1. Haushaltshilfe
Ein gesetzlicher Anspruch auf Haushaltshilfe besteht, wenn Versicherte stationär behandelt werden oder an einer Reha-Maßnahme teilnehmen, solange ein Kind im Haushalt unter 12 Jahre alt oder behindert ist. Darüber hinaus haben seit drei Jahren auch Menschen ohne Kinder Anspruch auf Hilfe im Haushalt bei
a. schwerer Krankheit und
b. akuter Verschlechterung einer Krankheit (z.B. im Anschluss an Krankenhausaufenthalt, ambulanter Operation oder ambulanter Krankenhausbehandlung).
Haushaltshilfe wird auch gewährt, soweit “wegen Schwangerschaft oder Entbindung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist.” Eine Haushaltshilfe wird gestellt, alternativ werden die Kosten für eine selbstbeschaffte Hilfe übernommen (in maximaler Höhe der Kosten einer professionellen Pflegeorganisation).
Ausgenommen sind Verwandte und Verschwägerte, jedoch wird hier ein eventueller Verdienstausfall erstattet. Hierfür gibt es kein vereinbartes Formular, jede Krankenkasse arbeitet mit einem anderen Vordruck.
Beispiel: Der Vater ist für die Kinderversorgung zuständig, die Mutter arbeitet. Der Vater erkrankt, die Mutter bleibt zuhause. Der Mutter wird das entgangene Gehalt erstattet bis zur maximalen Höhe von Pflegedienstkosten.
2. Unterstützungspflege
Auf der “Verordnung häuslicher Krankenpflege” (Muster 12) kann Unterstützungspflege verordnet werden. Hierbei handelt es sich sowohl um Grundpflege (z.B. Waschen und Kleiden) als auch um Hauswirtschaftliche Versorgung (z.B. Essen kaufen und zubereiten, Kleidung waschen und Haushalt).
Auf die Notwendigkeit von Behandlungspflege (z.B. Medikamente richten, Kompressionsstrümpfe anziehen) kommt es hier nicht an. Die Leistung wird erstattet bei akuter Erkrankung oder akuter Verschlechterung einer Erkrankung (nicht bei Pflegegrad 2-5) über 4 Wochen.
Beispiel: 83-jährige sonst gesunde Patientin mit Sturz, distale Radiusfraktur rechts eingegipst in chirurgischer Notaufnahme. Pflegedienst kann Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durchführen.
3. Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX)
Menschen sind behindert, wenn ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch Erkrankung an Körper, Geist oder Seele beeinträchtigt ist. Der Grad der Behinderung (GdB) wird in 10er-Graden bemessen (nicht in Prozenten). Jeder Erkrankung/Behinderung kann ein GdB recht leicht zugeordnet werden; hierbei hilft die Versorgungsmedizin-Verordnung, die auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales kostenfrei heruntergeladen werden kann.
In Teil B sind alle Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen aufgeführt und der diesen zugeordnete GdB.
Folgende Besonderheiten sind zu beachten:
a. Der Gesamt-GdB errechnet sich nicht aus der Summe aller Einzel-GdBs, sondern soll in der Gesamtschau den Grad der Behinderung widerspiegeln, wobei ein maximaler GdB von 100 zu erreichen ist
b. Schwerbehindert nennt man Menschen mit einem GdB von 50 und mehr. Für diese hat das Gesetz verschiedene Nachteilsausgleiche vorgesehen, z.B. Kündigungsschutz (Integrationsamt muss Kündigung zustimmen), vorzeitige Rentenberechtigung ohne Kürzung der Bezüge, fünf Tage zusätzlicher Urlaub.
c. Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten kann bei der Agentur für Arbeit beantragen, wer einen GdB 30 oder 40 hat und gleichzeitig ein berechtigtes Interesse an der Gleichstellung, z.B. weil nur so eine drohende Kündigung zu vermeiden ist oder Wiedereingliederungshilfen gezahlt werden, die sonst nur für Schwerbehinderte vorgesehen sind.
d. Merkzeichen werden Menschen mit zusätzlichen Einschränkungen zugebilligt. Besonders häufig Ursache von Widersprüchen ist das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert), das zum Parken auf entsprechend gekennzeichneten Parkplätzen berechtigt.
Es wird zugebilligt, sobald Gehen dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großen Anstrengungen außerhalb des Kraftfahrzeuges möglich ist. Praktisch bedeutet dies Rollstuhlfahrer oder Menschen, die auch z.B. mit Rollator nicht mehr als 20 Meter gehen können.
4. Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII)
In der gesetzlichen Unfallversicherung sind alle Arbeitnehmer während der Arbeit und auf dem Weg dorthin und zurück versichert, zusätzlich Schüler, Studenten, Kindergartenkinder, Nothelfer u.a.. Für Beamte gilt dies nicht, hier sind Unfälle während der Arbeit als “normale” Unfälle zu behandeln.
Hausärzte dürfen die “allgemeine Heilbehandlung” durchführen, die keine besonderen apparativen oder räumlichen Besonderheiten erfordern und auch keine speziellen chirurgischen Kenntnisse. Alles andere ist die “besondere Heilbehandlung”, die IMMER vorliegt, sobald ein Patient wegen eines Arbeitsunfalls stationär behandelt wurde. Die Nachbehandlung hat dann immer durch einen D-Arzt zu erfolgen.
Neu ist, dass nun IMMER ein Unfallbericht erstellt werden muss, wenn der Patient frisch vom Unfall kommt, auch wenn er dann an den D-Arzt weiterüberwiesen wird. Der Unfallbericht ist binnen eines Werktages zu erstellen.
5. Erwerbsminderung (SGB VI)
Während sich die Arbeitsunfähigkeit immer auf den jetzigen Zustand unter Berücksichtigung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit bezieht, kommt es bei der Erwerbsfähigkeit auf einen Dauerzustand (d.h. auf einen Zustand, der über mindestens sechs Monate so bleiben wird) an, im Hinblick auf die ALLGEMEINE Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Daraus ergeben sich folgende Definitionen:
Es ist somit gleichgültig, welchen Beruf jemand ausübt. Für die Erwerbsfähigkeit ist der allgemeine Arbeitsmarkt ausschlaggebend; hierunter sind Tätigkeiten zu verstehen wie in der Parkhausüberwachung oder als Museumswärter; dabei ist es unerheblich, ob eine solche Stelle tatsächlich aktuell angeboten wird.
Lediglich für Menschen, die vor 1961 geboren sind, kann noch der erlernte bzw. ausgeübte Beruf als Grundlage herangezogen werden und Berufsunfähigkeit bestehen, sollte im entsprechenden Beruf weniger als sechs Stunden gearbeitet werden können.
Eine medizinische oder auch berufliche Rehabilitationsmaßnahme wird von der Rentenversicherung bezahlt, wenn die Erwerbsfähigkeit gefährdet ist, d.h. wenn in den nächsten sechs Monaten wahrscheinlich Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit eintreten würde oder eine fast durchgehende Arbeitsunfähigkeit zu befürchten ist. Ist die Erwerbsfähigkeit nicht mehr zu bessern, wird der Reha-Antrag von der Rentenversicherung in einen Rentenantrag “umgedeutet”.
Dabei ist der Versicherte immer “Herr des Verfahrens”, d.h. er kann den Antrag auf eine Leistung wieder zurückziehen oder eine bewilligte Leistung nicht antreten (Reha oder Rente), wenn er es sich anders überlegt hat. Allerdings ist er nicht mehr Herr des Verfahrens, wenn er zu solchen Anträgen aufgefordert wurde, beispielsweise:
a. Von der Krankenkasse nach §51,1 SGB V. Er muss z.B. eine Reha binnen zehn Wochen beantragen, ansonsten wird Krankengeld gestrichen und muss eine gewährte Reha auch antreten, ob er will oder nicht.
b. Von der Agentur für Arbeit nach §135 SGB III. Ein Antrag auf Reha muss binnen eines Monats gestellt werden, ansonsten verfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld.
c. Ähnliches gilt bei Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) nach § 5,3 SGB II.
Fazit
- Auch wenn die Sozialmedizin als trockenes Fach daherkommt, hat sie doch für die tägliche Arbeit in der Praxis eine große Bedeutung.
- Die Kenntnis von Richtlinien und Gesetzen kann das Arbeiten erleichtern und im Kontakt mit Kassen und Versicherungen den Rücken stärken – auch im Sinne des Patienten.
Literatur beim Verfasser.
Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.