Hausbesuche machen Hausärzte nicht nur tagsüber, sondern auch zur Unzeit (s. Kasuistik). Folgendes ist in der Abrechnung zu beachten:
EBM
Bei Erstkontakt am Anfang des Quartals rechnet der Hausarzt die Versichertenpauschale ab (GOP 03000, 22,37 Euro), zusätzlich die Chronikerpauschale I (GOP 03220, 13,85 Euro). Die KV setzt die Pauschalen 03040, 03060, 03061, 03222 und 32001 zu. Der Hausbesuch wird mit der GOP 01411 (49,97 Euro) berechnet; Besuch am Folgetag mit den GOP 01410 (22,59 Euro) und 03221 (4,26 Euro). Glucosemessung: GOP 32025 (1,60 Euro). Körperliche Untersuchung und Infusion gehören zur Versichertenpauschale. Für das intensive Gespräch mit der Tochter als Bezugsperson kann der Arzt die GOP 03230 (9,59 Euro) ansetzen.
GOÄ
Beide Hausbesuche werden abgerechnet mit der Nr. 50 (18,65 Euro), der Notfallbesuch zusätzlich mit dem Zuschlag F (15,15 Euro). Das Wegegeld stellt der Arzt abhängig von der Entfernung von der Praxis oder seinem Wohnsitz in Rechnung. Neben der Erhebung der Fremdanamnese (Nr. 4, 12,82 Euro) kommen Untersuchungsleistungen zum Ansatz: die Nr. 7 (9,33 Euro) und die Nr. 800 (11,37 Euro). Der BZ-Test ist die Nr. 3514 (4,06 Euro), die Infusion jeweils die Nr. 272 (10,49 Euro). Am Folgetag rechnet der Hausarzt den Besuch mit dem Faktor 3,5 ab, da er die Situation mit der Patientin ausführlich bespricht (15 Minuten).
HZV
Bei HZV-Abrechnung betrachten wir beispielhaft die KV-Region Hamburg. Neben den vertragsabhängigen Grundpauschalen sind die Hausbesuche (01410-01414) bei BKK und IKK classic Teil der Pauschale. Die anderen Kassen honorieren teilweise extra: Die AOK zahlt als Einzelleistung 35 Euro; die TK 30 Euro für die Besuche nach 01410, 01411 und 01412, die 01413 ist hingegen Teil der Pauschale; die Ersatzkassen zahlen als Einzelleistung 30 Euro (GOP 01410) oder 15 Euro (GOP 01413), die Besuche nach 01411 und 01412 gehören zur Pauschale. Die übrigen Leistungen (BZ-Test, Infusion, Fremdanamnese und Erörterung) sind Teil der Pauschalen.
Schwerpunkt: Hausbesuche bei GOÄ-Abrechnung
Anders als im EBM rechnet man ärztliche Hausbesuche in der GOÄ immer mit der Nr. 50 ab, Mitbesuche mit der Nr. 51. Der Besuch wird honoriert bei 320 Punkten mit 18,65 Euro im Einfachsatz. Äußere Umstände können aber durchaus einen höheren Steigerungssatz bedingen, zum Beispiel Unwetter oder das Aufsuchen eines Unfallorts in unwegsamem Gelände. Bestellen Patienten einen Hausbesuch zur Unzeit, ist neben der Nr. 50 ein entsprechender Zuschlag abzurechnen: bei Anforderung zwischen 20-22 und 6-8 Uhr der Zuschlag F (15,15 Euro), bei Anforderung zwischen 22-6 Uhr der Zuschlag G (26,23 Euro) und an Wochenenden oder Feiertagen der Zuschlag H (19,82 Euro). Der Zuschlag H ist dabei mit F oder G kombinierbar. Für Anrufe tagsüber in der Woche gibt es den Zuschlag E (9,33 Euro). Alle Zuschläge sind nur mit dem Einfachsatz abrechenbar.
Ein Sonderfall, der den Praxisablauf unterbricht, ist ein Hausbesuch aus der Sprechstunde heraus: Hier ist die Nr. 50 mit dem 3,5-fachen Satz abrechenbar zusätzlich des Zuschlags E (dringend und unverzüglich erfolgt). Das Wegegeld (Paragraf 8 GOÄ) richtet sich nach der Entfernung von Praxis oder Arztwohnsitz. Dabei setzt man den Radius an, unabhängig von der definitiven Fahrstrecke. Es ist unterteilt in vier Entfernungsbereiche (bis zwei km, bis fünf km, bis zehn km und bis 25 km). Zudem fällt das Wegegeld nachts (20-6 Uhr) höher aus als tagsüber.
Kasuistik
Anamnese: Die Tochter der 92-jährigen Martha T. ruft am Donnerstag gegen 21:30 Uhr beim Hausarzt an und berichtet, dass ihre Mutter plötzlich sehr verwirrt sei. Bisher habe sie sich immer noch innerhalb der Wohnung bewegt. An Vorerkrankungen sind ein Hypertonus, eine KHK, ein oral eingestellter Diabetes mellitus 2 und eine Coxarthrose bds. bekannt. Im Umfeld der Patientin, die im Haus der Tochter ein kleines Appartement bewohnt, habe sich nichts verändert. Dauermedikation: AT1-Blocker, Metformin, ASS, bedarfsweise Ibuprofen.
Befund: 92-jährige Patientin in altersentsprechendem AEZ, jedoch deutliche Exsikkosezeichen mit abnehmbaren Hautfalten an allen Extremitäten, keine Dyspnoe. Frau T. ist zeitlich und örtlich nur bedingt orientiert. Herz und Lunge klinisch unauffällig. RR 135/75 mmHg, HF 92/min. Abdomen weich und eindrückbar, keine tastbaren Resistenzen, Nierenlager frei. Hüftgelenke bds. eingeschränkt beweglich. Neurologisch keine Halbseitensymptomatik, keine erkennbaren Hirnnervenausfälle. BZ-Schnelltest: 136 mg/dl.
Diagnose und Therapie: Aufgrund der Vorgeschichte und Befunde geht der Hausarzt zunächst von einem Flüssigkeitsmangel aus, zumal die Tochter auf Nachfrage angibt, dass ihre Mutter in letzter Zeit weniger getrunken habe. Nach Rücksprache mit der Tochter und bei Fehlen einer diabetischen Entgleisung und einer Halbseitensymptomatik entscheidet sich der Hausarzt zunächst für eine parenterale Flüssigkeitszufuhr zu Hause und infundiert 1.000 ml Ringerlösung. Am Freitagnachmittag Hausbesuch mit deutlich besserer Vigilanz der Patientin und erneuter Infusion. Am nächsten Tag ruft die Tochter an, die Mutter habe sich völlig erholt und sei wie vorher.
Quellen:
-
hausarzt.link/f8zTh(EBM);
-
hausarzt.link/eNZRR(GOÄ);
-
hausarzt.link/01BC2(HZV)