In der Regel sind Praxisinhaber selbst Ärztinnen oder Ärzte; dennoch braucht jede Praxis eine Betriebsärztin oder Betriebsarzt, sofern es Beschäftigte gibt.
Das stellen die Allgemeinmedizinerinnen Dr. Tanja Goldbrunner und Dr. Katharina Kluge-von Laer beim Werkzeugkasten-Seminar “How not to go to prison” anlässlich der practica Ende Oktober in Bad Orb klar. Der Grund: Arbeitgeber dürfen Vorsorgeuntersuchungen für ihr Personal nicht selbst übernehmen!
Tanja Goldbrunner ist nicht nur hausärztlich, sondern auch als Betriebsärztin tätig. Aus ihrer Erfahrung erzählt sie: “Für Mitarbeitende ist es wichtig zu wissen, dass ich als Betriebsärztin genauso an die Schweigepflicht gebunden bin. Nur unter dieser Voraussetzung können Sie mir offen von Belastungen oder Änderungswünschen berichten.”
Betriebsärzte finden
Betriebsärzte unterstützen Praxisteams bei vielen Aufgaben, etwa Gefährdungsbeurteilungen, der Gestaltung von Arbeitsplätzen oder sogar der Planung von Arbeitsabläufen. Zudem übernehmen sie die arbeitsmedizinische Vorsorge, die in der Regel alle drei Jahre stattfindet, oder helfen bei der Wiedereingliederung nach längerer Erkrankung.
Das Arbeitssicherheitsgesetz schreibt für Betriebsärzte entweder den Facharzttitel Arbeitsmedizin oder die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin vor.
Praxischefinnen und -chefs können zum Beispiel auf der Webseite des Berufsverbandes selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte eine Suchmaske nutzen, um Betriebsärzte in ihrer Nähe zu finden: www.bsafb.de.
Nach einem Kennenlernen, wird dann ein Betreuungsvertrag geschlossen. Um zu kontrollieren, ob der Vertrag alle wichtigen Punkte enthält, bietet die Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (BGW) online Checklisten an: www.hausarzt.link/KfqGE.
Betriebsarzt anmelden
Wer eine Praxis gründet, der erhält Post von der BGW. Diese schickt ein Formular, um die betriebsärztliche Betreuung anzumelden: den “Nachweisbogen BuS” (betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung). Dort ist die Zahl der Beschäftigten einzutragen, denn der Umfang der betriebsärztlichen Betreuung richtet sich danach.
“Hier zählt jede Person anteilig, je nach Arbeitszeit”, erklärt Katharina Kluge-von Laer. Demnach sind
- Beschäftigte bis zu 20 Stunden als 0,5,
- Beschäftigte 21 bis 30 Stunden als 0,75,
- Beschäftigte ab 31 Stunden als 1 zu rechnen.
Auszubildende zählen ebenso mit wie Minijobber, Arbeitgeber hingegen nicht. “Denken Sie auch an Reinigungskräfte, es sei denn Sie haben eine Putzfirma. Grundregel: Alle, die auf Ihrer Gehaltsliste stehen, zählen mit”, erklärt Goldbrunner. Eine wichtige Marke sind 10 Beschäftigte: Wer darunter bleibt, zählt als Kleinbetrieb, für die schlankere Vorgaben zum Arbeitsschutz gelten.
Regel- oder Alternativbetreuung?
Im Nachweisbogen BuS gibt es für Kleinbetriebe dann zwei Optionen:
- Regelbetreuung mit bis zu 10 Beschäftigten (Punkt 3.2) oder
- Alternativbetreuung für bis zu 50 Beschäftigte (Punkt 3.3, “Unternehmermodell”).
“Mit jeder dieser Optionen sind hausärztliche Praxen gut beim Arbeitsschutz versorgt”, fügt Goldbrunner an. Hingegen ist die Regelbetreuung für mehr als 10 Beschäftigte (Punkt 3.1) für Großbetriebe gedacht und daher sehr aufwändig.
Die Regelbetreuung für Kleinbetriebe ist schlank: “Sie wählen einen Betriebsarzt, erstellen die Gefährdungsbeurteilungen und sehen anhand dessen, was für den Arbeitsschutz zu tun ist. Aus meiner Erfahrung braucht es für Praxen meist keine Fachkraft für Arbeitssicherheit”, so die Hausärztin aus München.
Beim Unternehmermodell müssen Arbeitgeber alle fünf Jahre an einer halbtägigen Schulung teilnehmen. “Danach können Sie alles selbst machen und brauchen nur noch einen Betriebsarzt für die Vorsorgen Ihrer Beschäftigten”, erläutert Goldbrunner.
In der Regel schließt man mit der Fortbildung zusammen den Vertrag mit der nötigen Fachkraft für Arbeitssicherheit, um sicherheitstechnische Fragen zu klären.
Die “Vorsorgekartei”
Zusätzlich zum Nachweisbogen will die BGW meist den Vertrag zur betriebsärztlichen Betreuung sehen. Beim Unternehmermodell zudem den Nachweis über die Schulung.
In der Praxis sollten Chefinnen und Chefs weitere Dokumente zum Arbeitsschutz in einem Ordner ablegen (siehe Kasten unten). “Heften Sie die Impfnachweise sowie die Bescheinigung zur betriebsärztlichen Vorsorge einfach direkt in Ihrer Vorsorgekartei ab”, rät Kluge-von Laer.
Die Vorsorgebescheinigung enthält den Namen des Beschäftigten, den durchführenden Betriebsarzt oder -ärztin, Art und Datum der Vorsorge sowie den Termin der nächsten Untersuchung.
“Erstellen Sie für den nächsten Vorsorgetermin direkt eine Kalendererinnerung. Denn als Arbeitgeber müssen Sie Ihr Personal zum Termin schicken”, empfiehlt Goldbrunner abschließend.