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InterviewSchlaf ist der beste Psychotherapeut

Prof. Kneginja Richter, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Schlafmedizin erklärt im Gespräch, wie sie bei Patientinnen und Patienten mit Insomnie und psychischer Störung vorgeht und was Hausärztinnen und Hausärzte tun können.

Neben der Schlafhygiene sind auch Entspannungsübungen empfehlenswert.

Wie behandeln Sie Patienten mit Insomnie und psychischer Erkrankung wie z.B. Depression?

Richter: Zunächst ermittle ich im Rahmen der Anamnese, ob die Insomnie unabhängig von der Depression vorliegt. Dazu muss man wissen, dass – entgegen der weit verbreiteten Annahme – die Insomnie kein fester Bestandteil der Depression ist.

Manche Patienten berichten mir beispielsweise von einer depressiven Episode, die seit sechs Monaten besteht. Frage ich dann nach den typischen Anzeichen für eine Insomnie, also Einschlafprobleme und häufiges Aufwachen in der Nacht, sagen sie, dass sie darunter schon seit Jahren leiden. Das bedeutet, die beiden Probleme liegen unabhängig voneinander vor.

Wie sieht die Therapie im Einzelnen aus?

Die Insomnie wird immer gleichzeitig mit der psychischen Erkrankung therapiert. Die Erstlinientherapie besteht in der kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie. Dabei handelt es sich um ein sehr kurzes Verfahren, bestehend aus vier bis sechs Sitzungen, in denen wir uns ausschließlich mit dem Schlafverhalten befassen.

Die von den Patienten ausgefüllten Schlafprotokolle zeigen mir zudem, welche “Fehler” sie bei der Schlafhygiene machen. Darauf gebe ich ihnen ein individuelles Feedback mit Vorschlägen, anhand derer sie ihr Schlafverhalten verbessern können. Die Depression behandeln wir parallel.

Ein typisches Merkmal depressiver Patienten sind kreisende Gedanken, wie etwa: “ich bin schuld” oder “ich bin eine Belastung für meine Familie”. Diese kreisenden Gedanken treten nicht nur nachts sondern auch tagsüber immer wieder auf. Hier gebe ich konkrete Anweisungen, die den Patienten helfen, diese Gedanken zu relativieren.

In Absprache mit den Betroffenen und abhängig vom individuellen Krankheitsbild können zudem entweder eine kognitive Verhaltenstherapie für Depression, eine tiefenfundierte Psychotherapie oder eine Psychoanalyse durchgeführt werden.

Bei welchen Anzeichen sollte der Hausarzt an Insomnie denken und was kann er selbst zur Behandlung beitragen?

Bei Schlafstörungen treten folgende Probleme an über drei Tagen in der Woche auf: Die Betroffenen sind müde, aber sie können über eine halbe Stunde lang nicht einschlafen. Und/oder sie werden nachts öfter wach und können nicht wieder einschlafen.

Entscheidend ist, dass dadurch die Befindlichkeit und die Leistungsfähigkeit der Patienten am Tage beeinträchtigt ist. Ist dies nicht der Fall, benötigen die Patienten keine Therapie. Sind sie tagsüber jedoch müde, gereizt, und nur eingeschränkt leistungsfähig, sollten Hausärztinnen und Hausärzte reagieren und zunächst die Schlafhygiene der Patienten besprechen.

Hier gilt die Regel, später schlafen zu gehen und früher aufzustehen, damit die Patienten nicht zu viel Zeit im Bett verbringen. Drei Stunden vor dem Schlafengehen sollten kein Alkohol konsumiert und keine schwere Mahlzeit mehr eingenommen werden.

Neben der Schlafhygiene sind auch Entspannungsübungen wie z. B. die progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder ‚Body Scan‘ von Jon Kabat Zinn empfehlenswert. Für beide Übungen finden sich Anleitungen im Internet, die Hausärzte den Patienten empfehlen können.

Was tun, wenn die Anleitung zur Schlafhygiene nicht ausreicht?

Besteht die Insomnie schon seit längerer Zeit, hilft die Schlafhygiene alleine oft nicht mehr weiter. In diesen Fällen sollten die Patienten an einen psychologischen oder ärztlichen Psychotherapeuten überwiesen werden, der sich auf Schlafprobleme spezialisiert hat.

Diese Spezialisierung ist entscheidend, denn nicht jeder Psychotherapeut kann diese Patienten umfassend behandeln. Das ist jedoch wichtig, denn einerseits ist die Insomnie häufig ein Vorbote einer psychiatrischen Diagnose, andererseits kann sich bei einer unbehandelten Insomnie innerhalb eines Jahres eine Depression entwickeln. Daher sollte die Insomnie unbedingt ernst genommen und behandelt werden.

Sind die Wartezeiten der psychologischen Praxen zu lange, kann man auf Online-Angebote zurückgreifen. Mittlerweile wurden zwei Apps für die Behandlung von Insomnie zugelassen, deren Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Diese Art der Behandlung wirkt allerdings nicht bei allen Patienten. Infrage kommen vor allem jüngere Patienten, die gut strukturiert sind und eine Affinität zu digitalen Anwendungen haben. Nicht zielführend ist es, Insomnie-Patienten in ein Schlaflabor zu überweisen. Das ist nur bei Patienten mit Schlafapnoe sinnvoll.

Welche Medikamente setzen Sie bei Insomnie ein?

Wir versuchen, möglichst ohne Medikamente auszukommen. Falls die kognitive Verhaltenstherapie jedoch nicht wirkt oder nicht verfügbar ist, setzen wir Psychopharmaka ein. Dabei sollte man sich an die aktuell gültigen Leitlinien halten.

Geeignet sind Nicht-Benzodiazepin-Agonisten, die auch als Z-Substanzen bekannt sind und bis zu vier Wochen eingesetzt werden dürfen. Nicht zu empfehlen sind die klassischen Schlafmittel, da sie ein höheres Suchtpotenzial aufweisen.

Gemäß der neuen Leitlinie zu Insomnie, die im Laufe dieses Jahres erscheint, dürfen trizyklische, sedierende Antidepressiva in Einzelfällen als niedrig dosierte Langzeittherapie verordnet werden. Bei entsprechender Indikation – Insomnie über drei Monate und beträchtliche Auswirkung auf die Tagesaktivität – ist der erst im Jahr 2022 zugelassene Orexinrezeptor-Antagonist Darido-rexant einsetzbar. Dieser kann bei Bedarf auch längerfristig verschrieben werden.

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