Berlin. Mit scharfer Kritik hat Ulrich Weigeldt vom Deutschen Hausärzteverband zurückgewiesen, dass Patienten durch diagnosegebende Patientenapps als „Kassensparangebote“ abgespeist werden sollen. Hintergrund ist die Ankündigung der Techniker Krankenkasse, künftig mit Ada Health zu kooperieren.
Ada ist eine Anwendung, bei der Patienten Alter, Gewicht, akute Beschwerden sowie weitere relevante Daten eingeben und Diagnosemöglichkeiten sowie eine Empfehlung erhalten, ob ein Arzt aufgesucht werden sollte oder wie sich mit der Krankheit am besten zu verhalten ist. Auf Wunsch kann auch mit einem Arzt der Kasse telefoniert werden.
Juristische Fragen ungeklärt
Für den Bundesvorsitzenden des Deutschen Hausärzteverbands ist das „ein weiterer Versuch eines Kostenträgers, Einfluss auf die Versorgung unserer Patienten zu nehmen“. Jedoch sei das im konkret vorliegenden Fall „schlicht verantwortungslos“, so Weigeldt. „Was passiert denn beispielsweise, wenn Patienten wegen einer Fehldiagnose der App nicht zum Arzt gehen?“ Der Hausärzteverbands-Chef plädierte am Mittwoch (5. Dezember) dafür, dass sich die Kassen auf ihre Rolle als Kostenträger besinnen.
Weigeldt erinnert in einem Rundbrief an die Mitglieder seines Verbands an die wichtigsten Werkzeuge der hausärztlichen Diagnosestellung: die Sinne des Hausarztes. „Der persönliche Kontakt, die Kenntnis des sozialen Umfeldes des Patienten sowie eine ärztliche Untersuchung unter Zuhilfenahme aller Sinne sind einfach unerlässlich. Sehen, fühlen, riechen und hören können nun einmal nicht durch ein paar Klicks auf einem Smartphone ersetzt werden.“
Ärzte müssen sich positionieren
Auch Dr. Stephan Hofmeister, Vize-Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), hat in der Vertreterversammlung am Freitag (7. Dezember) deutliche Worte gegen die angekündigte Kooperation gefunden. „Wenn Krankenversicherer beginnen, die Versorgung zu steuern, dann tun sie das nur aus einem einzigen Grund: um Kosten zu sparen“, sagte er in seinem Bericht vor den Delegierten. Das sei zwar legitim, aber: „Es gibt viele Gründe, warum man das kritisieren kann, der wichtigste aber ist wohl, dass ein solches System ganz und gar nicht im Interesse des Patienten sein dürfte. Dabei gehe ich noch gar nicht auf die Frage ein, was ein solcher Datenkrake mit den hochsensiblen Gesundheitsdaten der Menschen macht.“
Hofmeister plädierte dafür, die Kooperation “genau im Auge” zu behalten und als Ärzteschaft schon heute die Diskussion darüber zu führen, “wie weit wir uns an einem solchen System beteiligen oder uns davon abgrenzen wollen”.
Digitalisierung soll Arzt und Patient nutzen
Digitalisierung als solches zu verteufeln, sei jedoch auch der falsche Weg, wurde dabei an beiden Stellen betont. „Natürlich kann Digitalisierung die Versorgung sinnvoll ergänzen“, betont Weigeldt. „Beispielsweise, indem digitale Tools die Arzt-zu-Arzt-Kommunikation erleichtern oder Notfalldaten schnell verfügbar machen. Aber wenn Digitalisierung instrumentalisiert wird, um auf Kosten der Qualität billige „Medizin“ anzubieten, dann schlagen wir eine gefährliche Richtung ein.“