Berlin. Vertragsärztinnen und -ärzte werden wieder explizit Teil der künftigen Notfallversorgung aus den Klinik-Ambulanzen heraus: So sollen Hilfesuchende in Notaufnahmen nur bei „sofortigem Behandlungsbedarf“ direkt in oder an der Klinik behandelt werden; in allen anderen Fällen soll die Behandlung „grundsätzlich“ in vertragsärztlichen Praxen erfolgen.
Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seiner Sitzung am Donnerstag (6. Juli) klargestellt. Das zum 1. Juli in Kraft getretene Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) hatte dem G-BA auferlegt, Vorgaben für eine qualifizierte und standardisierte Ersteinschätzung des medizinischen Versorgungsbedarfs von Patienten in Notaufnahmen zu machen (Paragraf 120 Absatz 3b SGB V).
Der Beschluss fiel am Donnerstag mit den Stimmen der drei Unparteiischen Mitglieder des G-BA sowie Vertreterinnen und Vertreter von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband. Er soll im Juni 2024 in Kraft treten – jedoch kann das Bundesgesundheitsministerium den Beschluss noch beanstanden.
Ein Änderungsantrag am PUEG hatte zwischenzeitlich vorgesehen, dass Kliniken weniger akute Fälle in den Notaufnahmen nicht – wie heute durchaus üblich – an niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, sondern ausschließlich an Notdienstpraxen in und an Kliniken weiterleiten sollten. Der Deutsche Hausärzteverband hatte sich entschieden gegen diesen Vorstoß gestemmt.
Dass die Niedergelassenen im nun getroffenen G-BA-Beschluss eine feste Größe sind, begrüßt der Deutsche Hausärzteverband daher. „Damit bringt der G-BA wieder etwas Struktur in ein Chaos, das die Politik mit ihrem kurzfristigen Änderungsantrag zum PUEG gestiftet hatte“, sagte am Donnerstag ein Sprecher des Verbandes gegenüber “Der Hausarzt”.
Zwei Stufen – je nach medizinisch vertretbarer Wartezeit
Der G-BA sieht nun ein zweistufiges Ersteinschätzungsverfahren vor: Je nachdem, ob eine ärztliche Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnen sollte oder nicht, werden zwei sogenannte Dringlichkeitsgruppen unterschieden.
- Bei Dringlichkeitsgruppe 1 sollte die Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnen: entweder ambulant im Krankenhaus oder in einer im oder am Krankenhaus gelegenen Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beziehungsweise einem entsprechenden Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) des Krankenhauses.
- Bei Dringlichkeitsgruppe 2 ist keine Behandlung innerhalb von 24 Stunden erforderlich. Die Versicherten erhalten einen Vermittlungscode, mit dem sie über die Terminservicestelle der KV einen Termin buchen können. Konkrete Termine in Praxen können – wie es in ursprünglichen Plänen für die G-BA-Richtlinie vorgesehen war – aufgrund der Änderung am PUEG nicht vermittelt werden.
Der Beschluss des G-BA sieht für die Krankenhäuser verschiedene Übergangsfristen vor, um beispielsweise das benötigte Personal weiterzubilden und ein digitales Assistenzsystem zu implementieren. Damit werde den „Bedenken der Krankenhäuser“ Rechnung getragen, unterstrich Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.