Leitantrag: Wider jegliche Form der Staatsmedizin
Einstimmig haben die Delegierten ihren Leitantrag zur Erhaltung hausärztlicher Freiberuflichkeit abgestimmt. „Der Gesetzgeber wird aufgefordert, unangemessene und unverhältnismäßige Eingriffe in diese zu unterlassen“, heißt es darin. Hintergrund ist das geplante Terminservice-Gesetz, das Ärzten unter anderem vorschreiben soll, die wöchentliche Sprechstundenzeit von 20 auf 25 Stunden zu erhöhen. Dieser Eingriff in den Praxisalltag wurde vom Deutschen Hausärzteverband immer wieder deutlich kritisiert. „Jegliche Form von Staatsmedizin lehnen die Delegierten des Deutschen Hausärzteverbandes ab“, wird nun unterstrichen.
In einem weiteren Antrag werden explizit die Regelungen des Gesetzentwurfs zurückgewiesen. Zwei weitere, die sich mit der Einführung einer freien Sprechstunde sowie der Terminvergabe über Termiservicestellen auf zwei explizite Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beziehen, werden ebenfalls mit großer Mehrheit verabschiedet.
Hausärzte pro Widerspruchslösung
In der aktuell laufenden Debatte um eine Widerspruchslösung in der Organspende haben sich nun auch die Hausärzte eindeutig positioniert: In einem mit großer Mehrheit verabschiedeten Antrag sprechen sie sich für die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angestoßene Reform der bislang geltenden Regelung aus – mit Verweis darauf, dass die Widerspruchslösung in anderen europäischen Ländern bereits die Regel sei.
In seinem Bericht zur Lage hat Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt darüber hinaus eine Informations-Kampagne mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) angekündigt.
Quereinstieg? Nicht auf Kosten der Kompetenz!
Vor dem Hintergrund der nordrhein-westfälischen Pläne, Fach- und Klinikärzten durch eine verkürzte Weiterbildungszeit den Quereinstieg in die Allgemeinmedizin schmackhaft zu machen, haben sich die Delegierten nach einer hitzigen Debatte zum Thema in gleich zwei Anträgen klar positioniert: Allen „Vorhaben uns Anstrengungen – egal von wem – (…), die dazu führen oder potenziell führen können, dass der zwischenzeitlich erreichte Facharztstandard Allgemeinmedizin und die nunmehr erzielte und anerkannte Qualität in der Patientenversorgung wieder verwässert wird“ erteilen die Delegierten eine „klare Absage“. Die Landesregierungen, Landesärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassen werden entsprechend aufgefordert, zum Kompetenzerwerb in keinem Fall an der zweijährigen Weiterbildungszeit zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu rütteln.
Keine Gewalt gegen Ärzte
Die Delegierten des Deutschen Hausärzteverbands fordern Politik und Gesetzgeber auf, Ärzte und medizinisches Personal besser vor „Angriffen auf Leib und Leben“ zu schützen. Ein entsprechender Antrag wurde mit deutlicher Mehrheit abgestimmt. „Für uns alle ist spürbar, dass der Ton rauer wird, und das zeigt sich auch zunehmend in unseren Praxen“, erklärte Antragstellerin Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und erntete dafür Applaus der Delegierten. Insbesondere Ärztinnen seien Belästigungen und sexueller Gewalt ausgesetzt, vor allem im Bereitschaftsdienst und auf Hausbesuchen. Gerade mit Blick auf den weiblichen hausärztlichen Nachwuchs sei die Politik aufgefordert zu handeln.
Stärkung junger Ärzte in den Landesverbänden
Ärzte in Weiterbildung, die sich in der Berufspolitik engagieren wollen, sollen künftig eine fest in den Satzungen der Landeshausärzteverbände verankerte Stimme erhalten. Dazu hat das Forum Weiterbildung im Deutschen Hausärzteverband einen entsprechenden Antrag eingebracht, der unter Applaus verabschiedet wurde.
Aktuell entsenden 16 von 17 Landesverbänden Mitglieder ins Forum, berichtete Sprecherin Leonor Heinz. Aber: Aktuell sei das Wie nur in den Satzungen von Hessen, Sachsen und Berlin geregelt; in vielen anderen Landesverbänden werde sehr unterschiedlich mit dem berufspolitischen Nachwuchs umgegangen. „Das Forum hat sich gut entwickelt“, zog Heinz Zwischenbilanz: Von fünf Mitgliedern in 2016 sei die Zahl engagierter junger Ärzte mittlerweile auf 20 gestiegen; an vielen Stellen würden interessierte Nachwuchs-Berufspolitiker aufgrund der ablehnender bzw. nicht eindeutig geregelter Verfahren abgeschreckt.
Klimawandel im Blick
In einer Resolution zum Thema “Gesundheit und Klimawandel” bekennen sich die Delegierten des Deutschen Hausärzteverbands zur “Dringlichkeit einer an den Nachhaltigkeitszielen orientierten Politik mit Auswirkungen auf das Gesundheitswesen”. Der von Dr. Ralph Krolewski (Landesverband Nordrhein) eingebrachte Antrag wurde mit großer Mehrheit abgestimmt.
Der Deutsche Hausärzteverband übernimmt demnach die Empfehlungen des Weltärztebunds bezüglich der UN-Nachhaltigkeitsziele und will im Rahmen dieser Nachhaltigkeitsstrategien bis September 2019 eine “Agenda zur Umsetzung in der Verbandspolitik durch Konkretisierungen für mögliche einzelne Handlungsfelder und Entwicklung von Fortbildungsformaten” festschreiben. Den Gesundheitsberufen komme in der Bekämpfung des Klimawandels eine besondere Rolle zu, heißt es im Resolutionstext: So könne einerseits ihre Expertise herangezogen werden, andererseits zeigten sich bei ihnen direkt die gesundheitsrelevanten Folgen des Klimawandels, etwa in einer Zunahme von Herz-Kreislauferkrankungen durch Hitzewellen oder Lungenerkrankungen durch Ozon- und Feinstaubanstiege. “Angesichts der Bedeutung der Primärversorgung, der Multiplikatorenfunktion von Hausärztinnen und Hausärzten und der Arbeitsplätze in den Hausarztpraxen und der Auswirkungen auf unsere Patienten sollte der Deutsche Hausärzteverband ein deutliches Zeichen setzen und eine Agenda entwickeln.”
In der Debatte der Resolution ermunterte ein Delegierter die anwesenden Kollegen, Nachhaltigkeit auch im Privaten im Blick zu halten und etwa mit dem Zug zum Hausärztetag anzureisen.