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Praxis WissenBeinschmerzen nach dem Fischessen

Anfang September 2014 kommt die Patientin mit unklaren Beinschmerzen in die Praxis. Nach umfassenden Untersuchungen blieb nur noch der Verdacht auf eine psychische Ursache. Doch dann nahm der Fall eine überraschende Wendung.

Anamnese: Weiblich, Jahrgang 1977, Nichtraucherin, normalgewichtig, RR 115/70 mmHg, 2 × / Woche Sport seit 14 Jahren, kein Alkoholkonsum, familiäre und berufliche Belastungen vorhanden, keine Vorerkrankungen, Medikamente: Progesteron wg. Zyklusbeschwerden.

Anamnese: Weiblich, Jahrgang 1977, Nichtraucherin, normalgewichtig, RR 115/70 mmHg, 2 × / Woche Sport seit 14 Jahren, kein Alkoholkonsum, familiäre und berufliche Belastungen vorhanden, keine Vorerkrankungen, Medikamente: Progesteron wegen Zyklusbeschwerden.

Anfang September 2014 klagte die Patientin über unklare Beinschmerzen, die sich anfangs "wie Wachstumsschmerzen" anfühlten, später "wie nach einem 20-km-Lauf", Beschwerden morgens schlimmer als tagsüber. NSAR halfen nur vorübergehend. Auf Magnesiumeinnahme keine Veränderung. Nach sechs Tagen diskrete Fußsenkerschwäche links.

Diagnostik: Körperliche Untersuchung: PSR +/+, ASR+/+, keine Radikulopathie, Beschwerden ventralseitig bis zum Fußrücken.

Labor: Kleines Blutbild, CCP-AK, Ferritin, CK-NAC, CK-MB, Borrelien-IgG und -IgM unauffällig.

Neurologische Untersuchungen ergaben folgende Diagnosen: 1. Diffuse Schwächen, Schmerzen und Parästhesien beider Beine, Annahme einer Somatisierungsstörung;

  1. Migräne.

Therapie: Nach 12 Tagen Beginn mit Amitryptilin, Vereinbarung eines Gesprächs in einer psychosomatischen Klinik, auf Eigeninitiative Akupunktur. Zunächst schien es der Patientin besser zu gehen. Allerdings vertrug sie nur 25 mg Amitryptilin. Nach einigen Tagen kaum eine Veränderung, allerdings wurden die Abstände zwischen den Schmerzintervallen nun größer.

50 mg Prednisolon p. o. über drei Tage verstärkte die Beschwerden subjektiv. Es folgte eine Panikattacke, und die Patientin war zunehmend von einer psychosomatischen Genese überzeugt.

Diagnose aus dem Internet

Nach 23 Tagen, in denen die Patientin auch selbst recherchiert, stößt sie im Internet auf "Fischvergiftung" und erinnert sich, einen Red Snapper vor Symptombeginn gegessen zu haben, der nicht gut geschmeckt hat. Somit stand die Diagnose Ciguatera im Raum.

Der Giftnotruf in München bestätigte das Symptom Polyneuropathie. Es sei nicht ungewöhnlich, dass die Beschwerden über 23 Tage bestünden. Es träten auch immer wieder Ciguatera-Fälle in Deutschland auf.

Die Therapie besteht aus der Gabe von Gabapentin 300 mg (Steigerung auf 1-1-1), Kalzium und Magnesium. Die Patientin verspürte schon nach der ersten Kalziumeinnahme eine deutliche Besserung. Gabapentin wollte sie nicht nehmen.

Nach 37 Tagen war die Patientin so gut wie beschwerdefrei.

Ciguatera

Ciguatera ist eine Fischvergiftung, die saisonal und unerwartet in tropischen Gewässern auftritt und 1 – 24 Std. nach dem Verzehr zu Symptomen wie Durchfall, Erbrechen und Hautausschlag führt [4]. Auch neurologische Beschwerden wie inverses Temperaturempfinden, Muskelkrämpfe, Parästhesien (über mehrere Monate), Kopfschmerz, Schwindel, Unruhe können auftreten [1 – 5]. Sehr selten verläuft die Erkrankung lebensbedrohlich [2].

Ausgelöst werden die Symptome durch die Toxine Cigua- und Maitotoxin, die Natrium- und Kalziumkanäle der Nervenzellen und somit die Weiterleitung von Aktionspotenzialen blockieren. Sie entstammen Geißeltierchen, die auf Algen im Korallenriff leben und über die Nahrungskette in den Fisch gelangen. Am häufigsten sind Zackenbarsche, Barrakuda, Makrelen und Snapper in Küstennähe betroffen. Die Toxine sind hitzeresistent [4].

Die Therapie besteht laut Literatur aus der Gabe von Mannit [1, 2, 5].

Literatur

  • 1 Deutsches Ärztblatt 2002; 99(17): A-1151/B-958/C-901

  • 2 Springermedizin.de/die-ciguatera-Vergiftung/768810.html

  • 3 toxikologische Basisinformation und Giftinformationszentrum Nord (GIZ-nord.de/cms/index.php/ausgewaehlte-noxen/539-fischvergiftungen.html

  • 4 Bundesinstitut für Risikobewertung (www.bfr.bund.de)

  • 5 Erkrankungen durch Nahrungs- und Genussmittel (Stein, Raithel, Kist; 2011, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart)

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