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Forum Politik“Den Hausarzt in der Tasche”

Gerade auf dem Land nimmt der Bedarf an Hausärztenzu. Um die hausärztliche Versorgung auch in der Zukunft zu sichern, müssen neue Wege beschritten werden. Einen dieser Wege geht man gerade im Bergischen Land.

Frau Heinrich ist 81 Jahre alt, die Beine wollen nicht mehr so recht. Aber sie leidet unter KHK, Diabetes und einer schlecht heilenden Wunde – das alles bedarf einer regelmäßigen Überwachung, nur: Sie wohnt im Bergischen Land, da gibt es nicht an jeder Ecke einen Hausarzt. Der Weg zum Hausarzt ihres Vertrauens, Dr. Thomas Aßmann in Lindlar, ist weit und für die alte Dame sehr beschwerlich. Bereits seit Längerem wird sie deshalb von der VERAH® ihres Hausarztes, Frauke von Wirtz, besucht. Seit einiger Zeit hat diese moderne Telemedizin im Gepäck.

Dank eines Rucksackes voll mit Telemedizin-Geräten der Mannheimer Firma Vitaphone ist es jetzt für Frauke von Wirtz kein Problem, im Wohnzimmer der Patientin ein EKG zu schreiben, die Sauerstoffsättigung und den Blutdruck zu messen. Die Daten werden dann vom Gerät der VERAH® direkt auf den Bildschirm ihres Chefs in der Praxis übertragen. Sicher, in einem geschlossenen System. Bedenken, die Daten könnten beim Anbieter gespeichert werden, sind unbegründet. Dr. Aßmann kann sich durch die Daten schnell ein Bild vom Therapieverlauf machen und sich gegebenenfalls direkt per Video zuschalten. So ist eine direkte Kommunikation mit den Patienten und seiner VERAH® möglich, er kann sich einen zusätzlichen Eindruck vom Zustand der Patienten machen. Diese wiederum können ihre Fragen stellen.

Patienten nehmen moderne Technik gut an

Auch deshalb nehmen die Patienten die Neuerung durchaus positiv an, berichtet Frauke von Wirtz. Viele sind erleichtert, trotz ihrer eigenen Unbeweglichkeit so mit ihrem Hausarzt selbst sprechen zu können und fühlen sich bestens betreut von dem Team Aßmann / von Wirtz. Verschreckt sind selbst die älteren Patienten von der modernen Technik nicht, im Gegenteil. Manche lassen sich interessiert das System von VERAH® Frauke von Wirtz erklären. Vor allem aber zählt für die Patienten, dass sie mit der Technik nicht allein gelassen werden. Hat sich denn auch der Praxisablauf durch den Einsatz der Telemedizin verändert?

Ja, sagt Frauke von Wirtz, die Tatsache, dass sie ihrem Chef Wege abnehmen kann, spart viel kostbare Zeit. "Ich kann dem Arzt quasi Zeit für seine Kernkompetenzen freischaufeln." Und Dr. Thomas Aßmann ergänzt: "Der Arzt wird so wieder zielgerichteter eingesetzt." Eines ist ihm und Frauke von Wirtz aber wichtig zu betonen: "Ersetzen kann die Tele-VERAH® den Arzt nicht!"

Die Idee, in strukturschwachen Gegenden das Modell einer Tele-VERAH® zu etablieren, stammt von Thomas Aßmann selbst. Für den Hausarzt aus dem Bergischen schien das eine sinnvolle Lösung zu sein: Hausbesuche in zum Teil 30 Kilometer entfernten Orten kosten einfach viel zu viel Fahrzeit. Diese fehle dann dort, wo sie gebraucht wird, bei den Patienten selbst.

Kostenersparnis für Kassen

Außerdem könnte der Einsatz von Telemedizin bei Hausbesuchen auch den Krankenkassen bares Geld sparen. Bisher ist es häufig so, dass ein Rettungswagen von den Patienten gerufen wird, wenn der Hausarzt nicht schnell kommen kann. Das bedeutet aber, dass das Team des Rettungswagens zwar schon vor Ort behandelt, die Patienten müssen aber anschließend auf jeden Fall mit in die Klinik, auch wenn die Erkrankung einen Verbleib zu Hause zuließe. Der Einsatz einer VERAH®, ausgestattet mit modernster Telemedizin, könnte das wenigstens teilweise verhindern, ist sich Aßmann, selbst auch Notfallmediziner, sicher.

Und er hat das mal grob überschlagen: Inzwischen gibt es rund 9.000 VERAH® bundesweit. Könnten nur 7.000 von ihnen lediglich einen einzigen gut 1.000 Euro teuren Notfalltransport ins Krankenhaus im Monat verhindern, ließen sich im Jahr rund 84 Millionen Euro einsparen. Dr. Thomas Aßmann ist es auch, der die Tele-VERAH® in einem Pilotprojekt seit Oktober 2015 in seiner Praxis im Bergischen testet. Und das ohne die Leistungen schon abrechnen zu können. Aber der Einsatz der Tele-VERAH® ist Assmann eine Herzensangelegenheit um die Versorgung seiner Patienten auch in abgelegeneren Dörfern zu sichern. Verschiedene Krankenkassen haben bereits Interesse an einer Umsetzung bekundet. Jetzt hängt es von der Bereitschaft zur Kostenübernahme durch die Kassen ab, ob sich die Telemedizin im hausärztlichen Bereich auf breiter Fläche durchsetzen kann.

Dieser enorme Pioniergeist von Aßmann und von Wirtz dürfte dem Bundesgesundheitsminister gefallen. Erst kürzlich äußerte sich Hermann Gröhe (CDU) bei einer Veranstaltung in Düsseldorf positiv zum Thema Telemedizin. Er habe sich entschieden, in diesem Bereich "Gas zu geben, auch wenn das Risiko bedeute". Die Telemedizin sei, so Gröhe, ein Baustein, um auch in ländlichen Gebieten die Versorgung in Zukunft zu sichern. Dabei solle der Arzt nicht durch einen Roboter ersetzt werden, "aber warum sollte man nicht die Online-Sprechstunde oder die digitale Überwachung von Behandlungserfolgen etwa bei chronisch Kranken im ländlichen Raum in die Arzt-Patientenbeziehung einbauen?" stellte Gröhe in den Raum. Er sehe "große Möglichkeiten" der neuen Technik für unterversorgte Regionen und bei der besseren Vernetzung der Gesundheitsanbieter untereinander. Ein Anfang dafür ist im Bergischen bereits gemacht.

Das sagt der Deutsche Hausärzteverband:

Dass Deutschland beim Thema e-Health im europäischen Vergleich hinterherhinkt, ist in den letzten Monaten ausführlich diskutiert worden. An Ideen mangelt es selten, es hapert vielmehr allzu oft an der Umsetzung. Das Projekt "Tele-Arzt" zeigt, wie es gehen kann, denn es baut auf den bewährten VERAH®-Strukturen auf und nutzt somit ein Potenzial, das über Jahre etabliert wurde. Der Deutsche Hausärzteverband unterstützt auch deshalb das Projekt Tele-Arzt. Dabei müssen die Chancen wie auch die Grenzen der Telemedizin im Auge behalten werden. Eine telemedizinische Anwendung kann und darf nie den persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt ersetzen. Sie kann aber die hausärztliche Versorgung ergänzen und dazu beitragen, dass Hausärztinnen und Hausärzte effizienter arbeiten können und damit auch entlastet werden.

Ganz entscheidend dabei ist: Alle Kompetenzen bleiben in der Hausarztpraxis gebündelt. Es entstehen keine zusätzlichen Schnittstellen, denn diese sind immer auch fehleranfällig.

Viele Hausärztinnen und Hausärzte müssen ein enormes Arbeitspensum bewältigen. Es braucht daher Lösungen, die praktikabel und schnell umsetzbar sind. Oberstes Kriterium muss natürlich sein, dass die bewährt hohe Qualität in den Hausarztpraxen auch weiter bestehen bleibt und ausgebaut wird. Das Projekt TeleArzt leistet genau das. Die besonders weiterqualifizierten Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis – kurz VERAH® – sind dafür ausgebildet, diese Aufgaben gemeinsam mit dem Hausarzt zu übernehmen, wobei die Verantwortung natürlich am Ende immer beim Arzt liegt.

Jetzt wird es darum gehen, das Projekt gemeinsam mit verlässlichen Partnern möglichst vielen Hausärzten und ihren Patienten anzubieten. Der erste Schritt ist jedenfalls getan.

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