Forum PolitikDiagnose-Assistent für Hausärzte

Eine Patientin kommt erneut mit Bauchschmerzen in die Praxis. Die bekannte Divertikulitis oder eine Nephrolithiasis? In schwierigen Fällen können Hausärzte jetzt einfach und schnell einen Wissensdienst-Service hinzuziehen, der die wahrscheinlichsten Differentialdiagnosen errechnet. Und das Beste: Für Leser von „Der Hausarzt“ ist der Service kostenfrei.

Das Wartezimmer ist voll. Akutsprechstunde. Drei Minuten pro Patient. Also kaum Zeit, um komplexe Fälle oder knifflige Diagnosen in Ruhe zu durchdenken. Und im Hinterkopf ist stets präsent, dass bei einer Fehldiagnose auch mit einem Regress zu rechnen ist. Hier unterstützt ein neuer Online-Service Allgemeinmediziner bei der Diagnose. „Hochspezialisierte, der Denkforschung entnommene Algorithmen errechnen im individuellen Patientenkontext auf Basis von Symptomen, Befunden, Risikofaktoren und epidemiologischen Daten die wahrscheinlichste Diagnose mit deren Differentialdiagnosen“, erklärt Dr. Martin Hirsch, Kognitionsforscher und wissenschaftlicher Leiter der medx GmbH.

Mediziner sowie Informatiker und Kognitionswissenschaftler des Berliner Unternehmens haben vor drei Jahren begonnen, den virtuellen Diagnose-Helfer zu entwickeln. Künstliche Intelligenz hilft in Verbindung mit hand-kuratiertem Wissen medizinischer Experten in der individuellen Konsultation. Der Service soll Hausärzten in der Praxis vor allem bei komplexen Diagnosen zur Seite stehen, auf vermeidbare gefährliche Verläufe und, wenn nötig, sogar auf die Abklärung bei Malignomen hinweisen.

Beziehungen schnell verständlich Ein Beispiel: Eine langjährige Patientin von Dr. M. stellt sich erneut in der Praxis vor, nachdem sie bereits am Vortag wiederholt mit Unterbauchschmerzen zu ihm gekommen war. Die 63-Jährige leidet an Divertikulitis, weiß der Hausarzt. „Das wird wahrscheinlich wieder die Ursache sein“, denkt sich Dr. M. entscheidet sich aber trotzdem, die Symptome nochmal zu prüfen. Schnell sind diese online auf www.medx.net eingegeben. Das Programm schlägt vor, die Patientin auf Nephrolithiasis hin zu untersuchen. Und tatsächlich: Bei der Sonografie zeichnet sich für Dr. M. deutlich sichtbar ein Schallschatten in den Nieren ab.

Damit Ärzte wie Dr. M. im Praxisalltag die Differentialdiagnose schnell abklären können, setzt das Team von medx auf eine Oberfläche, die auf einen Blick die Beziehung zwischen Symptomen und Differentialdiagnose veranschaulicht. So entsteht ein rasch verständliches Bild möglicher Erkrankungen im konkreten Einzelfall (s. Abb.). Türkise Pfade geben an, welche Symptome für welche Diagnose sprechen. Je stärker dabei die Linie ist, desto relevanter ist der Befund für eine Erkrankung. Orange Pfade zeigen an, dass ein Symptom nicht durch die Hauptdiagnose erklärt werden kann und womöglich eine weitere Ursache vorliegt. Diese nützliche und leicht bedienbare Oberfläche gewann auf der IFA 2014 bereits den Usability Award.

Im Hintergrund arbeitet eine Datenbank, in die 30 Mediziner gesichertes medizinisches Wissen hinterlegen. Das Wissen ist dabei besonders auf die Allgemeinmedizin zugeschnitten, abgedeckt werden alle Bereiche des Fachgebiets mit mehr als 6.000 detailliert spezifizierten Symptomen und Krankheiten. „Es werden gewissermaßen aktuelle Reviews über Erkrankungen in der Hausarztpraxis in einer Form erstellt, die von unseren Algorithmen gelesen und verstanden werden“, erläutert Johannes Kondschak, Leiter der Medizinischen Redaktion.

Computergestützte klinische Entscheidungshilfe

Das System medx/Dx gehört zur Kategorie computergestützter klinischer Entscheidungshilfen. Solche Systeme finden weltweit immer stärker den Weg in den ärztlichen Alltag – so auch in Deutschland. Erst kürzlich hat die Bundesregierung die medx GmbH als „Ausgezeichneten Ort 2015 im Land der Ideen“ geehrt. Jetzt startet das Unternehmen für die medx-Datenbank eine sogenannte Beta-Phase, in der Hausärzte den Service kostenfrei nutzen können.

„Unser Ziel ist es, besonders bei komplizierten Fällen die ärztlichen Kollegen bei ihrer Diagnose zu unterstützen, indem wir abwendbar gefährliche Verläufe, wahrscheinliche seltene Erkrankungen oder einen abklärungsbedürftigen Verdacht auf ein Malignom aufzeigen“, sagt Dr. Claire Novorol, Chief Medical Officer bei der medx GmbH und selbst Ärztin. Speziell für die Krebsfrüherkennung wird die Symptomatik des Patienten auf Basis aktueller Studiendaten in der Datenbank direkt in Wahrscheinlichkeiten für die häufigsten Malignome umgesetzt. Hieraus entstehen direkte Handlungsempfehlungen.

Dazu kooperiert medx mit den Professoren Willie Hamilton und Greg Rubin. Hamilton ist klinischer Leiter der aktuellen Fassung der NICE Guidelines zur Krebsfrüherkennung, Rubin klinischer Leiter für Krebserkrankungen beim Royal College of General Practitioners. Erste Studien zur Nutzung von medx/DX mit dem Royal College of General Practitioners in England sind vielversprechend. Die Weiterentwicklung von medx/DX fördert die EU mit ihrem Programm Horizont 2020.

„In seiner Praxis hat jeder Hausarzt nun mit medx/DX Zugriff auf einen intelligenten Assistenten, mit dessen Hilfe der Weg zur richtigen Diagnose bei komplizierten Fällen schneller und sicherer wird“, beschreibt Geschäftsführer Daniel Nathrath das Ziel. Innovative Technik findet damit den Weg in die allgemeinärztliche Praxis.

Über medx/DX

  • medx/DX ist eine Software zur Diagnoseunterstützung

  • für alle Bereiche der Allgemeinmedizin

  • Leser können ab sofort mit dem Einladungscode ASD32UYN medx/DX gratis nutzen

  • der Zugang kann direkt über www.medx.net www.medx.net freigeschaltet werden

  • Nutzung in den aktuellen Internetbrowsern Firefox, Chrome und Safari

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