PraxishilfeBrustschmerz: Welche Diagnostik ist angezeigt?

Bei Patienten mit Brustschmerzen kommen neben einer koronaren Herzkrankheit viele alternative Ursachen in Betracht – und damit auch verschiedene Untersuchungen. Nicht alle sind bei jedem Patienten sinnvoll. Eine neue Praxishilfe unterstützt bei der Entscheidung.

Morphologische Verfahren wie die CT-Koronarangiografie können bei negativem Befund eine KHK sehr sicher ausschließen.

Bei acht bis elf Prozent der Personen, die eine Hausarztpraxis mit dem Beratungsanlass Brustschmerz aufsuchen, ist eine chronische KHK die Ursache der Beschwerden. “Die Wahrscheinlichkeit für eine KHK können Sie in der Hausarztpraxis mittels Marburger Herz Score abschätzen” (siehe Tab.1 und Praxishilfe), erinnerte Dr. Til Uebel aus Neckargemünd/Ittlingen bei der practica 2023 in Bad Orb.

“Wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dann gehen Sie erst einmal die anderen möglichen Ursachen durch. Nur wenn die Wahrscheinlichkeit mittel oder hoch ist, dann kommt weitere Diagnostik ins Spiel”, erklärte Uebel.

“Wenn ein Hausarzt den Marburger Herz-Score betrachtet, mag er sich vielleicht fragen: Wo ist da der Risikofaktor Rauchen? Oder die Risikofaktoren Hypertonie und Cholesterin? Man muss wissen, dass es einen Unterschied macht, ob man das 10-Jahres-Risiko für eine KHK per arriba-Rechner ermittelt oder im akuten Fall die Frage beantworten muss, ob der Patient eine KHK hat oder nicht.”

Die klassischen Risikofaktoren spielten bei der Fragestellung, ob aktuelle Beschwerden eine chronische (stabile) KHK wahrscheinlich machen, eine eher untergeordnete Rolle.

Vortestwahrscheinlichkeit klären

Ergeben sich im Marburger Herz-Score mittlere oder hohe Wahrscheinlichkeiten für eine KHK, folgt zunächst eine Basisdiagnostik mit Ruhe-EKG mit zwölf Ableitungen und weitere Tests, die die Vortestwahrscheinlichkeit klären. Uebel verwies in diesem Zusammenhang auf die NVL Chronische KHK (www.hausarzt.link/EahuY): Darin wird ein Berechnungsmodell genannt, das die Vortestwahrscheinlichkeiten für eine KHK in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Symptomatik für den stationären und ambulant-kardiologischen Bereich berechnet (s. Tab.2 unten und Praxishilfe).

Ausschlaggebend sind demnach drei Beschwerdekomplexe:

  • einengende Beschwerden, die entweder retrosternal oder im Nacken, Schulter, Kiefer oder Arm lokalisiert sind,
  • verstärkt durch körperliche Belastung oder emotionalen Stress,
  • Besserung durch Ruhe und/oder Nitro innerhalb von fünf Minuten.

Eine typische Angina pectoris wird bei Zutreffen von drei Punkten definiert, eine atypische Angina pectoris bei Zutreffen von zwei Punkten und ein nicht-anginöser Brustschmerz bei Zutreffen von einem oder keinem Punkt. Daraus ergeben sich Vortestwahrscheinlichkeiten wie in Tab.2 oben dargestellt.

Keine invasive Diagnostik

Bei Patientinnen und Patienten mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit für eine stenosierende KHK von unter 15 Prozent gilt laut NVL: Keine Indikation für eine invasive Diagnostik.

Uebel: “Das gilt auch bei mittlerer Wahrscheinlichkeit (zwischen 15 und 85 Prozent, Anm. d. Red.) ohne aktuellen Ischämie-Nachweis: Keine invasive Diagnostik. Bei Patienten ohne symptomatische Indikation: Keine invasive Diagnostik. Und bei Patienten, die bereits eine invasive Koronarangiografie hatten (ohne erneute Angina pectoris und ohne Ischämienachweis in der nicht-invasiven Diagnostik oder ohne Befundänderung in der nicht-invasiven Bildgebung): Keine invasive Diagnostik!” Der Katheter komme in diesem Bereich des Algorithmus also gar nicht vor.

Bei mittleren Wahrscheinlichkeiten wird in der NVL nur eine nicht-invasive Diagnostik empfohlen. Dazu heißt es: “Die Wertigkeit der einzelnen nicht-invasiven Verfahren ist differenziert zu betrachten: Da das Belastungs-EKG eine eingeschränkte Genauigkeit aufweist, ist es zum Ausschluss einer KHK schon bei niedrig-mittleren Vortestwahrscheinlichkeiten nicht mehr geeignet.” Zumindest bei Patienten mit Wahrscheinlichkeiten im oberen mittleren Bereich werde daher die Verbindung mit einem bildgebenden Verfahren bevorzugt.

Weiter heißt es: “Morphologische Verfahren wie die CT-Koronarangiografie können bei negativem Befund eine KHK sehr sicher ausschließen, haben beim Nachweis einer Koronar-Arteriosklerose jedoch Einschränkungen in der Beurteilung bzgl. stenosierender oder nicht-stenosierender KHK.” Der Einsatz einer CT-Koronarangiografie wird daher nur bei niedrig-mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit empfohlen und sollte bei unklarem Ergebnis von einem funktionellen Test gefolgt werden.

Die funktionellen bildgebenden Verfahren (Stress-Echokardiographie, Dobutamin-Stress-MRT, Stress-Perfusions-MRT und Myokard-Perfusions-SPECT) werden in der NVL beim gesamten Spektrum der mittleren Vortestwahrscheinlichkeit als effektive Verfahren zum Nachweis einer stenosierenden KHK empfohlen (siehe Praxishilfe).

Laut Uebel passiere es mittlerweile allerdings oft, dass nach Basisdiagnostik ein Katheter-Eingriff bereits geplant ist und das Kardio-CT lediglich zusätzlich gemacht wird. “Dabei ist das Kardio-CT eigentlich dazu da, um Katheter-Eingriffe zu verhindern!”

Auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will weniger Herzkatheteruntersuchungen erreichen und hat kürzlich das Kardio-CT in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. In drei Jahren soll der Einsatz des neuen Verfahrens als Kassenleistung evaluiert werden.

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