Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Richter dazu ermahnt, sich mit dem in einer Patientenverfügung geäußerten Willen genau zu befassen (XII ZB 604/15). Denn eine Patientenverfügung ist nur bindend, wenn der Betroffene konkret bestimmte ärztliche Maßnahmen bejaht oder verneint, die noch nicht bevorstanden, als er die Patientenverfügung verfasste.
Vorausgesetzt werden könne aber nur, dass der Betroffene „umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebensund Behandlungssituation will und was nicht“. Der Wunsch nach „keinen lebenserhaltenden Maßnahmen“ allein reiche nicht. Er müsse durch Benennung ärztlicher Maßnahmen, ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen konkretisiert werden, so der BGH (Az. XII ZB 61/16). Nun hat der BGH weiter klargestellt, dass sich diese Konkretisierung auch ergeben kann, wenn zwar ärztliche Maßnahmen wenig detailliert beschrieben sind, die Verfügung dafür aber „ausreichend auf spezifische Krankheiten oder Behandlungssituationen“ Bezug nimmt.
Im vorliegenden Fall haben die Bundesrichter daher eine Entscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben. Konkret geht es um eine Frau, die im Mai 2008 einen Schlaganfall erlitt und sich seit Juni 2008 in einem wachkomatösen Zustand befindet. In einer Patientenverfügung lehnt sie lebensverlängernde Maßnahmen ab, wenn „keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins“ besteht. Gleichzeitig spricht sie sich aber auch gegen „aktive Sterbehilfe“ aus. Seit 2012 sind ihr Sohn und ihr Ehemann rechtlich als Betreuer eingesetzt. Der Sohn kämpft seither dafür, die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr einzustellen, der Ehemann ist dagegen. Auf Anordnung des BGH muss das Beschwerdegericht nun erneut genau prüfen, ob sich der Patientenverfügung eine wirksame Einwilligung in den Abbruch der Maßnahme entnehmen lässt.
Denn dem BGH zufolge habe die Betroffene ihren Willen zur Behandlungssituation an die Voraussetzung geknüpft, dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht, und zudem nähere Angaben zu ärztlichen Maßnahmen gemacht. Daraus könnte sich ergeben, dass die Betroffene „wirksam in den Abbruch der künstlichen Ernährung eingewilligt“ habe. Das Beschwerdegericht habe aber bisher nicht festgestellt, ob der Gesundheitszustand auf die in der Verfügung beschriebene Behandlungssituation zutrifft. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, müssten die Richter noch prüfen, ob ein Abbruch dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspricht, erläutert der BGH.