Zitronensäure bindet an hochansteckende Noroviren und hindert sie möglicherweise daran, menschliche Zellen zu infizieren. Das entdeckten nun Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) (Virology 2015, doi: 10.1016/j.virol.2015.07.009). Zitronensaft könne sich daher als sicheres, unbedenkliches Desinfektionsmittel gegen die verbreiteten Erreger schwerer Magen-Darm-Infekte eignen. Hinter heftigen, plötzlich einsetzenden Magen-Darm-Beschwerden stecken oft Erreger aus der Familie der Noroviren.
Sie sind die überwiegende Ursache von Gastroenteritis-Ausbrüchen in Kliniken oder Schulen. Das Virus ist extrem ansteckend und wird „fäkal-oral“ übertragen. „Daher ist es wichtig, ein sicheres und gesundheitlich unbedenkliches Desinfektionsmittel zur Verfügung zu haben“, erklärt Grant Hansman, Leiter der C.H.S.-Nachwuchsgruppe Noroviren am DKFZ und der Uni Heidelberg. Von früheren Beobachtungen wissen Forscher, dass Fruchtextrakte, etwa Orangenoder Granatapfelsaft, die Infektionsfähigkeit von Noroviren reduzieren können. Bereits als Hansman noch in den USA forschte, hatte er durch Zufall entdeckt, dass das Citrat aus dem Chemikalienhandel an die Kapselproteine von Noroviren binden kann. Dies verfolgte der Virologe in Heidelberg weiter.
Die Forscher verwendeten keine intakten Erreger, sondern „virus-like particles“. Die leeren Virus-Proteinkapseln haben die gleichen Oberflächeneigenschaften wie echte Viren. Die Versuche zeigten, dass die Partikel nach Citrat-Bindung ihre Gestalt verändern. Eine Röntgenstrukturanalyse ergab, dass das Citrat genau an die Stelle bindet, mit der das Virus beim Infektionsvorgang mit den Körperzellen in Kontakt tritt. Diesen Bereich bezeichnen die Mediziner als „Blutgruppen-Antigene“. Die Ergebnisse erklären, warum Citrat die Infektionsfähigkeit von Noroviren reduziert. Hansman schätzt, dass die Citratmenge im Saft einer Zitrone ausreichen könnte, um die Hände zu desinfizieren.