Berlin. Die Gesellschaft wird immer älter und damit steigt auch der Bedarf an medizinischer Versorgung. Gleichzeitig stehe immer weniger Arztzeit zur Verfügung, erklärte Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), auf einer Vorab-Pressekonferenz zum 126. Deutschen Ärztetag (DÄT) am Dienstag (12.5.).
Der DÄT findet in diesem Jahr als Hybrid-Veranstaltung vom 24. bis 27. Mai in Bremen statt. Ein Schwerpunkt werde das Thema: „Ärztlicher Versorgungsbedarf in einer Gesellschaft des langen Lebens“ sein, kündigte Reinhardt an. Eine älter werdende Gesellschaft sei mit vielen Herausforderungen verbunden.
Mit dem Alter seien auch mehr Erkrankungen dauer- und regelhaft zu behandeln. Dies fiele gleichzeitig in eine Zeit, in der einerseits die Zahl der Bedürftigen steige, die Anzahl derer, die die Bedürfnisse decken könnten – also auch ärztlicher Nachwuchs -, aber tendenziell immer kleiner würde. Darüber wolle man auf dem DÄT diskutieren und auch Lösungen anbieten.
Aktuelle Ärztestatistik: Plus von 1,7 Prozent
“Was wir brauchen, sind eine konsequente Nachwuchsförderung und bessere Ausbildungsbedingungen im ärztlichen Bereich“, hatte der BÄK-Chef bereits einige Tage zuvor mit Blick auf die aktuelle Ärztestatistik mitgeteilt. Demnach waren im Jahr 2021 bei den Landesärztekammern insgesamt 416.120 berufstätige Ärztinnen und Ärzte gemeldet. Damit stieg die Zahl zwar wie bereits im Vorjahr um 1,7 Prozent beziehungsweise um rund 7.000 Personen. Der Zuwachs blieb damit jedoch unter dem von 2019 (+2,5 Prozent).
Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Teilzeitarbeit und der älter werdenden Gesellschaft sei dieser Zuwachs an Köpfen nicht ausreichend, mahnte Reinhardt.
BÄK-Papier: Personalvorgaben für Kliniken
Für die Zukunft müssten die Strukturen im Gesundheitswesen verbessert werden. Das gelte insbesondere für den stationären, aber auch für den ambulanten Bereich. Die Leistungsdichte und Produktivität sei hoch; an manchen Stellen gebe es zu wenig Zeit für den Patienten. Zur Verbesserung gehöre deshalb auch, so Reinhardt, dass in Zukunft mehr „empathisches, ärztliches Handeln“ ermöglicht werde.
Zeit für ärztliche Zuwendung sei in den letzten Jahrzehnten tendenziell immer schwieriger geworden. Dieses Thema müsse angegangen werden. Dazu habe eine Arbeitsgruppe der Bundesärztekammer das Papier: „Personalvorgaben für Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus“ erarbeitet, das auf dem DÄT vorgestellt werde. Dieses Instrument könne als Grundlage für die Personalplanung im Krankenhaus dienen.
Hausärzte fordern Vorbereitungen auf den Corona-Herbst
Zweiter Schwerpunkt des DÄT werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche sein. Diese hätten unter der Pandemie besonders gelitten. Die Ärztinnen und Ärzte würden sich unter anderem auch damit befassen, wie negative psychosoziale Folgen der Corona-Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche eingedämmt werden können.
Mit Blick auf die Corona-Pandemie machte Reinhardt deutlich, dass Vorbereitungen für zu erwartende höhere Infektionszahlen im Herbst nötig seien. Damit unterstrich er die jüngsten Forderungen der Delegierten des Deutschen Hausärzteverbandes.
Sie hatten bei ihrer Frühjahrstagung unter anderem gefordert, dass für den kommenden Herbst den Praxen genügend Impfstoff – und zwar sowohl gegen Covid als auch gegen Grippe – zur Verfügung gestellt werden müsse, idealerweise als Einzeldosen bzw. als Kombination aus Grippe- und Covid-Vakzine.
Krieg in der Ukraine: 1500 Ärztinnen und Ärzte registriert
Ein weiteres Thema des DÄT werden die Folgen des Kriegs in der Ukraine sein. Bereits rund 1500 Ärztinnen und Ärzte hätten sich über das Portal der Bundesärztekammer registriert (Stand 9.5.), um in den Anrainerstaaten oder sogar in der Ukraine selbst zu helfen, merkte Reinhardt hierzu an.
Darüber hinaus werden die Kammer-Delegierten über Reformen im Bereich der Krankenhausplanung und -vergütung, über die Neuorganisation der Notfallversorgung, über Strukturreformen im Öffentlichen Gesundheitsdienst bin hin zu Maßnahmen gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens diskutieren. at