Wund-, Praxis-, Case Management: In der Fortbildung zur Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VERAH®) kommt es auf Praxisnähe an. So arbeiten die Mitarbeiterinnen während ihrer Qualifizierung, die neben acht Modulen eine Hospitation, eine schriftliche Hausarbeit und eine mündliche Prüfung umfasst, weiter in der Hausarztpraxis.
Zehn Jahre nach dem Start des Konzepts, das das Institut für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IHF) mit dem Verband medizinischer Fachberufe (VmF) entwickelt hat, arbeiten fast 12.000 VERAH® in den Praxen. Dass Entlastung hier gefragt ist, weiß IHF-Chef Dr. Hans-Michael Mühlenfeld aus eigener Erfahrung. “Die Fallkomplexität und die Zahl chronischer Erkrankungen nehmen zu, gleichzeitig treffen wir bei manchen Patienten auf mangelnde Gesundheitskompetenz – etwa, weil familiäre Unterstützung fehlt oder die mediale Informationsflut überfordert.” Hinzu komme der allgemeine Bedarf an hausärztlichem Nachwuchs, erinnert er.
Umso gefragter ist deswegen qualifizierte Entlastung im Praxisalltag. Aber: “Die Fortbildung von Praxispersonal muss genau in dem Umfeld stattfinden, in dem die Fortgebildeten auch tätig sind”, sagt Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes. Denn die Patienten haben bereits ein hohes Vertrauen in die MFA und VERAH®– anders als etwa bei einem Physician Assistant, der neu in die Praxis käme. “Theorielastige und fernab der täglichen Arbeit ausgebildete Mitarbeiter werden weder den Anforderungen der Hausärzte noch der anderen Mitarbeiter genügen und schon gar nicht den Bedürfnissen der Patienten gerecht.”
Credo “Praxis statt Hörsaal”
Das Credo des Hausärzteverbandes für eine sinnvolle Aus- und Fortbildung von Gesundheitsberufen lautet also “Praxis statt Hörsaal”. Zeitgleich ist aber in vielen Gesundheitsberufen ein Trend zur Akademisierung zu beobachten (s. Kasten). Eine Hoffnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Gerade in Bereichen großen Fachkräftemangels – etwa Geburtsvorbereitung oder Pflege – könnte so die Attraktivität der Berufsbilder steigen. “Nur für einen Teil der Gesundheitsberufe ist der Staat zuständig; viele entwickeln sich auch ohne Reglementierung, das heißt, ohne dass es eine staatliche Ausbildungsregelung gibt”, erklärt Spahns Ministerium die eigene Zuständigkeit. So gelten für bestehende Heilberufe klare Regeln – während in anderen Bereichen neue Berufsbilder entstehen, ohne dass bislang feste Regeln definiert wären. Das vielleicht prominenteste Beispiel ist der Physician Assistant. In einem Bachelorstudiengang erwerben Arztassistenten die formalen Voraussetzungen, um delegierbare Tätigkeiten selbstständig auszuüben. Aus Delegation wird damit schnell Substitution. Denn: Zwar ist der Physician Assistant nach angloamerikanischem Vorbild hierzulande bislang nur im stationären Bereich anzutreffen, doch hier soll er einfache Behandlungen selbstständig vornehmen und unter anderem bei Operationen assistieren.
Gefahr für die Versorgung? Hausärzte-Chef Weigeldt kritisiert die Ausbildung als praxisfern. Die Arztassistenten seien daher nicht für Hausarztpraxen geeignet. In Deutschland bieten bisher eine Hochschule und sechs Fachhochschulen den Studiengang an. “Statt irgendwelche neuen Berufsgruppen zu propagieren, sollten lieber die hausärztliche Medizin unddie Mitarbeiter in den Praxen gefördert werden”, meint Weigeldt.
Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung plädieren zumindest für strenge Regeln beim Einsatz der Assistenten. Auch der Deutsche Ärztetag hatte dies 2018 diskutiert: Ein Antrag attestierte dem Physician Assistant, das Patientenwohl zu gefährden.