Online-Protest #diesepraxiswürdefehlen„Die Politik muss endlich das Ruder herumreißen“

Über 1.300 Teilnehmende haben am Online-Protest #diesepraxiswürdefehlen des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes teilgenommen. Der Protest, erklärten die Bundesvorsitzenden, sei „ein Notruf an die Politik“ - und legten einen 4-Punkte-Notfallplan vor.

Die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier und Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth appellierten bei der Protestveranstaltung an die Politik: Löst endlich Eure Versprechen ein.

Berlin. Wo bleibt die versprochene Entbudgetierung? Wo die versprochene Digitalisierung, die Ärztinnen und Ärzten Zeit einspart? Wann wird mit der Entbürokratisierung endlich ernst gemacht? Wo bleibt die dringend nötige Honorarreform? Wann wird endlich die Reform der Approbationsordnung umgesetzt?

„Von leeren Versprechen“, sagte Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, könne keine MFA und keine Digitalisierung finanziert werden. In ihrem Eingangsstatement bei der Online-Protestveranstaltung des Verbandes #diesepraxiswürdefehlen appellierte sie am Mittwoch (13.12.) in Richtung Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach, endlich die Hausarztpraxen zu unterstützen. Eine Resolution des Verbandes benennt dazu vier Punkte (s. Textende).

„Wir können ein konstruktiver Partner für die Selbstverwaltung, die Kostenträger und die Politik sein“, so Buhlinger-Göpfarth. Allerdings dürfe eine Partnerschaft nicht auf Einseitigkeit und leeren Versprechen beruhen. Genau dies sei aber Realität.

Der Politik die Realität vor Augen führen

„Wir stecken mittendrin in einer echten Krise der hausärztlichen Versorgung“, unterstrich auch Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Es ginge nicht darum, irgendwelche Horrorszenarien an die Wand zu werfen, sondern zu verdeutlichen, wie die Realität in den Praxen derzeit aussieht. Der Versorgungsdruck sei immens.

Allgemeinärztin Dr. Laura Dalhaus und Allgemeinarzt Dr. Jens Grothues, beide Hausärzteverband Westfalen-Lippe, schilderten tägliche Probleme an praktischen Beispielen. Eigentlich, erklärte Dalhaus, gebe es einen Aufnahmestopp in ihrer ländlichen Praxis. Sie versorge auch ein Altenheim, bei ihrem letzten Besuch dort habe eine Pflegerin sie darauf angesprochen, dass sie keine Medikamente mehr für einen der Bewohner habe.

Dieser habe auch keine betreuende Ärztin oder Arzt, alle im Umkreis würden keine neuen Patientinnen und Patienten mehr annehmen. Hier stehe sie in der moralischen Verantwortung, dem Einzelnen zu helfen. Andererseits würden es so mehr und mehr Menschen, für deren Behandlung sie wirtschaftlich und auch juristisch geradestehen müsse. Irgendwann leide dann die Qualität.

Statt Erleichterung: TI frisst Zeit

Bei ihm sehe es „keinen Deut“ anders aus, sagte Grothues. Man habe gerade mal fünf Minuten Zeit für die Patientinnen und Patienten – der Versorgungsdruck werde kontinuierlich größer. Die Digitalisierung, mit der Praxen eigentlich Zeit sparen könnten, funktioniere nicht. In der laufenden Praxis habe erst kürzlich die TI wieder gehakt. Zuerst sei das E-Rezept ausgefallen, dann habe plötzlich die E-AU nicht mehr funktioniert.

Die Suche nach dem Problem habe wieder Stunden gedauert, am Ende habe er den Apotheker angerufen. Dieser bestätigte, bei ihm funktioniere die TI auch nicht. Es stellte sich heraus, dass es die Probleme bundesweit gab.

Schwachsinnige Krankenkassen-Anträge

Auch die Bürokratie nagt zunehmend an den Nerven der Hausärztinnen und Hausärzte. Dalhaus erzählt von einem Patienten, der kurz vor einer Op stand. Seine Krankenkasse habe darauf bestanden, dass sie einen Reha-Antrag für ihn ausfüllt. Auf telefonischen Hinweis von Dalhaus, dass der Patient gar nicht in der Lage ist, eine Reha anzutreten, habe die Kassenmitarbeiterin nur gemeint, der Prozess könne nicht gestoppt werden. Wieder vertane ärztliche Zeit – Dalhaus füllte den unsinnigen, mehrseitigen Antrag gezwungenermaßen aus.

Wie schwierig es ist, eine Hausarztpraxis mit den vorhandenen Honoraren in diesen Zeiten zu führen, schilderte Dr. Sandra Blumenthal, frisch niedergelassene Allgemeinärztin in Berlin. Die Kosten für Miete und Personal hätten sich im Vergleich zur Praxisvorgängerin verdoppelt. Dabei seien gute MFA der „Goldstaub“ einer Praxis und kaum noch zu finden. Sie habe bei ihren MFA die Gehälter anpassen müssen – dies sei auch richtig so – denn diese Frauen wollten auch nur ihre Miete bezahlen.

Gerne würde sie mehr in eine akademisierte VERAH investieren und eine Teampraxis aufbauen. Allerdings gebe der EBM dies nicht her. Es müsse zunächst eine angemessene und faire Vergütung geben und Strukturzuschläge für diejenigen Praxen, die die Menschen wirklich hausärztlich versorgen, forderte Blumenthal. Jedes Jahr ein neues DMP sei nicht nötig und auch keineswegs ein Gesundheitskiosk um die Ecke.

Masterplan 2020 endlich umsetzen

Damit sich angehende Ärztinnen und Ärzte für die Allgemeinmedizin entscheiden und es auch in Zukunft noch hausärztliche Versorgung gibt, forderte Theresa Buuck, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin und Sprecherin Forum Weiterbildung im Hausärztinnen- und Hausärzteverband, dass der Masterplan 2020 endlich umgesetzt wird.

Die Allgemeinmedizin müsse von Studienbeginn an eine viel größere Rolle spielen als bisher. Denn dann würden sich auch viel mehr Studierende für diesen Weg entscheiden. Bei Fortsetzung der jetzigen Bedingungen, erklärte Buuck, würden sich keine jungen Kolleginnen und Kollegen für eine Niederlassung entscheiden. Es sei dringend an der Zeit, den Beruf wieder attraktiv zu gestalten.

Resolution als Notfallplan

Mit einer Resolution hat sich der Hausärztinnen- und Hausärzteverband am Ende der Protestveranstaltung an die Politik gewandt. Sie fordern mit diesem “Notfallplan” die sofortige Umsetzung folgender Maßnahmen:

  1. Ein Krisengipfel zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung.
  2. Die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nach MGV plus
  3. Sofortmaßnahmen zur Entbürokratisierung
  4. Boni für Teilnehmende der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV)

Jetzt liegt es an der Politik und der Öffentlichkeit, die Krise der hausärztlichen Versorgung abzuwenden, erklärten Buhlinger-Göpfarth und Beier.

 

E-Mail-Adresse vergessen? Schreiben Sie uns.
Passwort vergessen? Sie können es zurücksetzen.
Nur wenn Sie sich sicher sind.

Sie haben noch kein Passwort?

Gleich registrieren ...

Für Hausärzte, VERAH® und ÄiW (Allgemeinmedizin und Innere Medizin mit hausärztlichem Schwerpunkt) ist der Zugang immer kostenfrei.

Mitglieder der Landesverbände im Deutschen Hausärzteverband profitieren außerdem von zahlreichen Extras.

Hier erfolgt die Registrierung für das Portal und den Newsletter.


Persönliche Daten

Ihr Beruf

Legitimation

Die Registrierung steht exklusiv ausgewählten Fachkreisen zur Verfügung. Damit Ihr Zugang freigeschaltet werden kann, bitten wir Sie, sich entweder mittels Ihrer EFN zu legitimieren oder einen geeigneten Berufsnachweis hochzuladen.

Einen Berufsnachweis benötigen wir zur Prüfung, wenn Sie sich nicht mittels EFN autorisieren können oder wollen.
Mitglied im Hausärzteverband
Mitglieder erhalten Zugriff auf weitere Inhalte und Tools.
Mit der Registrierung als Mitglied im Hausärzteverband stimmen Sie zu, dass wir Ihre Mitgliedschaft überprüfen.

Newsletter
Sie stimmen zu, dass wir Ihre E-Mail-Adresse für diesen Zweck an unseren Dienstleister Mailjet übermitteln dürfen. Den Newsletter können Sie jederzeit wieder abbestellen.

Das Kleingedruckte
Die Zustimmung ist notwendig. Sie können Sie jederzeit widerrufen, außerdem steht Ihnen das Recht zu, dass wir alle Ihre Daten löschen. Jedoch erlischt dann Ihr Zugang.
Newsletter abbestellen

Wenn Sie den Newsletter abbestellen wollen, geben Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse an und wählen Sie die gewünschte Funktion. Wir senden Ihnen dann eine E-Mail zur Bestätigung.