In einer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) vom 23. Juli 2018 fordert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), nicht nur die Zahl der Ärzte in der Versorgung zu erhöhen, sondern auch die wirtschaftliche Basis der ärztlichen Tätigkeit zu verbessern und damit verbunden eine Stärkung der Grundversorgung.
Letzteres erfordere die Entbudgetierung der Grund- und Versichertenpauschalen als einfachen, weniger dirigistischen und unbürokratischen Weg, um die ambulante Versorgung dauerhaft zu sichern.
Kommentar
Irgendwie scheinen die “Experten” in der KBV weder die Grundstruktur der Gebührenordnung noch die eigenen Vorgaben zur Honorarverteilung (HVM) zu kennen. Denn eine Entbudgetierung wäre nur bei den fachärztlichen Grundpauschalen ein Gewinn: Nach den HVM-Vorgaben fallen diese Leistungen unter das Regelleistungsvolumen (RLV) und werden regelhaft durch die dort ebenfalls angesiedelten technischen Leistungen verdrängt, deshalb werden diese in der Regel budgetiert gezahlt.
Anders ist es bei uns Hausärzten: Dort fällt die Versichertenpauschale zwar auch unter das Budget des RLV, ist aber deutlich niedriger bewertet als das RLV-Volumen und wird daher (schon immer) zum Orientierungspunktwert und so quasi extrabudgetär vergütet.
Werden Hausärzte “verkauft”?
Das bedeutet zunächst einmal, dass die KBV die Versichertenpauschale für Hausärzte offensichtlich ursprünglich viel zu niedrig kalkuliert hat. Unter das Honorarbudget selbst fallen im hausärztlichen Bereich wiederum die eigentlich typisch hausärztlichen Leistungen wie Hausbesuche und Gesprächsleistungen nach den Nrn. 03230 und 35100/35110 EBM. Hier müsste die KBV eine Entbudgetierung konsequent fordern. Es besteht somit erneut der Verdacht, dass unsere “Selbstverwaltung” bei den anstehenden Verhandlungen zur geplanten Weiterentwicklung des EBM die Hausärzte “verkaufen” will.
So fordert der Gesetzgeber mit dem Referentenentwurf in Paragraf 87 SGB V eine “Überprüfung und Aktualisierung des EBM bezüglich der Bewertung medizinisch-technischer Leistungen zur Nutzung von Rationalisierungsreserven zur Förderung der ,sprechenden Medizin‘ bis 30. September 2019”. Ein Konzept soll dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereits bis zum 31. März 2019 vorgelegt werden.
Dem entgegnet die KBV in ihrer Stellungnahme lapidar, dass die Vorgabe zur Konzepteinreichung ohne sachliche Rechtfertigung einen weitgehenden Eingriff in die Selbstverwaltung darstelle. Die KBV vertritt hier die Auffassung, dass die bewährten Instrumente des Leistungserbringerrechts in ihren Kompetenzen unangetastet bleiben sollten und die getroffenen Vorgaben dem Grunde nach der durch den Bewertungsausschuss derzeit diskutierten EBM-Reform entsprechen würden.
Eine Fixkostendegression technischer Leistungen, um die “sprechende Medizin” zu finanzieren, lehne man daher ab, besonders in den Bereichen, in denen bereits jetzt lange Wartezeiten existieren oder aufgrund der Erkrankungen (etwa Strahlentherapie) eine kurzfristige Behandlung erforderlich sei.
Das bedeutet im Grunde genommen, dass die KBV für die dringende Lösung des Problems bei der zuwendungsintensiven Medizin überhaupt kein Konzept hat. Sicherlich mögliche und eigentlich auch nötige Anpassungen bei der Bewertung technischer Leistungen lehnt sie ab, wohlwissend, dass die Kalkulationsgrundlage dort auf der Neuanschaffung der Geräte basiert und deshalb nicht dauerhaft gleich hoch sein kann.