Ein neues neurologisches Telekonsil stößt beim Hausärzteverband Nordrhein auf deutliche Kritik. Nach Ansicht des Verbands „birgt die Diagnosestellung ohne eine direkte Patientensichtung ein erhebliches Haftungsrisiko für den betreuenden Hausarzt“. Aus diesem Grund werde Hausärzten aktuell davon abgeraten, das zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) und der BEK vereinbarte Onlinekonsil zu nutzen, hieß es am Dienstag (13. November).
Das Telekonsil sieht vor, dass Hausärzte über eine Onlineplattform Patientendaten und Befundbeschreibungen in einer Formularform übermitteln, um dann ebenfalls online eine Rückmeldung und gegebenenfalls eine Therapieempfehlung des neurologischen Kollegen zu erhalten.
Der Hausärzteverband sieht hier ein klares Haftungsrisiko: „Der Hausarzt fordert die neurologische Expertise ja gerade deshalb an, weil aus seiner Sicht die weitere Diagnostik und gegebenenfalls auch die Therapie einer qualifizierten fachärztlichen Untersuchung bedürfen“, heißt es. „Ob die Therapieverantwortung juristisch eindeutig auf einen lediglich indirekt mit der Patientensymptomatik befassten Arzt übergeht, erscheint ebenso fraglich, wie es zu bezweifeln ist, dass eine seriöse Befunderhebung auf diesem indirekten Wege überhaupt möglich ist.“
Die KVNO teilt diese Befürchtungen nicht. „Es geht nicht um einen Ersatz persönlicher Arzt-Patienten-Kontakte oder einen Ersatz für die Überweisung. Es geht bei der Option um ein ergänzendes und unterstützendes Angebot, das Hausarzt und Patient gleichermaßen helfen und mehr Sicherheit bieten soll“, erklärt Dr. Heiko Schmitz für die KVNO auf Anfrage von „Der Hausarzt“. Das Konsil sei vor allem für Erkrankungen wertvoll, die wie MS zum Beispiel in Schüben verlaufen und „dem Hausarzt erlauben, mit Expertenhilfe eine schnelle erste Einschätzung zum Therapie- und Behandlungsbedarf zu erhalten“.
Der Hausärzteverband hingegen verweist auf die Überweisung als „probates Mittel, um dem Facharzt die Informationen zu übermitteln, die er für eine Therapieübernahme benötigt“. Mit dem Onlinekonsil sei diese Therapieübernahme jedoch nicht mehr garantiert. “Der Facharzt leistet lediglich eine Beratungsleistung, die unter Umständen dem Hausarzt die weitere fachneurologische Behandlung zuteilt”, fürchtet man. “Überdies ist zu vermuten, dass die über das Onlinekonsil verursachten Untersuchungen und Medikationen wie Laboruntersuchungen dem Hausarzt juristisch und budgetär zugeteilt werden und die hausärztlichen Praxisabläufe belasten. Die kleinteilige Sondervertragsgestaltung mit einer einzigen Krankenkasse bedeutet für die Praxen eine erhebliche bürokratische Belastung bei zumeist marginalen Vertragsfallzahlen.”