Qualifizierte Mitarbeiter/innen für die Praxis zu finden, ist schwer. In den vergangenen Teilen unserer Serie Personalmanagement haben wir Tipps für die Rekrutierung, Einstellung und Einarbeitung von qualifizierten Mitarbeiterinnen gegeben (http://hausarzt.link/PBYt3). Doch in Zeiten des Fachkräftemangels ist es damit nicht getan. Angesichts der angespannten Personalsituation müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die vorhandenen Mitarbeiterinnen zu behalten und an die Praxis zu binden. Dies lohnt sich gleich mehrfach, denn wenn eine gute Mitarbeiterin die Praxis verlässt, geht mit ihr auch ihr Know-How verloren. Außerdem schaffen langfristige Mitarbeiterbeziehungen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und Zugehörigkeit. Und: Eine gleichwertige Kraft zu finden, ist fast unmöglich und kostet in jedem Fall viel Zeit und Geld.
Im letzten Teil unserer Serie (Der Hausarzt 16) haben wir aufgezeigt, dass dem Aufbau einer emotionalen Beziehung zu den Mitarbeiterinnen vom ersten Tag an eine hohe Bedeutung zukommt. Um in der Folgezeit Enttäuschungen und Frustrationen zu vermeiden, geht es darum, dass sich dieser positive Eindruck auch über die Einarbeitungsphase hinaus fortsetzt. Ansonsten kommt es zum Zustand der inneren Kündigung, der meist der realen Kündigung vorausgeht. Die Liste gibt Aufschluss über die häufigsten Ursachen für die innere Kündigung: Dabei wird unterschieden zwischen Faktoren auf der Seite des Arbeitnehmers und denen des Arbeitgebers (s. Liste links).
Mehr Gehalt motiviert nur kurzfristig
Welche Rolle spielen finanzielle Anreize? Können Mitarbeiterinnen durch Gehaltserhöhungen an die Praxis gebunden werden? Ein angemessenes Gehalt ist die Basis für die Zusammenarbeit und die Grundlage für das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auf dieser Grundlage darf erwartet werden, dass die Mitarbeiterinnen ihre Aufgaben zufriedenstellend erledigen. Eine Gehaltserhöhung sollte daher nur in Betracht gezogen werden, wenn die Mitarbeiterinnen eine überdurchschnittliche Arbeitsleistung zeigen.
Allerdings hat eine Lohnerhöhung für den Arbeitgeber zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge und höhere Lohnnebenkosten zur Folge. Der Arbeitnehmer seinerseits muss den höheren Lohn zusätzlich versteuern. Außerdem haben Studien gezeigt, dass eine Gehaltserhöhung die Mitarbeiterinnen nur kurzfristig motiviert. Nach zwei bis drei Monaten haben sie sich an das höhere Gehalt bereits gewöhnt, und der Effekt des Besonderen ist verpufft. Geld als Anreiz funktioniert hingegen durchaus bei Systemen, bei denen ein zusätzlicher Geld-Betrag von den Mitarbeiterinnen als Ergebnis der eigenen Anstrengung erlebt wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das gesamte Praxisteam ein vorher klar definiertes Ziel erreicht hat und dafür eine Erfolgs- oder Gewinnbeteiligung oder eine Leistungszulage bekommt.
Mögliche Gründe für die innere Kündigung:
Arbeitnehmer:
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fehlende Eignung
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Überqualifikation
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Konflikte im Team oder mit dem Chef
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mangelnde Motivation
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private Probleme
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Krankheit
Arbeitgeber:
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Über-/ Unterforderung
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mangelnde Transparenz in der Führung
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mangelnde Anerkennung
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mangelnde Kontrolle
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inadäquate Vergütung
Der Vorteil von Gutscheinen
Eine andere Möglichkeit, ein flexibles Vergütungssystem einzurichten, sind individuelle Zusatzleistungen in Form von Sachzuwendungen, die von den Mitarbeiterinnen zusätzlich zum festen Gehalt bezogen werden. Ein Beispiel hierfür sind individuelle Gutscheine aller Art wie Einkaufs- oder Tankgutscheine. Derartige Gutscheine bieten gleich zwei Vorteile:
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Es fallen keine Abzüge an, sofern sich ihr Wert innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Freigrenzen bewegt. Es profitieren steuerlich also sowohl der Arbeitgeber als auch die Mitarbeiterin.
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Die Gutscheine können in ihrer Höhe individuell angepasst und inhaltlich variabel ausgestattet werden.
Weitere Sachzuwendungen, die innerhalb der vorgegebenen Grenzen steuerfrei erfolgen können, sind Gutscheine entweder ohne persönlichen Anlass oder mit persönlichem Anlass, zum Beispiel zum Geburtstag oder bei der Geburt eines Kindes. Des Weiteren darf auch die tägliche Verpflegung einer Mitarbeiterin mit gesetzlich festgesetzten Beträgen steuerfrei bezuschusst werden, etwa in Form von Restaurantschecks.
Derartige Vergütungssysteme sind vielen Arbeitgebern noch unbekannt. Dabei sind sie wirkungsvolle Instrumente im Kampf um die besten Mitarbeiterinnen, denn sie signalisieren ihnen, dass sie wichtig sind und ihre Arbeitsleistung anerkannt wird.
Arbeitsplatz selbst gestalten
Was kann man als Praxischef außerdem tun, um die Mitarbeiterinnen zu halten? Auch die Arbeitsbedingungen tragen entscheidend dazu bei, ob die Mitarbeiterinnen ihre Aufgaben gern erledigen oder nur Dienst nach Vorschrift machen. Dies betrifft zum einen den Arbeitsplatz: Hat die Mitarbeiterin ausreichend Möglichkeit, ihre persönliche Arbeitsumgebung nach eigenem Geschmack zu gestalten? Welchen Beitrag kann der Chef leisten? Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Zu nennen ist hier beispielsweise der Bereich der Technik: Programme, die nicht richtig laufen und Instrumente oder Geräte, die nicht funktionieren, rauben Zeit und Kraft. Ein anderer Ansatzpunkt sind die Arbeitsmittel: Zu erwähnen sind hier Maßnahmen, die die Gesundheit der Mitarbeiterinnen erhalten oder fördern, wie ergonomische Computer-Bildschirme oder Bürostühle.
Gerade in der Arztpraxis, deren Kernaufgabe ja die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Patienten ist, ist es besonders wirkungsvoll, wenn der Chef signalisiert, dass ihm auch die Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen am Herzen liegt. Immer häufiger kommt es vor, dass ein Beitrag zum Fitnessstudio oder zu einer Massage gezahlt wird. Es gibt auch Dienstleister, die mit ihren Massagestühlen vor Ort in die Praxis kommen und die Mitarbeiterinnen z. B. in der Mittagspause ein paar Minuten massieren. Und auch schon ein Obstkorb im Büro ist eine Zuwendung und ein wohlmeinendes Signal an die Mitarbeiterinnen.
Familienfreundlichkeit fördern
Für Mitarbeiterinnen mit Kindern ist eine Balance zwischen Beruf und Familie von großer Bedeutung. 77 Prozent der deutschen Arbeitnehmer finden einer Studie zufolge die Familienfreundlichkeit des Arbeitgebers wichtig. Mitarbeiterinnen wollen also, dass der Arbeitgeber ihre persönlichen Werte und ihre private Lebenssituation berücksichtigt. Welchen Beitrag können Arbeitgeber hier konkret leisten?
Viele Mütter von Kindern im Krippen- oder Kindergartenalter legen Wert auf eine hochwertige Kinderbetreuungsmöglichkeit. Hier können die Mitarbeiterinnen durch die Zahlung eines Kindergartenzuschusses unterstützt werden. Ein weiterer Punkt sind familienfreundliche Arbeitszeiten. Flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen es den Mitarbeiterinnen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Hier ist zu prüfen, welche Spielräume die Praxis hat, ohne dass die Arbeitsabläufe beeinträchtigt werden. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, könnte ein späterer Arbeitsbeginn für manche Mutter eine Erleichterung sein. Auch Teilzeitmodelle können in Erwägung gezogen werden, um die Arbeitszeit – ob befristet oder unbefristet – zu reduzieren.
Weitere Maßnahmen sind zusätzliche freie Tage, die im konkreten Einzelfall gewährt werden. Hier kann mit der Mitarbeiterin abgestimmt werden, dass das Gehalt entsprechend prozentual gekürzt wird.
In vielen Praxen sind gemeinsame Feiern, zum Beispiel Weihnachtsfeier oder Betriebsausflüge, fester Programmpunkt. Auch diese Ereignisse steigern das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Identifikation der Mitarbeiterinnen mit der Praxis, spornen also dazu an, gute Arbeit zu leisten.
Fazit
Kreative Belohnungen für gute Arbeit sind im Trend, denn sie tragen nicht nur dazu bei, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, sondern dienen auch dazu, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Alle in 2016 erschienen Beiträge der Serie Personalmanagement finden Sie unter http://hausarzt.link/PBYt3