Gesundheits-Apps erleben derzeit einen regelrechten Boom. Eine mehrteilige Studie hat gezeigt, dass viele Hausärztinnen und Hausärzte Gesundheits-Apps zwar aufgeschlossen begegnen, allerdings formulieren sie konkrete Erwartungen, welche Voraussetzungen diese Anwendungen mitbringen und wann sie in die Patientenversorgung einbezogen werden sollten.
Modeerscheinung oder digitale Helfer?
Wie Erhebungen zeigen, werden Gesundheits-Apps in den Bereichen Prävention, Monitoring oder Therapiebegleitung mittlerweile von gut jedem zweiten Smartphone- bzw. Tablet-User zumindest gelegentlich genutzt [1], [3], [5], [7], [20].
Besonders beliebt sind unter den möglichen App-Eigenschaften die Dokumentation von Körper- und Fitnessdaten sowie bewegungsfördernde Funktionen, die Tagesbegleitung und Aufklärung über Gesundheitsthemen (z.B. Ernährung, Stressmanagement) oder auch Hilfestellungen beim Medikamenten-management [6], [10], [11], [13].
Gesundheits-Apps bieten die Chance, zu einem Empowerment von Patienten beizutragen und sie zur Einübung eines gesundheitsbewussten Lebensstils zu motivieren [1], [19], [22], [23]. Auch ist eine effektivere Arzt-Patient-Beziehung denkbar, weil die Compliance unterstützt und Risikofaktoren frühzeitig identifiziert bzw. therapeutisch angesprochen werden können [19].
Obwohl bislang nur vereinzelte Wirksamkeitsnachweise anhand empirischer Studien vorgelegt werden konnten (v.a. für den klinischen und weniger den ambulanten Bereich [6], [8], [12], [15], [16], [17], [20], [21]), konstatieren verschiedene Expertisen und Meta-Analysen, dass Apps im Sinne eines Lebensstilregulators präventiv und therapeutisch von beträchtlichem Nutzen sein können, etwa zur Begleitung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 [1], [4].
Mit dem Digitalen Versorgungsgesetz wurden die Grundlagen dafür geschaffen, Gesundheits-Apps nach eingehender Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als erstattungsfähige Medizinprodukte einzustufen [9], [17].
Diese sogenannten DiGAs (Digitale Gesundheitsanwendungen) können Ärzte und Psychotherapeuten dann verordnen. Unter dem Link diga.bfarm.de/de/verzeichnis lassen sich die ersten zugelassenen Applikationen finden, deren Anwendungsfelder u.a. Tinnitus, Schlafstörungen und Übergewicht umfassen.
Insbesondere für die Hausarztmedizin könnten Gesundheits-Apps, die entlang von geordneten, qualitätsgesicherten Implementierungsprozessen Einzug in die Versorgung finden, von Wert sein.
Als Primärversorger sind Hausärzte mit einer großen Bandbreite von Symptomen und Krankheitsbildern konfrontiert; zudem besteht hoher Zeit- und Ressourcendruck, sodass oft nur wenig Spielraum für Präventionsmaßnahmen vorhanden ist [13], [18]. Apps bieten sich als digitale Helfer an, die gezielt empfohlen und im Versorgungsgeschehen genutzt werden können.
Beispielsweise kann der Hausarzt dem Patienten eine App zur kardiovaskulären Risikoprävention nahelegen und den Nutzungsprozess begleiten. Der Patient interagiert mit der App und überträgt regelmäßig Vitaldaten an die Praxis, ohne unbedingt die Sprechstunde aufsuchen zu müssen [14].
Um zu ermitteln, welche Einstellungen und Erfahrungen Hausärzte in Bezug auf den Einsatz von Gesundheits-Apps in der Patientenversorgung vertreten, hat die Abteilung Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Mainz im Laufe des Jahres 2020 zwei umfangreiche Studien durchgeführt.
Dabei wurde zum einen eine schriftliche Vollbefragung von insgesamt 1.070 Hausärzten in Hessen [24], zum anderen vertiefende Interviews mit 35 hausärztlich tätigen Allgemeinmediziner und Internisten geführt [25].
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