Berlin. Tests auf das neue Coronavirus (SARS-CoV-2) können bei deutlich mehr Personen erfolgen als bisher. Dazu zählen unter bestimmten Voraussetzungen auch Personen ohne Beschwerden. Am Dienstag (9. Juni) ist die neue „Test-Verordnung“ rückwirkend ab 14. Mai in Kraft getreten, die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Ende Mai in Aussicht gestellt hatte. Antikörpertests sind davon weiterhin nicht umfasst.
Zwar hat die Rechtsverordnung noch einige Änderungen erfahren. In einem entscheidenden Punkt für Hausärzte bleibt sie aber verglichen mit dem Entwurf von Ende Mai unangetastet: So bleibt unklar, wer den Informationsfluss steuert bei Fragen wer, wie, wann und wo getestet wird. Dies könnte zu einem höheren Beratungsbedarf in den Praxen führen, weil für Patienten jetzt intransparenter wird, wer für die Abklärung durch einen Test zuständig ist. Dies hatte insbesondere der Deutsche Hausärzteverband bereits am Entwurf der Rechtsverordnung kritisiert. Diese Position unterstützte ebenso die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).
Zwei Test-Szenarien sind zu unterscheiden
Wer die Testung übernimmt, lässt sich grob in zwei Szenarien unterteilen:
- Personen mit Krankheitsbeschwerden, die auf Corona hinweisen können, etwa Atemwegsbeschwerden, Geruchs- oder Geschmacksverlust, ebenso wenn Personen innerhalb von 14 Tagen Kontakt zu einem Infizierten hatten. Zudem sind hiervon Patienten mit klinischen oder radiologischen Hinweisen auf eine virale Pneumonie umfasst. Merke: Bei diesen Personen besteht laut Robert Koch-Institut (RKI) ein Corona-Verdacht. Hier klären im Rahmen der Krankheitsbehandlung wie bisher Hausärzte in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt den Verdacht ab und entscheiden, ob ambulant oder stationär behandelt werden muss. Darüber hinaus zählen in diese Kategorie Tests, die Kliniken während einer Behandlung vornehmen.
- Personen ohne Krankheitssymptome: Hier gibt die „Test-Verordnung“ nun vor, dass der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) die Testungen veranlassen muss. Sie beschreibt, wann dies der Fall sein kann (s. Kasten am Textende), konkret können dies aber noch die Landesgesundheitsbehörden bestimmen. Merke: Formal sind hier die Gesundheitsämter für die Tests zuständig. Sie können aber für die Laborleistung auch „geeignete Dritte“ beauftragen. Hausärzte erwähnt die Verordnung nicht, denkbar ist aber, dass die Länder Hausärzte in das Verfahren einbinden. Über diesen Umweg könnten die Ämter also zum Beispiel mit freiwillig sich zur Verfügung stellenden Hausärzten Verträge zur Abstrichentnahme schließen.
Länderbehörden könnten Flickenteppich verhindern
Die Landesbehörden können nun also regeln, „in welcher Weise (…) asymptomatische Personen“ getestet werden und „durch wen konkret die Testungen veranlasst werden müssen“. Die Gesundheitsämter können die labordiagnostische Leistung laut Rechtsverordnung selbst erbringen oder es können „geeignete Dritte“ beauftragt werden. Schlagen die Länderbehörden bei letzterem unterschiedliche Wege ein, würde ein bundesweiter Flickenteppich entstehen.
Auf dieses Problem hatte der Hausärzteverband schon in seiner Stellungnahme zum Verordnungs-Entwurf Ende Mai hingewiesen. Auch jetzt sieht er dies nicht behoben, da die Rechtsverordnung zwar Test-Voraussetzungen bei asymptomatischen Patienten in Paragraf 2 bis 4 beschreibt, dies aber unter dem Vorbehalt des ÖGD steht. Auch die Testung selbst – von Abstrich bis Beratung – bleibe ungeregelt.
Neue Pfade „wenig praktikabel“
Der Verband betont, dass Hausärzte in der Corona-Krise ihre besondere Rolle unter Beweis gestellt haben, um die flächendeckende Versorgung genauso wie die Testung wohnortnah zu organisieren. Hausärzte waren auch in dieser Zeit die ersten Ansprechpartner für Patienten und haben wesentlich dazu beigetragen, die Krankenhäuser zu entlasten. Immerhin wurden sechs von sieben Corona-Patienten laut KBV ambulant versorgt.
Die „Test-Verordnung“ könnte nun diesen bewährten Pfad verlassen, wenn entweder Gesundheitsämter die Tests übernehmen oder dafür die Labore direkt beauftragen. Beides sei aufgrund der personellen Ressourcen, der dafür nötigen Räume und der Erreichbarkeit für die Patienten „wenig praktikabel“, machte der Hausärzteverband deutlich. Zudem ist damit zu rechnen, dass Patienten sich wie bei anderen gesundheitlichen Fragen auch weiter an ihre Hausärzte wenden. Hierdurch könnte der Beratungsbedarf steigen.
Hausärzteverband rät, an ÖGD zu verweisen
Handelt es sich um Fälle, für die nun der ÖGD zuständig ist und die einen Test auf SARS-CoV-2 einfordern, sollten Hausärzte an das zuständige Gesundheitsamt verweisen, rät der Hausärzteverband. Alternativ ist nur möglich, die Leistung privatärztlich zu erbringen. Dann müssen Patienten dies aber selbst bezahlen.
Nicht zuletzt müssen zwischen Gesundheitsämtern und Kassenärztlichen Vereinigungen neue Abrechnungswege und Vordrucke etabliert werden, wenn Ämter selbst testen. Der Aufwand für die neuen Prozesse wird den KVen über Steuermittel aus dem Gesundheitsfonds pauschaliert bezahlt, allein dies wird auf 25.000 Euro geschätzt. Die Hoffnung ruht daher jetzt auf den Länderbehörden, einheitliche Vorgaben zu schaffen und dabei auf die bereits etablierten Versorgungs- und Abrechnungsstrukturen zurückzugreifen.
50 Euro pro Test
„Wir wollen das Virus im Keim ersticken“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit Inkrafttreten der Verordnung am Dienstag (9. Juni). „Das geht nur mit präventiven Reihentests in Krankenhäusern und Pflegeheimen und wenn wir möglichst alle Kontaktpersonen von Infizierten testen.“ Am Geld solle dies nicht scheitern. „Es ist viel teurer, zu wenig zu testen, als zu viel zu testen.“
Die Kosten von 50,50 Euro pro Test übernimmt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), auch für nicht gesetzlich Versicherte wie Privatpatienten oder Menschen ohne Krankenversicherung. Die Kosten sollen den Kassen daher über den Gesundheitsfonds aus Steuermitteln erstattet werden. Die Vergütung umfasst die Laborleistungen, Versandmaterial und Transport.
Mit Material von dpa