Delegieren will gelernt sein: Kein Praxisinhaber kann gleichzeitig alles Nötige in der Praxis allein erledigen, egal, wie groß das Engagement ist. Alle Aufgaben allein zu bewältigen ist sicher auch nicht sinnvoll und gewollt. Insofern sind viele verschiedene Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die im Praxisalltag anfallen, sowohl an das ärztliche als auch nicht-ärztliche Personal zu übertragen. Aufgaben delegieren hört sich einfach an, ist es aber häufig nicht.
Denn beim Delegieren muss einiges bedacht werden: Es bedeutet, Vertrauen und Zeit investieren, um Mitarbeitern aber auch Kollegen eine Aufgabe zu übertragen. Gleichzeitig müssen Verantwortung und Freiräume gegeben werden, um die Aufgabe zu erfüllen. Ein zufriedenstellendes Ergebnis soll erzielt werden. Schlussendlich muss das Ergebnis auch kontrolliert und gegebenenfalls bewertet werden. Außerdem bleibt immer ein Restrisiko, dass die Aufgabe nicht in der Weise erfüllt wird, wie man es sich als Chef vorgestellt hat.
Gefahren des Nicht-Delegierens
Beim Stichwort „Delegieren“ fürchten viele, die Kontrolle zu verlieren, denn sie möchten verständlicherweise die Oberhand über alles in der Praxis behalten. Mancher wird denken, dass er die Dinge schneller und besser selbst erledigen kann. Mühselige und langwierige Erklärungen zur Aufgabenbewältigung scheinen von der eigentlichen Arbeit abzuhalten. Tatsächlich werden aber eigene Arbeitsergebnisse, insbesondere die Behandlungsqualität, ohne Delegieren schlechter, da es an der Zeit fehlt. Im schlimmsten Falle verzettelt man sich, wenn man alles gleichzeitig angeht.
Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Mitarbeiter unzufriedener werden, da sie sehen, dass zum einen die Erledigung der Aufgaben, die der Chef übernehmen will, zu lange dauert. Zum anderen, weil die Mitarbeiter ihre Kenntnisse und Fähigkeiten nicht einbringen können und ihnen anscheinend nichts zugetraut oder ihnen nicht vertraut wird.
Möglicherweise verschlechtert sich das Arbeitsklima durch versäumte Delegation. Hausärzte sollten daher regelmäßig selbst ihr Handeln in Bezug auf das Delegieren überprüfen.
Vorteile des Delegierens
Werden Aufgaben delegiert, gewinnt man Zeit und Freiräume, um sich auf wesentliche Aufgaben zu konzentrieren. Man kann die eigene Arbeitskraft bündeln und so seine Ergebnisse optimieren. Potenzieller Stress kann abnehmen. Als Chef bleibt mehr Raum, um seine Sozialund Führungskompetenzen besser wahrzunehmen. Mitarbeiter können motiviert und ihre Entwicklung gefördert werden. All dies kann sich positiv auf die Teamatmosphäre auswirken.
Auf die Dosis kommt es an
Wurden die einzelnen Aufgaben verantwortungsvoll an Mitarbeiter übergeben, sollte der Praxischef beobachten, wie jeder Mitarbeiter, aber auch das gesamte Team, damit zurechtkommen. Sind die Aufgabenbereiche klar genug benannt und abgegrenzt? Doppelzuständigkeiten müssen vermieden werden. Zudem sollte man im Auge behalten, ob die Aufgaben auch fair verteilt sind, wenn plötzlich ein Mitarbeiter (zum Beispiel durch Krankheit) ausfällt. Dafür sollte man im Vorfeld die Vertretung regeln.
Bevor etwas ungeplant oder schief läuft und die gewünschten Ergebnisse nicht erzielt werden, sollte der Praxischef rechtzeitig dagegen steuern. Mitarbeitern, denen es schwer fällt, eine Aufgabe zu erledigen oder die eine Aufgabe nicht im gewünschten Sinne erfüllt haben, sollte trotzdem eine zweite Chance gegeben werden. Es ist ratsam, regelmäßig miteinander im Gespräch zu bleiben.
Bestimmte Aufgaben, die die Aufsichtspflicht des Arztes verletzen würden, dürfen selbstverständlich nicht übertragen werden. Nur Tätigkeiten, für die auch ein gültiger Kompetenz- oder Eignungsnachweis vorliegt, wie bei der Bedienung von speziellen Apparaturen oder bei der Blutabnahme, dürfen Ärzte delegieren. Nicht zu vergessen ist, dass nicht die Führungsverantwortung vergeben wird, sondern es werden lediglich verschiedene Handlungsverantwortlichkeiten übertragen.
Wenn es gut läuft, sollte man sich als Chef aber auch nicht zu sehr darauf zurückziehen und sich darauf ausruhen, dass andere „den Laden schon schmeißen“. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass Mitarbeiter sich zu viel Verantwortung herausnehmen und gegebenenfalls andere dadurch dominieren.
Als Folge könnte die Stimmung im Team schnell kippen. Eine negative Arbeitsatmosphäre würde über kurz oder lang auch den Patienten nicht verborgen bleiben. Ein gutes Maß – also die richtige Dosierung an Delegation – sollte beibehalten werden.
Praxistipp: Wie richtig delegieren?
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- Überlegen Sie, welche Aufgaben Sie abgeben können, indem Sie die Aufgaben zunächst in verschiedene Kategorien einteilen, wie etwa bei der ABC-Methode.
A: sehr wichtig und äußerst dringlich
B: wichtig, terminiert (häufig Routine)
C: eher unwichtig und ggf. ohne Zeitvorgabe
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- Verteilen Sie die Aufgaben je nachdem, welche Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen Ihre Mitarbeiter haben. Was sind die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter? Wer kann welche Aufgabe zuverlässig und den Anforderungen entsprechend ausführen?
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- Denken Sie darüber nach, ob Mitarbeiter ggf. weiter qualifiziert werden sollten, um die anstehenden Aufgaben erfolgreich erledigen zu können.
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- Prüfen Sie, ob die zugedachten Aufgaben realistisch umgesetzt werden können, indem etwa die Zeitvorgaben entsprechend kalkuliert sind. Bereiten Sie die Delegation so vor, dass die Aufgabe termingerecht erledigt werden kann.
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- Legen Sie Kriterien fest, wie die Aufgabe zu erfüllen ist. Was ist das Ziel und wie kann das Ziel erreicht werden?
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- Geben Sie den Rahmen vor: Inwieweit liegt die Aufgabe in der Verantwortung desjenigen, der sie übertragen bekommen hat? Beachten Sie die Grenzen zwischen Handlungs-, Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz!
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- Besprechen Sie im Team, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist. Legen Sie die Zuständigkeiten fest. Stellen Sie Transparenz und Vertrauen her. Erklären Sie den Sinn und Zweck der Aufgaben.
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- Geben Sie den Mitarbeitern Raum für die eigene Aufgabenbewältigung und ggf. für andere Lösungswege.
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- Bieten Sie jederzeit die Möglichkeit einer kurzen Rücksprache an, falls während der Bearbeitung von Aufgaben Fragen auftauchen.
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- Überprüfen Sie regelmäßig die Arbeitsergebnisse, würdigen Sie die positiven Resultate und geben Sie ein konstruktives Feedback.
Das Europäische Praxisassessment (EPA)
EPA ist ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem, das auf Qualitätsindikatoren basiert und die Perspektive von Patienten, Ärzten und Mitarbeitern der Praxen einbezieht. Über die Benchmarking-Software VISOTOOL® haben Arztpraxen die Möglichkeit, sich anonym miteinander zu vergleichen. Insgesamt haben bisher ca. 2.000 Hausarztpraxen an EPA teilgenommen. Die Selbstauskunft der Ärzte und die Auswertungen der Mitarbeiter-Befragungen liefern folgende Ergebnisse:
- In 85 Prozent der EPA-Praxen sind aus Sicht der Praxisinhaber die Zuständigkeiten im Team klar.
- In 85 Prozent der EPA-Praxen sind aus Sicht der angestellten Mitarbeiter die Zuständigkeiten im Team klar.
- In 83 Prozent der EPA-Praxen haben die angestellten Mitarbeiter den Eindruck, ihre Fähigkeiten nutzen zu können und sind zufrieden mit der Freiheit, eigene Arbeitsmethoden wählen zu können.
- In 84 Prozent der EPA-Praxen sind die angestellten Mitarbeiter zufrieden mit der Menge an Verantwortung, die sie übertragen bekommen.
EPA-Praxen profitieren nicht nur von den Befragungsinstrumenten, sondern auch von den umfangreichen Materialien, die ihnen das Assessment zur Verfügung stellt wie ein Personaleinsatzplan und Checklisten für Aufgaben sowie Verantwortlichkeiten.
Ausführliche Informationen: www.epa-qm.de