Münster. Die Delegierten des Deutschen Ärztetags stellen dem Auftritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Eröffnung der insgesamt viertägigen Veranstaltung ein gemischtes Zeugnis aus. In den ersten Redebeiträgen nach der feierlichen Eröffnung wurde am Dienstag (28. Mai) Spahns deutliche Zusage zur Freiberuflichkeit gelobt, gleichzeitig aber vor leeren Lippenbekenntnissen gewarnt.
Dabei war es auch ein technischer Fehler, der Spahn zu Pluspunkten verholfen haben könnte: So kam es während seiner Rede – die unter vereinzelten, aber deutlichen Buh-Rufen angekündigt wurde – zum Stromausfall, just in dem Moment, als Spahn über den Koalitionspartner redete. Spitz kommentierte er: “Kaum redet man von der SPD, geht alles aus.” Für die Schlagfertigkeit – aber auch folgende inhaltliche Punkte – erntete Spahn, vor Momenten noch überkritisch begrüßt, Beifall.
“Evidenz bleibt außen vor”
“Er war sympathisch, er war eloquent, er ist cool mit dem Stromausfall umgegangen”, fasste Dr. Susanne Johna, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer (BÄK), den Auftritt am Nachmittag zusammen. Wichtige inhaltliche Punkte habe sie aber vermisst: bei der Digitalisierung etwa die Interoperabilität, also die technische Zusammenarbeit bereits bestehender Systeme. “Spahn hat auch nicht angesprochen, dass Gesundheits-Apps künftig GKV-Leistung werden sollen und erst danach den Beweis führen müssen, dass sie der Versorgung etwas bringen“, kritisierte Johna, “da wird ein System der Evidenzbasierung völlig außen vor gelassen.”
Auch Rolf Granseyer, Hausarzt aus Nordrhein-Westfalen, staunte auf dem Podium, wie Spahn mit seiner “Eloquenz” doch wieder ein rundes Paket geschaffen habe. “Dass er am Ende unter Beifall verabschiedet wird, hätte am Anfang doch niemand gedacht.”
“Spahn treibt uns vor sich her”
Auch der hausärztliche Kollege Dr. Robin Maitra aus Niedersachsen bilanzierte, Spahn habe “deutlich besser abgeliefert” als letztes Jahr. “Ich habe aber den Eindruck, dass Spahn uns vor sich her treibt”, kommentierte er das Tempo des Ministers. An die Delegierten appellierte er: “Wir sollten uns aber nicht so treiben lassen, sondern Einfluss auf den Diskurs nehmen.”
“Ich freue mich, dass wir einen Gesundheitsminister in Berlin haben, der einen klaren Gestaltungswillen in diesem Land hat“, sagte hingegen NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bereits während der Eröffnungsfeier. Manchmal gehe es eben nicht ohne dirigierende Eingriffe.