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Praktisches JahrMit dem PJmobil gehtʼs aufs Land

Die Arbeit in einer Landarztpraxis ist außerordentlich abwechslungsreich – und nicht allein deshalb erfüllend. Doch der Weg in die Lehrpraxis auf dem Land ist für Studierende im Praktischen Jahr (PJ) meist mit mehr Kosten und einem höheren Aufwand verbunden als der Weg in die Großstadt. Genau hier setzt ein Projekt in Baden-Württemberg an.

Dr. Kirsten Gottlob: „Ohne das PJmobil wäre ich wohl nie in diese Praxis gekommen und endgültig von der Landarztmedizin infiziert worden.“

Die Nahverkehrsverbindungen von der Universitätsstadt in die ländlichen Räume sind nicht immer die besten. Medizinstudierende, die ihr PJ-Tertial in einer Landarztpraxis absolvieren möchten, wissen davon ein Lied zu singen. So wie Dr. Kirsten Gottlob: “Ich wollte schon immer in die Allgemeinmedizin”, erzählt die angehende Hausärztin, die während ihrer Weiterbildung aktuell im Krankenhaus in Freudenstadt arbeitet. Dass sie hier während ihres Praktischen Jahrs (PJ) den Allgemeinarzt Dr. Rainer Schach, der seine Praxis in Horb-Altheim hat und zusätzlich in der Notaufnahme der Klinik arbeitet, kennengelernt hat, passte daher gut. Doch schnell zeigte sich ein Problem: Zwischen Gottlobs Wohnung in Freudenstadt und Schachs Praxis liegen gut 20 Kilometer. Und die Busverbindungen sind “doch sehr eingeschränkt”, so Gottlob.

Genau in solchen Fällen hilft das PJmobil: Die Stiftung Perspektive Hausarzt in Baden-Württemberg stellt Studierenden für die Fahrt in eine Lehrpraxis auf dem Land für jeweils vier Monate einen Kleinwagen unentgeltlich zur Verfügung. “Ohne das PJmobil wäre ich wohl nie in diese Praxis gekommen und endgültig von der Landarztmedizin infiziert worden”, sagt Gottlob, die über das Institut für Allgemeinmedizin der Uni Tübingen von der Unterstützung erfahren hat.

Praxisnachfolgerin gefunden

Schon während des Studiums hatte Gottlob ein Blockpraktikum auf dem Land absolviert und die Allgemeinmedizin schätzen gelernt. “Die Arbeit auf dem Land bietet einfach mehr Möglichkeiten, man hat nicht direkt einen Spezialisten um die Ecke und macht vieles selbst”, sagt die angehende Allgemeinärztin. “Das ist das, was mich an der Landarztmedizin fasziniert”. Aber: “Wo ich aufgewachsen bin, braucht man kein Auto. Denn mit dem Nahverkehr kommt man rund um die Uhr überall hin”, so Gottlob, die aus dem Ruhrgebiet stammt. Auch deshalb wollte sie nach dem Studium in Tübingen und abgeschlossener Weiterbildung eigentlich eine Niederlassung in einer mittleren oder größeren Stadt in Süddeutschland anstreben. “Nach meinem PJ finde ich das Land so interessant, dass ich jetzt dort bleiben werde”, sagt sie jedoch heute. Mehr noch: Mittlerweile sind sich Schach und Gottlieb einig, dass die 30-Jährige in etwa zwei Jahren die Praxis übernehmen wird. “Das ist schon in trockenen Tüchern”, bestätigt Schach.

“Das PJ-Tertial spielt bei der Wahl der Facharztrichtung und des Niederlassungsorts eine entscheidende Rolle”, weiß auch Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbands Baden-Württemberg. “Und es ist eine hervorragende Gelegenheit, um jungen Medizinern vor Augen zu führen, wie abwechslungsreich die Arbeit in einer Landarztpraxis sein kann.” Genau hier setzt das PJmobil an: Ziel ist es, die Attraktivität des PJ Allgemeinmedizin auf dem Land zu erhöhen.

Auto bringt mehr Flexibilität

Richard Koch war im Februar 2018 der erste Medizinstudierende der Uni Freiburg, der das PJmobil nutzen konnte (“Der Hausarzt” 5/18). “Abgeleistet habe ich mein PJ-Tertial in der Praxis Niebling/Kreusel in Titisee-Neustadt. Nachdem ich zwei Monate per Zug zu meinem Arbeitsplatz gependelt bin, durfte ich die verbleibenden zwei Monate das gerade neu eingeführte PJmobil benutzen”, berichtet er. Die Zugverbindungen in den Schwarzwald mit mehrmaligem Umsteigen seien belastend gewesen. “Oft fuhren die Züge in meiner PJ-Praxis nur zu bestimmten Zeiten zurück nach Freiburg. Das führte oft dazu, dass man entweder mit seinen Aufgaben nicht oder nur ungenügend fertig wurde, bevor man zum Zug rennen musste. Oder man ließ sich Zeit bei den noch zu erledigenden Aufgaben, dafür musste man dann entsprechend eine Stunde auf den nächsten Zug warten”, erinnert sich Koch.

Angebot weckt Interesse am Fach

Nach Kochs Einschätzung spricht das Angebot auch Studierende an, die der Allgemeinmedizin eher skeptisch gegenüberstehen. “Jetzt haben die Studierenden nämlich die Möglichkeit, in Freiburg in der Nähe von Freunden und Familie leben zu bleiben und trotzdem, ohne zu langer Anfahrtszeit, in einer PJ-Praxis auf dem Land ihr Tertial ableisten zu können”, gibt Koch zu bedenken.

Am Institut für Allgemeinmedizin der Uni Tübingen hat Dr. Roland Koch, Facharzt für Allgemeinmedizin und Leiter Bereich Lehre, beobachtet, dass das Angebot eines eigenen Autos bei den Studierenden gut ankommt. “Dies vermittelt den Eindruck, dass seitens der Allgemeinmedizin etwas getan wird und weckt gleichermaßen das Interesse für unser Fach”, erklärt Koch. Schließlich könne man in den ländlichen Gebieten am meisten lernen.

Anreize für Praxen fehlen

Für Studierende hänge während des Studiums vieles von deren finanziellen Ressourcen ab, weiß der Fachbereichsleiter. “Die Tatsache, dass man mobil ist, entzerrt diese Problematik und baut Hindernisse ab. Erfahrungsgemäß sprechen sich unter den Studierenden Neuigkeiten dieser Art rasch herum und davon profitiert das ganze Fach, was wir in Tübingen sehr deutlich feststellen konnten.”

Allerdings gebe es immer noch zu wenig Anreize für Lehrpraxen, die den ärztlichen Nachwuchs für vier Monate bei sich aufnehmen und ihm etwas beibringen, bedauert Koch. Die Aufwandsentschädigung für diese Tätigkeit sollte nach seiner Auffassung höher sein. “Denn in Zukunft werden wir mehr Lehrpraxen für das PJ benötigen.”

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