiben lassen: Wir raten hiervon aber ab, da Menschen immer wieder unterschreiben, bei der bisherigen Kasse noch versichert zu sein, obwohl dies nicht mehr stimmt. Leistungen werden dann nicht vergütet.
Um die 03000 abzurechnen, muss außerdem eine Diagnose eingegeben werden. Üblicherweise muss dies eine “kurative” Diagnose sein, in manchen KVen genügt eine “präventive” Diagnose oder eine Zustandsbeschreibung (ICD-Kode beginnt mit Z). Die Diagnose darf als “gesichert”, “ausgeschlossen”, “Verdacht auf” oder “Zustand nach” angegeben werden.
Merke: Es empfiehlt sich daher in den entsprechenden KVen, wenn man zum Beispiel vor der Applikation einer Impfung vorher einen akuten fieberhaften Infekt ausschließt und diesen als z.B. J06.9A (Ausschluss eines grippalen Infektes) kodiert.
Die KV setzt zur 03000 noch Ziffern automatisch zu: Besonders relevant ist die Vorhaltepauschale 03040 (16,47 Euro), die nur bei speziellen Behandlungsfällen nicht anfällt, etwa wenn schmerztherapeutische Ziffern abgerechnet wurden. Außerdem gibt es noch die VERAH-Zuschläge 03060 (2,63 Euro) und 03061 (1,43 Euro), sofern in der Praxis eine VERAH beschäftigt und dies bei der KV gemeldet wird.
2. Chroniker-Ziffern
Ebenso häufig und wichtig sind die “Chroniker-Ziffern”, also 03220 (15,51 Euro) beim ersten und 03221 (4,77 Euro) beim zweiten Arzt-Kontakt chronisch Kranker im Quartal. Diese Ziffern können nach der 4-3-2-1-Regel angesetzt werden: Der Patient muss von den letzten 4 Quartalen (inkl. dem aktuellen) mindestens in 3 Quartalen in dieser Praxis einen Behandlungsfall gehabt haben, es muss also in drei Quartalen eine Leistung abgerechnet worden sein.
In mindestens zwei Quartalen davon muss es zu einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt (erkennbar an der Grundpauschale 03000) gekommen sein, und das ganze muss wegen einer chronischen Erkrankung stattgefunden haben.
Das heißt, die Diagnose muss entsprechend lang bestehen und in jedem betreffenden Quartal übermittelt werden.
Chroniker-Regel
4 – Quartale
3 – Quartale mit Praxiskontakt
2 – Quartale mit 03000 EBM (eins ggf. Video)
1 – Erkrankung (die gleiche!)
Wichtig: Achten Sie daher unbedingt darauf, chronische Erkrankungen als Dauerdiagnosen zu hinterlegen, so dass diese jedes Quartal an die KV übermittelt werden.
Sonderfall: Eines der beiden Quartale mit dem persönlichen Kontakt darf auch lediglich per Video stattfinden (also Abrechnung 03000 mit dem Zusatz 88220). Dann darf zwar im entsprechenden Quartal keine Chroniker-Ziffer abgerechnet werden, da hierfür ein Videokontakt nicht ausreicht, jedoch bleibt der Chroniker-Status für die Folge-Quartale erhalten.
Ein weiterer Sonderfall sind Menschen, die vorher in einer anderen Praxis behandelt wurden. Sofern die 4-3-2-1 Regel in der vorherigen Praxis erfüllt wurde (Versicherte fragen!), kann die 03220/03221 angesetzt werden, mit dem Zusatz “H” für Hausarzt- wechsel. KV-spezifisch sind die Regelungen, ob das “H” nur im ersten Quartal angesetzt werden muss oder über mehrere Quartale, hier fragen Sie ggf. Ihre eigene KV.
Auch zu den Chroniker-Ziffern gibt es einen Zusatz, den die KV automatisch ergänzt, nämlich die 03222 – dies ist ein Zuschlag für den bundeseinheitlichen Medikationsplan (1,19 Euro pro Quartal). Die hierfür verfügbare Ziffer 01630 schließt sich im Behandlungsfall mit der Chroniker-Ziffer aus, das macht aber nichts, denn der Wert wird automatisch über die 03222 ergänzt, Sie müssen dafür nichts zusätzlich tun.
Zu beachten ist noch, dass sich die erste Chroniker-Ziffer, 03220, mit den Palliativ-Ziffern ausschließt, zumindest im gleichen Kontakt. Tipp: Wägen Sie also ab, wann Sie welche Ziffer ansetzen.
3. Geriatrie
Die meisten hausärztlichen Praxen betreuen viele ältere Menschen. Der teilweise höhere Betreuungsaufwand kann über die Geriatrie-Ziffern 03360 (13,49 Euro) und 03362 (20,76 Euro) abgebildet werden. Hierbei steht die 03360 für die geriatrische Basisdiagnostik und kann zweimal im Jahr abgerechnet werden (nicht mehr als einmal im Quartal).
Erforderlich ist hier ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt; wichtig: Eine MFA oder VERAH kann im Hausbesuch zwar die Diagnostik vorbereiten, abgerechnet werden kann die Diagnostik jedoch erst beim Arzt-Patienten-Kontakt. Außerdem soll man Funktionseinschränkungen erheben und überwachen − dies tun wir hausärztlich in der Regel sowieso.
Mittels standardisierter Testverfahren müssen die Selbstversorgungsfähigkeiten und die Mobilität sowie Sturzgefahr überprüft werden. Der EBM nennt Beispiele für Testverfahren, die am häufigsten verwendeten sind vermutlich der Barthel-Index für die Selbstversorgung und der Timed-Up-and-Go-Test für Mobilität und Sturzgefahr.
Beispiele für geriatrietypische Diagnosen
E87.8 Sonstige Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes
F00-03, F06.7 Demenz und leichte kognitive Störungen
F05.- Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt
F32.-, F34. Depressive Episoden und anhaltende affektive Störungen
F41.- Andere Angststörung
H53.-, H54.- Sehstörung, Blindheit und Sehbeeinträchtigung
H90.- Hörverlust durch Schalleitungs- oder Schallempfindungsstörungen
L89.- Dekubitalgeschwür und Druckzone
L97 Ulcus cruris
M62.5- Muskelschwund und -atrophie (Sarkopenie)
R13 Dysphagie
R20.- Sensibilitätsstörungen der Haut
R26.3 Immobilität (Angewiesensein auf (Kranken) Stuhl, Bettlägerigkeit)
R29.6 Sturzneigung
R32 Harninkontinenz
R42 Schwindel und Taumel
R52.1 Chronischer unbeeinflussbarer Schmerz
R52.2 Sonstiger chronischer Schmerz
•R54 Senilität (Frailty-Syndrom)
•R63.6 Fehl- und Mangelernährung
Quelle: KBV
Übrigens wird häufig missverstanden, dass auch kognitive und andere Funktionseinschränkungen mittels Testverfahren untersucht werden müssen. Dies ist nicht zwingend vorgeschrieben − nur für die Selbstversorgungs- fähigkeiten und die Mobilität/Sturzgefahr.
Sofern ein geriatrisches Basisassessment im aktuellen oder den letzten drei Quartalen abgerechnet wurde, kann die geriatrische Betreuung jedes Quartal nach 03362 angesetzt werden, sofern eine geriatrietypische Diagnose (s. Box) vorliegt und zwei Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal stattgefunden haben. Obligater Leistungsinhalt sind zudem die medizinische Betreuung geriatrischer Erkrankungen sowie die Überprüfung der Medikation.
Auch die Geriatrie-Ziffern schließen sich im gleichen Kontakt mit den Palliativziffern aus, nicht jedoch mit den Chroniker-Ziffern.
4. Gespräche
Das typische hausärztliche Gespräch mit einer Dauer von mindestens 10 Minuten wird nach der Ziffer 03230 abgerechnet (15,28 Euro). Diese Ziffer wird nur bis zur Hälfte der Fallzahl bezahlt. Rechnet man mehr als diese ab, so wird jede einzelne Ziffer weniger wert, zählt aber mit ganzer Länge in das Zeitprofil der Praxis.
Eine Praxis mit 1.000 Scheinen sollte also die Ziffer im Quartal möglichst genau 500 Mal abrechnen. Hierbei ist es egal, ob dies mehrmals beim gleichen oder jeweils bei verschiedenen Personen einmal passiert.
Es sind für die 03230 keine bestimmten Diagnosen erforderlich, anders als beispielsweise bei der GOÄ-Ziffer 34, die eine lebensverändernde Diagnose voraussetzt. Lediglich ein mindestens zehnminütiges Gespräch aufgrund einer Erkrankung ist notwendig. Bei längeren Gesprächen könnte man die Ziffer sogar mehrfach im gleichen Kontakt abrechnen, einmal je vollendeter 10 Minuten.
Sofern die Abrechnungsgenehmigung für die psychosomatische Grundversorgung vorliegt, können diagnostische und therapeutische Gespräche aufgrund von psychosomatischen Beschwerden auch nach den Ziffern 35100 und 35110 abgerechnet werden (je 23,03 Euro). Hier muss das Gespräch mindestens 15 Minuten gedauert haben. Die 35100 ist keine Voraussetzung für die 35110, auch wenn dies viele denken.
Es muss jedoch eine passende Diagnose kodiert werden, was genau hier verlangt wird, unterscheidet sich leider wieder von KV zu KV. In manchen KVen werden Diagnosen aus dem “F-Kapitel” des ICD verlangt, in anderen reicht der ätiologische Zusammenhang, den man zum Beispiel auch mit Angabe einer R- oder Z-Diagnose verdeutlichen kann.
Dies ist insofern relevant, da F-Diagnosen unter Umständen für die Betroffenen bei späteren Versicherungsanträgen, Verbeamtung etc. schädlich sein könnten. Ein Gespräch über die Bauchschmerzen nach einer Trennung bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass eine schwerwiegende psychische Erkrankung vorliegt.
Hier wäre unserer Ansicht nach das Ansetzen der Diagnosen R10.4 (Bauchschmerzen) und Z65 (Kontaktanlass mit Bezug auf psychosoziale Umstände) angemessen.
In jedem Fall reicht es jedoch bei der 35100 aus, eine Verdachtsdiagnose anzugeben, erst bei der 35110 fordern manche KVen eine gesicherte “Psycho”-Diagnose. Den psychosomatischen Inhalt des Gespräches sollte man in der Kartei dokumentieren, da es manchmal zu Nachfragen seitens der KV kommen kann, zumal wenn man die Ziffer ungewöhnlich häufig angesetzt hat.
In Niedersachsen sieht die KV erfahrungsgemäß ein Verhältnis von 1:10 der 35100 zur 35110 als normal an. Tipp: Man sollte nie zu sprunghaft ansteigen und immer aufs Zeitbudget achten.