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Praxis WissenInteressenkonflikt ist nicht Korruption

Interessenkonflikte kommen täglich im Gesundheitswesen vor. Entscheidend ist, dass das Patientenwohl das oberste Ziel bleibt.

Wer bezahlt den Referenten auf der Fortbildung? Wer hat die Leitlinie geschrieben? Wer sponsert meine Fachzeitschrift? Interessenkonflikte sind Teil des ärzt-lichen Alltags. „Interessenkonflikte unterscheiden sich grundlegend von Korruption, und sind im ärztlichen Alltag häufig unvermeidlich“, sagte der Sozialmediziner Prof. David Klemperer bei der Tagung „Betrug im Gesundheitswesen“ der Kaufmännischen Krankenkasse Anfang März in Hannover. Aber: Interessenkonflikte müssten nicht zu Fehlverhalten führen.

So seien also Interessenkonflikte nicht vermeidbar und als solche normal. Das eigentliche Problem dabei sei, dass Leistungserbringer das Wichtigste aus den Augen verlieren können. So könne das Interesse am Patientenwohl hinter dem Interesse an der Abrechnung einer bestimmten Leistung versinken. Dabei ist das Hauptinteresse immer das Patientenwohl. So steht es im Übrigen auch in der Präambel der Musterberufsordnung, betont Klemperer.

So sollte z.B. jeder Orthopäde wissen, dass bei akutem unspezifischem Rückenschmerz in den ersten vier Wochen keine bildgebenden Verfahren erfolgen sollten, so Klemperer. Die Schmerzen verschwinden bei fast allen von allein. Besser sei eine konsequente Schmerzmedikation und wenn möglich Bewegung. Dauert der Schmerz länger als acht Wochen, empfehle die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz ein multimodales Assessment. Oft nutzten die behandelnden Ärzte jedoch lieber ihre Geräte, um mehr Leistungen abrechnen zu können, statt mit dem Patienten zu entscheiden.

Zweites Beispiel: Bei stabiler KHK verringern Medikamente das Risiko für künftige Herzinfarkte und senken das Sterberisiko. Ein Stent könne zwar verbleibende Beschwerden lindern, beeinflusse aber nicht das Sterberisiko. Darum sollten diesen nur Patienten erhalten, die nach Ausschöpfung der medikamentösen Behandlung noch Schmerzen haben, mit denen sie nicht leben wollen, sagt Klemperer. Aber in seinem Enthusiasmus neigt mancher Kardiologe dazu, Stents auch zu setzen, wenn jene Bedingungen nicht gegeben sind – um Leistungen abzurechnen. Klemperer zufolge sollen Ärzte ihre Interessenkonflikte offenlegen, um ihnen nicht zu verfallen. Nur so könnte das Patientenwohl als erstes Ziel der Medizin hervortreten. So habe die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) den „Fachausschuss für Transparenz und Unabhängigkeit“ beschlossen, um Beratertätigkeiten von Kommissionsmitgliedern offenzulegen.

Oder in der Leitlinienarbeit. So empfehle die nationale Leitlinie chronische Koronare Herzkrankheit bei Stents eine Entscheidungshilfe für Patienten, so Klemperer. Im Patientengespräch für oder wider den Einsatz würden auch dem Arzt seine widerstreitenden Interessen klarer und er könne sich aus dem Konflikt aus finanziellem und Patienteninteresse lösen.

Allerdings sei es mit der Offenlegung nicht getan, sagt Hausärztin Manja Dannenberg von „ Mein Essen zahl ich selbst“ (Mezis). „Wenn Interessenkonflikte bestehen, müssen auch Konsequenzen gezogen werden.“

Antikorruptionsgesetz

Mitte April hat die Regierung das Antikorruptionsgesetz verabschiedet. Es soll im Mai in Kraft treten. Damit wird der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen ins Strafrecht unter den Paragrafen 299 a und b StGB eingefügt. Er soll für alle Mitglieder von Heilberufen mit staatlicher Ausbildung gelten. Die Regierung fordert diese Ergänzung seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus 2012, wonach niedergelassene Ärzte nicht Beauftragte von Kassen seien und deshalb de lege lata auch nicht korrumpierbar. Wer unter Heilberuflern besticht oder sich bestechen lässt, dem drohen künftig Freiheits- oder Geldstrafen.

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