Er ist Sprecher der DEGAM-Arbeitsgruppe Diabetes und Leitlinien-Mitautor, forscht an der Universität Würzburg, berät Institutionen wie IQWiG und G-BA und führt eine diabetologische Schwerpunktpraxis: Der Allgemeinmediziner Dr. Til Uebel engagiert sich auf vielfältige Weise für Menschen mit Diabetes mellitus.
Begonnen hat das alles mit seiner Promotionsarbeit zur Versorgungsforschung von Patienten mit Diabetes. “Die Arbeit ist mit einem Preis der DGIM ausgezeichnet worden, daraufhin bin ich in den Forschungs- und Leitlinienbereich reingerutscht”, erzählt Uebel.
Seit 2002 ist er als Hausarzt niedergelassen – zunächst in der Dorfpraxis Ittlingen, die heute eine Nebenbetriebsstätte der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) von Uebel und seinem Praxispartner Daniel Nittka ist.
Neben der Hauptpraxis in Kleingemünd und der Betriebsstätte in Ittlingen gehört auch eine Schulpraxis an einer Schule für behinderte Kinder dazu. Die diabetologische Schwerpunktpraxis betreiben Uebel und Nittka gemeinsam in Kleingemünd und Ittlingen.
Ein spezialisiertes Team
Was kennzeichnet eine diabetologische Schwerpunktpraxis? “Die Anforderungen in Baden-Württemberg sehen das Vorhalten von Strukturqualität vor”, erklärt Uebel. Dazu gehört ein spezialisiertes Team: Neben den Diabetologen Uebel und Nittka sind in der Praxis auch Diabetesberaterinnen angestellt, die Schulungen für die Patienten organisieren.
“Mittlerweile gibt es viele verschiedene Schulungen, unter anderem auch zu neuen Realtime-Glukose-Monitorgeräten und Pumpentherapien.” Teil der Praxis ist weiterhin eine diabetische Fußambulanz.
Wann überweisen?
“Eine Überweisung in eine diabetologische Schwerpunktpraxis macht bei komplexen Fällen Sinn”, erläutert Uebel. “Dazu zählen etwa Pumpentherapien bei Menschen mit Typ-1-Diabetes, gehäufte Hypo- und Hyperglykämien oder wenn nicht klar ist, ob der Typ-2-Diabetes, der mit Insulin zur Nacht nicht auskommt, nicht doch eine Typ-1-Genese hat.”
Für den Großteil der Fragestellungen seien Hausärzte aber perfekt ausgebildet. “Ich wünsche mir hier mehr Mut von den Hausärzten. Statt gleich in eine Schwerpunktpraxis zu überweisen, könnten sie problemlos selbst mit einer Insulintherapie beginnen. In Schwerpunktpraxen findet oft eine intensivierte Insulintherapie und Beratung statt, obwohl wenige Einheiten NPH-Insulin zur Nacht eigentlich ausreichen würden und auch nur ein geringer Schulungsbedarf besteht.”
Richtig therapieren
Bei der Insulintherapie gebe es in Deutschland ein Nebeneinander von Unter- und Überversorgung, so Uebel – dies gelte es gleichermaßen zu vermeiden. “Einerseits sehen wir Patienten mit HbA1c-Werten über 10 Prozent, die kein Insulin bekommen, anderseits aber auch Menschen mit Typ-2-Diabetes, die ein eigentlich nicht induziertes Langzeitinsulin erhalten”.
Äußerst problematisch ist aus seiner Sicht auch der Hype um Gliflozine und GLP-1- Analoga. “Hier handelt es sich um ganz wichtige Neuerungen in der Diabetologie, die für einen kleinen Teil der Patienten tatsächlich Vorteile haben. Durch die verrückte Reklame insbesondere in den sozialen Medien bekommen die wenigen Patienten, die eine Indikation für GLP-1-Analoga haben, aber plötzlich ihre Medikamente nicht mehr. Umgekehrt werden häufig GLP-1-Analoga eingesetzt, obwohl Glibenclamid oder Glimepirid genutzt werden könnten.”
Dabei müsse das GLP-1-Analogon aufwendig gespritzt werden, zudem seien die Langzeitwirkungen noch nicht gut untersucht. “Zu den Nebenwirkungen zählen zum Beispiel Oberbauchschmerzen. Es gibt auch schon erste Warnhinweise, die etwa eine Verschlechterung der Augenfunktion betreffen.”
Uebel setzt GLP-1-Analoga vor allem dann ein, wenn er Insulin vermeiden will und das mit anderen Optionen nicht machbar ist. Ganz selten auch bei Adipositas, um bariatrische Operationen zu verhindern. “Es gibt Menschen, die unter Insulin massiv zunehmen, die profitieren sicherlich von GLP-1-Analoga. Aber der unkritische Umgang mit dem Thema in den sozialen Medien ist ein echtes Problem.”