Vertragsärzte dürfen während ihrer Sprechstunden nicht streiken. Diesen seit über 100 Jahren geltenden Grundsatz hat jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel bestätigt und eine Klage des Medi-Vorsitzenden in Baden-Württemberg, Dr. Werner Baumgärtner, zurückgewiesen. Der will nun Verfassungsbeschwerde einlegen. Auch den Gang zum Europäischen Gerichtshof hatte er bereits ins Gespräch gebracht.
Baumgärtner war an zwei Tagen im Herbst 2012 in den „Warnstreik“ getreten – damals aus Protest gegen den Online-Stammdatenabgleich. Damit sollten gezielt Disziplinarmaßnahmen provoziert werden, um gegen das implizite, aus dem Sicherstellungsauftrag abgeleitete Streikverbot (Paragraf 95 SGB V) zu klagen. Mit seiner Klage gegen einen Verweis seiner KV scheiterte Baumgärtner im Juli 2015 vor dem Sozialgericht Stuttgart, das jedoch die Sprungrevision zum BSG zuließ.
Dort urteilten die Richter des 6. Senats nun, dass Streiks „mit der Konzeption des Vertragsarztrechts unvereinbar" und Bestimmungen wie die „Präsenzpflicht" verfassungsgemäß seien. Konflikte würden nicht durch Streik sondern durch die Schiedsämter gelöst. Zudem gebe es keinen Gegner, der Streikforderungen der niedergelassenen Ärzte rechtlich erfüllen könne.
Az.: B 6 KA 38/15 R, Urteil vom 30.11.2016