Gewalt kann jeden treffen: egal, welches Alter, welches Geschlecht oder welche soziale Schicht, erzählt Anja Thiemann. Nicht nur bei Bekannten, auch in ihrer Praxis hat die Allgemeinmedizinerin bereits einige Fälle erlebt.
Um Betroffene besser zu unterstützen, engagiert sie sich in der AG “Gewalt in der Häuslichkeit” des Hausärzteverbands Berlin und Brandenburg und ist dem Runden Tisch Berlin beigetreten, der unter anderem eine Handlungsempfehlung für Ärztinnen und Ärzte sowie das Praxisteam erarbeitet hat.
Zusammen mit “Der Hausarzt” hat sie die Berliner Handreichung auf eine bundesweite Fassung adaptiert (siehe Link-Tipp und PDF links).
Neben einem Muster-Vorgehen in der Praxis finden sich darin Infos zu wichtigen Laboruntersuchungen, Notfallmedikamenten und Hilfsangeboten. Zudem sollte man die Regeln von Gewaltambulanzen und Rettungsstellen kennen sowie Pädiatrie-, Gynäkologie- und Urologiepraxen in der Nähe, die sich mit (sexualisierter) Gewalt auskennen und an die ggf. überwiesen werden kann.
Idealerweise spielt man im Team alle ein bis zwei Jahre durch, wie man sich bei einem Gewaltvorfall verhält, rät Thiemann, “ähnlich wie ein Notfalltraining”.
Alarmzeichen erkennen
Aus ihrer Erfahrung sollte man besonders bei vier Zeichen an Gewalt denken:
- Partner/in ist grundsätzlich bei Behandlung dabei (Ausnahme z.B. Ältere mit Demenz o.Ä.)
- Hämatome unterschiedlichen Alters am Körperstamm (“Sichtbare Körperstellen sind meist unverletzt.”)
- Hand-/Schuhförmige Verbrennungen bei Kindern oder Menschen mit geistiger Behinderung an Hand oder Fuß (“Polizei und Jugendamt einbinden, ggf. zunächst anonym.”)
- Erzählung des Unfallhergangs passt mit den Verletzungen nicht zusammen