Berlin. Mit hausarztrelevanten Änderungen auf der Zielgeraden hat der Bundestag in seiner Plenarsitzung am Donnerstag (13. Februar) das Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (FKG) verabschiedet. Die zuletzt noch überarbeitete Fassung wurde gegen die Stimmen der AfD und der Linksfraktion angenommen. Der Deutsche Hausärzteverband begrüßte die finale Überarbeitung in einer ersten Stellungnahme.
Neben dem namensgebenden Ziel, den Wettbewerb unter den Kassen neu auszutarieren, hat die Koalition neue Regelungen gegen Arznei-Lieferengpässe an das Gesetz angedockt. Wichtig für Hausärzte: Apotheker sind künftig berechtigt, bei Lieferengpässen von Rabatt-Arzneien ein wirkstoffgleiches Arzneimittel auch dann abzugeben, wenn dieses nicht rabattiert ist. Das soll auch dann gelten, wenn das Präparat nicht zum Festbetrag verfügbar ist. Die Mehrkosten, für die bisher der Versicherte aufkommen musste, sollen künftig von der Krankenkasse getragen werden.
Pharmafirmen können künftig verpflichtet werden, über ihre Bestände und die Produktion versorgungsrelevanter Arzneimittel zu informieren. Bei Engpässen können die Behörden anordnen, dass die Firmen oder Arzneimittelgroßhändler mehr dieser Präparate auf Vorrat lagern. Es handele es sich dabei um ein „dringendes Thema“, das aktuell zu Unsicherheiten an der Schnittstelle zwischen Patienten, Ärzten und Apotheken sorge, begründete Gesundheits-Staatssekretär Dr. Thomas Gebhardt vor den Abgeordneten. Für die Beratung vor der Abstimmung des Gesetzes sowie von weiteren Anträgen der Opposition zum Thema (s. unten) stand eine halbe Stunde zur Verfügung.
Eingriffe in Kassenwettbewerb – nicht in Hausarztpraxen
Zunächst einmal enthält das Gesetz aber – der Name legt es schon nahe – vor allem für Kassen neue Vorgaben, die schon 2021 in Kraft treten könnten. Sie erhalten unter anderem ein Klagerecht untereinander, außerdem neue Regeln etwa für Werbemaßnahmen. Dass eine ursprünglich vorgesehene bundesweite Öffnung der AOKen im Gesetzgebungsverfahren wieder gestrichen werden musste, sei für das Gesundheitsministerium nur ein „Kompromiss“, betonte Gebhardt am Donnerstag noch einmal. Aus Sicht des Ministeriums sei dies ein richtiger Schritt gewesen.
Auch an anderen Stellen war bis zum Schluss am Gesetzestext gearbeitet worden. So war zwischenzeitlich eine Formulierung im Gesetz zu finden, dass „bestimmte Diagnosen als Voraussetzung für Vergütungen“ unzulässig seien. Nur wenige Tage vor der Verabschiedung hatten sich die Koalitionäre darauf geeinigt, diesen Passus zu streichen und es beim Status Quo zu belassen.
„Wir begrüßen die Entscheidung des Bundestags, keine weiteren Regelungen zum Thema der Diagnosekodierung im Zusammenhang mit der Abrechnung ärztlicher Leistungen einzufügen“, erklärte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, am Donnerstag. Das sei ein „gutes und klares Signal“ für die Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) nach § 73b SGB V und der besonderen Versorgung nach § 140a SGB V.
“Damoklesschwert” für Selektivverträge abgewehrt
„Wir haben die Politik mit guten Argumenten überzeugen können, dass der Grundsatz aus dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG), dass es kein Geld für Diagnosen geben darf, die notwendige Klarstellung erfüllt“, so Weigeldt. Dies sei durch den Hausärzteverband ausdrücklich begrüßt worden.
Auch die Vertragspartner der AOK-Haus-und Facharztverträge in Baden-Württemberg begrüßen die Änderungen, wie sie kurz nach der Verabschiedung des FKG mitteilten. Laut Einschätzung der Vertragspartner waren diese Änderungen „grundlegend“ für eine erfolgreiche Fortsetzung der 2008 gestarteten Selektivverträge.
Das FKG in seiner zwischenzeitlich diskutierten Fassung sei ein „Damoklesschwert“ für alle Selektivverträge gewesen, betont Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland. „Wir hoffen, dass dieses Thema durch die ersatzlose Streichung jetzt endgültig vom Tisch ist.“
Keine Herabstufung hausärztlicher Leistungen
Darüber hinaus konnte in der letzten Stufe der Gesetzgebung abgewendet werden, dass Zuweisungen aus dem Morbi-RSA nach hausärztlicher Diagnose im Vergleich zur fachärztlichen herabgestuft werden. Während des gesamten parlamentarischen Verfahrens – bereits im Oktober gab das Kabinett grünes Licht für das FKG – hat sich der Deutsche Hausärzteverband auch gegen diese zwischenzeitlich vorgesehene Neuregelung gestemmt.
„Diese Regelung hätte eine Entwertung der hausärztlichen Versorgung dargestellt und gerade die Krankenkassen bestraft, die auf eine bessere Versorgungssteuerung durch die HZV setzen. Durch die Änderung wird nicht zuletzt auch verhindert, dass Versicherte bewusst zum Facharzt geschickt werden und damit die dringend erforderliche Koordinierungsfunktion des Hausarztes ausgehebelt wird“, lobt Dr. Berthold Dietsche, Chef des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg, nun.
Unterdessen sieht das Gesetz ein neues Instrument in Sachen Selektivversorgung vor: Eine bundesweite Vergabetransparenzstelle soll künftig Daten aus dieser sammeln und speichern, um den Finanzausgleich zwischen den Kassen mit ihrer Hilfe zielgenauer auszugestalten. Hier könnten sich künftig – neben der bestehenden universitären Evaluation der HZV – auch positive Versorgungseffekte nachweisen lassen.
Oppositions-Anträge abgelehnt
Keine Mehrheit erhielten am Donnerstagnachmittag vier von der Opposition eingebrachten Anträge. Die Grünen forderten in einem Antrag, die „solidarische Wettbewerbsordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ weiterzuentwickeln. Demnach benötigten Kassen Anreize für eine bessere Versorgung der Patienten. Gute Versorgungsqualität allein zahle sich für die Krankenkassen nicht aus. Konkret forderten die Abgeordneten ein unabhängiges und qualitätsgesichertes Monitoring für einen Vergleich der Versorgungsleistung und -qualität der Krankenkassen – erhielten dafür jedoch keine Mehrheit.
Ebenfalls negativ abgestimmt wurden drei Anträge der AfD mit den Titeln „Lieferengpässe bei Arzneimitteln wirksam begrenzen, Abhängigkeit der Arzneimittelversorgung vom Nicht-EU-Ausland abbauen“, „Verbindliche patienten- und aufgabengerechte Personalvorgaben für alle im Krankenhaus tätigen Bezugsgruppen einführen“ sowie „Wettbewerb in der privaten Krankenversicherung stärken – Altersrückstellungen beim Anbieterwechsel mitnehmen lassen“.
Einen neuen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Arzneimittelversorgung sicherstellen – Lieferengpässe wirksam bekämpfen“ überwies der Bundestag zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss.